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Tamir Triad 03 - Die prophezeite Königin

Tamir Triad 03 - Die prophezeite Königin

Titel: Tamir Triad 03 - Die prophezeite Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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und versuchte, sich loszureißen.
    Es war vergebens. Die Erscheinung versetzte ihr einen kräftigen Ruck, und Tamír fand sich mit dem Bauch auf dem Sims halb aus dem Fenster hängend wieder. Nur ihre angezogenen Knie verhinderten, dass sie fiel. Es herrschte wieder Nacht. Der Fluss strömte schwarz vor sich hin, und die Kiesel, die er mit sich trug, wirkten silbrig. Tamír kippte weiter und kreischte. Etwas Dunkles wirbelte an ihr vorbei, zog sie in die Tiefe, ein fahler Geist mit sich bauschenden Röcken und wildem schwarzem Haar …
     
    Ki und Arkoniel stürzten übereinander zum Fuß der Treppe. Ki rappelte sich als Erster auf und rannte zurück hinauf, ohne auf die blauen Flecken oder den Geschmack von Blut im Mund zu achten. Er sprang über zwei, manchmal drei Stufen auf einmal, rammte mit der Schulter gegen die Tür und riss am Riegel, aber jemand oder etwas hielt sie von der anderen Seite aus zu. Er hörte die Geräusche eines Kampfes und Tamírs wortlosen Angstschrei.
    »Arkoniel, Hilfe!«, gellte Ki außer sich. »Tamír, kannst du mich hören?«
    »Geh beiseite!«, brüllte Arkoniel.
    Ki hatte kaum Zeit, sich zu ducken, bevor eine Welle von Macht über ihn hinwegfegte und die Tür aus den Angeln schlug. Ki sprang wieder auf und preschte in den Raum. Im Inneren herrschte Kälte, und ein fauliger Sumpfgeruch hing in der Luft. Inmitten der Trümmer auf dem Boden lag ein Lichtstein, der genug Helligkeit spendete, um die grausige, blutige Gestalt am Westfenster auszumachen, die versuchte, Tamír hinauszubefördern.
    Von ihr konnte Ki nur zappelnde Beine und nackte Füße sehen. Als Ki losstürzte, um sie zu retten, stieß das Ding sie über den Sims.
    Es war eine Frau, so viel konnte er im Vorpreschen erkennen. Der Schemen war fahl und flackerte wie Irrlichter. Ki erhaschte den flüchtigen Eindruck von wehendem schwarzem Haar und leeren, ebenso schwarzen Augen in einem knochenbleichen Gesicht. Klauengleiche Hände hatten sich in Tamírs Haar und Jacke gekrallt und schoben sie immer weiter hinaus.
    »Nein!« Ki erreichte Tamír in dem Augenblick, als sie begann, über den Sims zu kippen. Er hechtete durch die Erscheinung und spürte eine durchdringende Kälte, aber seine Hände waren stark und entschlossen, als er Tamír an einem nackten Fuß packte, mit aller Kraft daran zerrte und sie grob zurück in Sicherheit hievte.
    Schlaff sank sie auf den Boden zusammen. Ki kauerte sich über sie, bereit, sie mit bloßen Händen gegen den rachsüchtigen Geist ihrer Mutter zu verteidigen, wenn es sein müsste, aber von Ariani war nichts mehr zu sehen.
    Er schleifte Tamír weiter vom Fenster weg, dann drehte er sie behutsam herum. Sie hatte die Augen geschlossen, und ihr Gesicht war entsetzlich bleich. Blut floss aus einer tiefen Schnittwunde am Kinn, aber sie atmete.
    Arkoniel stolperte über den übersäten Boden und fiel neben den beiden auf die Knie. »Wie geht es ihr?«
    »Ich weiß es nicht.«
     
    Hände packten sie, und Tamír wurde wieder rückwärts gezogen. Etwas prallte heftig genug gegen ihr Kinn, um sie beinah zu betäuben. Die Welt drehte sich – Sterne, der Fluss, raue Steinmauern und Dunkelheit kreisten um sie.
    Dann lag sie in dem finsteren, verheerten Raum, und jemand hielt sie fest, so fest, dass sie kaum atmen konnte.
    »Mutter, nicht!«, schrie sie und wehrte sich mit der spärlichen Kraft, die sie noch besaß.
    »Nein, Tamír, ich bin’s! Mach die Augen auf. Arkoniel, tu doch etwas, um Himmels willen!«
    Sie vernahm ein jähes Schnalzen und blinzelte in sanftem, fahlem Licht. Es war Ki, der sie festhielt, das Gesicht von Sorge gezeichnet.
    Arkoniel stand mit dem Zauberstab in der Hand unmittelbar hinter ihm. Blut strömte aus einer Platzwunde an seiner Stirn. Ein seltsamer Geruch wie von verbranntem Haar hing bitter in der Luft.
    »Ki?« Vergeblich versuchte sie zu begreifen, was sich soeben ereignet hatte. Ihr war eiskalt, und ihr Herz hämmerte so heftig, dass es schmerzte.
    »Ich habe dich, Tamír. Ich schaffe dich hier raus.« Mit zittrigen Fingern strich er ihr das Haar zurück.
    »Meine Mutter …«
    »Ich habe sie gesehen. Ich lasse nicht zu, dass sie dich noch einmal verletzt. Komm.« Er zerrte sie auf die Beine und schlang einen Arm um ihre Mitte.
    Tamír kam zum Stehen und wankte mit ihm auf die Tür zu. Kis Arm um sie vermittelte Stärke und Sicherheit, doch sie konnte noch den eisigen Griff der Hände ihrer Mutter fühlen.
    »Bring sie nach unten in mein Zimmer. Ich versiegle diese

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