Tamir Triad 03 - Die prophezeite Königin
Wasser kommen lassen.« Kurz verstummte sie, wirkte wieder unbehaglich. »Ich kann ins Wohnzimmer gehen …«
»Wie du möchtest«, gab Ki nur allzu rasch zurück. Wollte sie bleiben oder gehen? Er konnte es nicht sagen. Allerdings hatte er das Gefühl, dass alles falsch sein würde, ganz gleich, was er täte.
Nüchtern betrachtet hatte sie ihn schon so oft nackt gesehen, dass es wirklich keine Rolle spielte. Im Augenblick wollte er nur heißes Wasser und ein sauberes Bett. »Mir ist es einerlei.«
Nach all den peinlichen Augenblicken von zuvor hatte er damit gerechnet, dass sie gehen würde. Stattdessen zuckte sie mit den Schultern und wandte sich wieder dem Brief zu.
Wie du willst, dachte Ki und wunderte sich über diese neue Gesinnung. Er zog sich aus und sank wohlig in die Wanne. Das Wasser war nicht mehr besonders warm, dafür das sauberste, das er seit Tagen gesehen hatte. Er lehnte sich zurück, und begann mit Seife und Schwamm zu arbeiten.
Während er sich wusch, ertappte er sich dabei, immer wieder zu Tamír zu spähen. Sie war nach wie vor in jenen Brief vertieft. Ki duckte den Kopf und schwemmte sich Seifenwasser aus dem Haar. Als er wieder aufschaute, starrte sie nach wie vor auf das Pergament. Es war nur eine einzige Seite. So lange konnte sie gar nicht brauchen, um sie zu lesen.
»Was siehst du dir da an?«, fragte er.
Mit einem schuldbewussten Ruck blickte sie auf und errötete ein wenig, als wäre sie dabei ertappt worden, ihn anzustarren. Verdammt, war das alles seltsam!
»Einen Brief von Fürstin Myna von Tynfurt. Sie bietet mir ihre Gefolgstreue an«, erwiderte Tamír.
»Jetzt schon? Die Kunde verbreitet sich schnell.«
Tamír warf den Brief beiseite, streckte sich auf dem Bauch aus und stützte das Kinn in eine Hand. »Ich kann nicht aufhören, an Korin zu denken. Ein Rückzug ist eine Sache, aber dass er einfach so davonläuft und die Stadt dem Feind überlässt … das erscheint mir nicht richtig.«
»Ich bin sicher, zu dem Zeitpunkt hatte er seine Gründe dafür.« Höchstwahrscheinlich Feigheit, fügte er in Gedanken hinzu, während er über einen Blutfleck an seinem linken Knie schrubbte.
Eine Weile blickte Tamír mit grüblerisch gerunzelter Stirn ins Leere. »Verflucht sei dieser Niryn! Er muss es sein, der Korins Verstand beeinflusst.«
»Daran besteht für mich kein Zweifel. Aber vielleicht war Korin auch gar nicht so schwer umzustimmen«, meinte Ki und warf sein Taktgefühl damit über Bord.
Tamír bedachte ihn mit einem schiefen Blick. »Ich weiß, Ki. Du hattest von Anfang an Recht, was ihn betrifft, trotzdem sage ich nach wie vor, dass auch Gutes in ihm steckt. Sobald wir wissen, wo er sich aufhält, ersuche ich um eine Unterredung. Es muss doch eine andere Möglichkeit geben, dies zu lösen, als mit Krieg!«
»Ich muss gestehen, dass mir die Vorstellung missfällt, Freunden auf dem Schlachtfeld gegenüberzustehen. Das möchte ich nicht einmal bei Alben oder Mago. Na ja, bei Mago vielleicht schon.«
Damit erntete er ein flüchtiges Grinsen. Ki stand auf und griff nach dem trockenen Badetuch neben der Wanne. Dabei bemerkte er, dass sie die Augen abwandte. Rasch wickelte er sich das Tuch um die Mitte und sah sich nach etwas anderem als seinen dreckigen Kleidern zum Anziehen um.
Jemand hatte auch für ihn saubere Gewänder bereitgelegt. Das lange Leinenhemd wies um den Kragen und die Manschetten mit Kräuselfalten weiße Seidenstickereien auf. Er zog es sich über den Kopf, dann stand er mit der Hose in der Hand da und wusste nicht recht, was er als Nächstes tun sollte.
Er schaute zu Tamír auf und erblickte dieselbe Verwirrung, die er empfand. Beide wollten es einfach gestalten, als ob sich nichts geändert hätte.
Schließlich zuckte sie mit den Schultern, ohne ihn richtig anzusehen. »Bleibst du?«
»Na schön.« Er zog die Hose trotzdem an, ehe er alle Lampen bis auf eine ausblies. Unsicher kehrte er zum Bett zurück und fragte sich, ob er neben Baldus auf dem Boden schlafen sollte. Tamír hatte sich mittlerweile unter die Decke begeben und sie sich bis zur Nase hochgezogen. Ki konnte nur noch ihre braunen Augen sehen, die ihn erwartungsvoll beobachteten.
Immer noch hin- und hergerissen, wickelte sich Ki in eine zweite Decke und ließ sich am gegenüberliegenden Ende des Bettes nieder. Sie lagen einander zugewandt, die Gesichter halb in Schatten, halb im matten Schein der Nachtlampe. Weniger als zwei Armeslängen trennten sie, dennoch fühlte es sich wie eine
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