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Tamir Triad 03 - Die prophezeite Königin

Tamir Triad 03 - Die prophezeite Königin

Titel: Tamir Triad 03 - Die prophezeite Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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nahe Arkoniels Kammer. Tamír schlich vorbei und hielt den Blick auf die Turmtür gerichtet. Erst, als sie die Hand auf den beschlagenen Riegel legte, fiel ihr ein, dass die Tür seit dem Tod ihrer Mutter versperrt war und man den Schlüssel weggeworfen hatte. Letztes Mal hatte Bruder sie ihr geöffnet.
    »Bruder«, flüsterte sie. »Bitte.«
    Sie drückte ein Ohr an die Tür und lauschte auf ein Anzeichen auf ihn. Das Holz fühlte sich kalt an … viel kälter, als es in einer Sommernacht hätte sein sollen, selbst hier in den Bergen.
    Eine weitere Erinnerung regte sich. Sie hatte schon einmal hier gestanden und sich den blutigen, zornigen Geist ihrer Mutter auf der anderen Seite vorgestellt, inmitten einer anschwellenden Woge von Blut. Sie schaute zu Boden, doch unter der Tür kroch nur eine große, graue Spinne hervor. Tamír zuckte zusammen, als sie über ihren nackten Fuß krabbelte.
    »Tamír?«
    Um ein Haar wäre die Lampe auf dem Boden gelandet, als sie herumwirbelte. Arkoniel fing sie auf und stellte sie unversehrt in eine Nische neben der Tür.
    »Bei Bilairys Hintern! Du hast mir einen Mordsschreck eingejagt!«, stieß sie hervor.
    »Tut mir leid. Ich wusste, dass du herkommen würdest, und dachte, du könntest vielleicht Hilfe mit dem Schloss gebrauchen. Und das hier könnte auch nicht schaden.«
    Er öffnete die linke Hand. Licht quoll aus einem kleinen Kiesel, den er darin hielt.
    Sie nahm den Lichtstein entgegen. Er fühlte sich kalt wie Mondschein in ihren Fingern an. »Damit besteht wohl keine Gefahr, dass ich das Haus aus Versehen in Brand stecke.«
    »Ich sollte dich begleiten.«
    »Nein. Das Orakel sagte, es sei meine Bürde. Bleib hier. Ich rufe dich, falls ich dich brauche.«
    Er drückte eine Handfläche neben dem Schloss auf die Tür, und Tamír hörte, wie das Schloss knarrte und sich öffnete. Sie hob den Riegel an und schob die Tür auf; rostige Angeln quietschten. Kalte Luft strömte heraus. Sie roch nach Staub, Mäusen und dem Wald jenseits des Flusses.
    Die beiden traten in den kleinen Raum zwischen der Tür und der Treppe, und Arkoniel schloss die Tür bis auf einen winzigen Spalt.
    Langsam erklomm sie die Treppe, hielt den Lichtstein hoch und stützte sich mit einer Hand an der Wand ab. Das eklige Gefühl von Flechten und Vogeldreck rief weitere Erinnerungen wach. Sie fühlte sich wieder wie das kleine Kind, das seiner Mutter zum ersten Mal diese Stufen hinauf gefolgt war.
    Das sind nur meine Vögel. Sie haben hier ihre Nester – und ich das meine.
    Die Tür am oberen Ende stand weit offen und zeichnete sich wie ein klaffender Schlund ab, der in die Finsternis führte. Tamír hörte im Zimmer dahinter das Seufzen der Brise und das Trippeln von Mäusen. Die letzten Stufen forderten ihr allen Mut ab.
    An der Tür hielt sie inne und umklammerte den Knauf, während sie die tieferen Schatten im Raum absuchte. »Mutter, bist du hier? Ich bin nach Hause gekommen.«
     
    Ki hatte in dem Augenblick geahnt, was Tamír vorhatte, als sie zur Feste abbogen. Während des Abendmahls hatte er häufig beobachtet, wie ihr Blick zur Treppe wanderte. Als sie sein Angebot ausschlug, die Nacht bei ihr zu verbringen, wusste er mit Sicherheit, dass sie allein in den Turm gehen wollte. Während er neben Luchs im Bett lag, lauschte er in die Stille und hörte schließlich, wie sich ihre Tür leise öffnete und nackte Füße an seinem Zimmer vorbeitappten.
    Sie hätte mich aufgefordert mitzukommen, wenn sie mich dabeihaben wollte. Tamír war schon immer verschlossen gewesen, was die Geister anging, die diesen Ort heimsuchten, sogar ihm gegenüber. So rang er mit sich und versuchte zu schlafen, doch jeder Instinkt riet ihm, ihr zu folgen.
    Er hatte sich in Hemd und Hose hingelegt. Daher brauchte er nur aus dem Bett zu schlüpfen und sich behutsam einen Weg vorbei an den Pritschen der Knappen zu bahnen. Er hatte gedacht, dass alle schliefen, doch als er die Tür öffnete, um hinauszuschleichen, schaute er zurück und sah, dass Luchs ihn beobachtete.
    Ki legte einen Finger an die Lippen und zog die Tür behutsam hinter sich zu. Dabei fragte er sich, was sein Freund denken mochte, wohin er wollte.
    Von Tamír fehlte jede Spur. Er erklomm die Stufen zum nächsten Stockwerk und hielt inne, um den Gang hinabzublicken, gerade noch rechtzeitig, um Arkoniel zu erspähen, der durch die geöffnete Turmtür trat.
    Das ließ ihn stocken. Tamír hatte ihn zurückgelassen, aber den Zauberer um Hilfe ersucht? Ki schüttelte die

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