Tamir Triad 03 - Die prophezeite Königin
eine Locke zu befreien, die sich unter dem Panzer verfangen hatte, dann fuhr er mit dem Daumen leicht über die Wunde an ihrem Kinn. »Ist zwar unübersehbar, heilt aber schon.«
Sie standen dicht beisammen, berührten sich fast. Aus einer Eingebung heraus berührte sie den Drachenbiss auf seiner Wange. »Gilt für dich auch.«
»Es tut gar nicht mehr weh.« Sein Blick ruhte weiter auf ihrem Kinn, seine Finger strichen sanft über ihre Wange. Ein kleiner Schauder durchfuhr Tamír, und ihr stockte der Atem, als die in jener Nacht in der Feste entfesselten Gefühle plötzlich erneut auf sie einstürmten – Wonne, getrübt von dem verwirrenden Empfinden, zwei Körper gleichzeitig zu besitzen.
Doch das hielt sie nicht davon ab, sich näher zu Ki zu beugen und ihn zart auf die Lippen zu küssen, was er äußerst sanft erwiderte, die Hand an ihrer Wange. Tamír schob die Finger in das warme, weiche Haar in seinem Nacken, und ihrem Körper wurde abwechselnd heiß und kalt. Wagemutig schlang sie die Arme um ihn, aber ihr Brustpanzer presste ihm die Luft aus den Lungen und brachte ihn zum Lachen.
»Sachte, Majestät. Euer untertäniger Knappe braucht diese Rippen noch.«
»Mein Gefolgsmann, Fürst Kirothius«, berichtigte sie ihn kichernd und umarmte ihn vorsichtiger. Sie sah die eigene Verwunderung in seinen dunkelbraunen Augen widergespiegelt. Das Verlangen zwischen ihren Beinen wurde stärker, und die Verwirrung wich allmählich etwas anderem.
Sie wollte ihn gerade erneut küssen, als das Geräusch der sich öffnenden Tür die beiden voneinander zurückspringen und schuldbewusst erröten ließ.
Nikides stand am Eingang und wirkte entschieden belustigt. »Tharin, Meister Arkoniel und der Hexer sind hier. Soll ich sie hereinschicken?«
»Natürlich.« Tamír strich sich das Haar zurück. Ihre Wangen fühlten sich überaus heiß an.
Ki zog sich zum Rüstungsgestell zurück und versuchte, seine Verlegenheit zu verbergen, indem er so tat, als überprüfe er ihr Kettenhemd.
Nikides’ Grinsen wurde breiter, als er ging. Arkoniel hingegen entging ihre Verfassung, als er mit einer großen Schriftrolle unter dem Arm hereineilte. Die anderen folgten dicht hinter ihm.
Mahti war wie ein Kleinadeliger gekleidet. Sein Haar war gekämmt und zu einem buschigen Schwanz zurückgebunden, den barbarischen Schmuck hatte man ihm abgenommen. Auch sein Horn hatte er zurückgelassen, wie Tamír auffiel, die vermutete, dass dies Arkoniels Werk war. Mahti wirkte wenig erfreut darüber. Er lächelte nicht.
»Mahti hat dir etwas zu sagen«, verkündete Arkoniel, der ziemlich aufgeregt wirkte.
»Ich haben Vision für dich«, sagte der Hexer. »Ich dir zeigen eine Weg nach Westen.«
»Zu dieser Bucht, meinst du? Nach Remoni?«, fragte Tamír.
»Du werden gehen nach Westen. Meine Göttin das sagt.«
»Und du hast diese Straße in einer Vision gesehen?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich kennen Straße. Aber Mutter sagen, ich dich dort bringen hin.« Mittlerweile wirkte er noch unglücklicher. »Sein verborgene Weg, verboten für andere als mein Volk. Das meine Hilfe für dich.«
Verdutzt bedachte die Königin Arkoniel und Tharin mit einem fragenden Blick. »Das ist zwar alles sehr aufregend, aber im Augenblick beschäftigt mich eher …«
»Ah, ich denke, das könnte nützlich sein.« Tharin nahm die Schriftrolle von Arkoniel entgegen und breitete sie auf dem Bett aus. Es handelte sich um eine Karte des nördlichen Skala und der Landenge. »Korin wird höchstwahrscheinlich den unmittelbaren Weg zu dir einschlagen, hier entlang der Küstenstrecke. Luthas Auskünften zufolge hat er nicht genügend Schiffe, um seine gesamte Armee über das Meer zu befördern. Die Strecke, von der Mahti redet, scheint hier zu verlaufen, durch die Berge.« Er fuhr mit einem Finger etwas südlich und westlich von Colath entlang. »Damit kämst du hier heraus, in der Nähe deines Hafens. Von dort aus kannst du Korin mühelos entweder auf der Landenge einkesseln oder ihm in den Rücken fallen, während er nach Osten unterwegs ist.«
»Es ist ein Pfad, den die Retha'noi mit derselben Magie verbergen, die Lhel für ihr Lager verwendet hat«, erklärte Arkoniel. »Entlang des Wegs gibt es zahlreiche Dörfer, in denen man Fremde nicht willkommen heißen wird, aber Mahti behauptet, er kann dich unbeschadet über diese Strecke führen.«
Während Tamír auf die Karte hinabstarrte, schlug ihr Herz ein wenig schneller. War dies, was das Orakel ihr zu zeigen versucht
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