Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt
so wirkungsvoll, wie wir ursprünglich gedacht hatten. Die Trollgötter sind frei – Ghworg jedenfalls. Mich wundert nur, weshalb sie sich nicht schon eher befreit haben. Wenn sie Bhelliom jederzeit verlassen konnten, warum haben sie es dann nicht getan, als ich im Tempel drohte, den Stein zu zerschmettern?«
»Vielleicht, weil sie Hilfe dazu brauchten.« Sephrenia zuckte die Schultern. »Es ist durchaus möglich, daß unser Feind den Pakt mit den Trollgöttern nur deshalb schließen konnte, weil er ihnen versprach, sie aus ihrem Gefängnis zu befreien. Fragen wir Zalasta, vielleicht weiß er es.«
Der Kampf gegen die Trolle hatte mehr Opfer gefordert, als Sperber gedacht hatte. Viele Ritter waren verwundet worden, und fünfzehn waren gefallen. Als der Abend sich in die Klamm herabsenkte, kam Engessa mit grimmigem Gesicht zu Sperber. »Ich breche jetzt auf, Sperber-Ritter«, sagte er knapp.
Sperber blickte ihn erstaunt an.
»Ich habe ein Wörtchen mit dem Clan dieses Gebiets zu reden. Daß er uns nicht an seiner Grenze erwartet hat, ist unentschuldbar.«
»Es gab wahrscheinlich einen guten Grund dafür, Atan Engessa.«
»Einen solchen Grund kann es nicht geben! Ich werde am Morgen zurück sein – mit genügend Kriegern zum Schutz für EhlanaKönigin.«
»Da draußen im Wald sind Trolle, wie Ihr wißt.«
»Sie werden mich nicht aufhalten, Sperber-Ritter.«
»Seid vorsichtig, Atan Engessa. Ich bin es müde, Freunde begraben zu müssen.«
Engessa grinste plötzlich. »Das ist das Gute beim Kampf gegen Trolle, Sperber-Ritter. Man braucht tote Freunde nicht zu begraben. Die Trolle fressen sie.«
Sperber schauderte.
Zalasta war zweifellos der Held des Tages. Alle Peloi und die meisten Ordensritter blickten voll Ehrfurcht zu ihm auf. Das Bild des feurigen Zweikampfs mit dem Vermummten in der purpurnen Flammenkugel und das spektakuläre Ende der gigantischen Echse haftete jedem noch frisch im Gedächtnis. Zalasta gab sich jedoch bescheiden und tat diese unglaublichen Leistungen ab, als wären sie nichts Besonderes gewesen. Doch er freute sich sichtlich darüber, daß Ehlanas Abneigung in Herzlichkeit umgeschlagen war. Zalasta zeigte plötzlich Gefühle – Ehlana hatte diese Wirkung auf andere –, er war nicht mehr so zurückhaltend und viel menschlicher.
Engessa kehrte am nächsten Morgen mit eintausend atanischen Clansmännern zurück. Die Gesichter ihrer Führer verrieten unverkennbar, daß Engessa sie heftig zur Rede gestellt hatte, weil sie nicht zur vereinbarten Zeit an der Grenze gewesen waren.
Die verwundeten Ritter wurden auf Bahren gehoben und von atanischen Kriegern getragen, und die beträchtlich angewachsene Reisegesellschaft kehrte langsam zur Straße zurück und zog wieder ostwärts, in Richtung Lebas in Tamul.
Durch die Verwundeten behindert, kamen sie nicht sehr schnell voran – so schien es zumindest. Nach scheinbar zwei vollen Reisetagen ließ Sperber seine Tochter verstohlen wissen, daß er unbedingt mit ihr reden müsse, sobald die anderen der Wirklichkeit entrückt waren. Als die leeren Gesichter seiner Kameraden Sperber verrieten, daß Aphrael wieder den Zeitablauf beeinflußte, ritt er zur Karosse zurück.
»Bitte komm gleich zur Sache, Sperber«, bat die kleine Göttin ihn. »Es ist diesmal sehr schwierig.«
»Ist es denn jetzt anders?«
»Natürlich. Ich verlängere die Schmerzen der Verwundeten, und das ist sehr unangenehm. Natürlich sorge ich dafür, daß sie soviel wie möglich schlafen, aber es gibt Grenzen, weißt du.«
»Die Geschehnisse in der Schlucht – was war Wirklichkeit und was war Illusion?«
»Wie soll ich das wissen?«
»Willst du damit sagen, du konntest es nicht erkennen?«
»Natürlich nicht, Sperber! Wenn wir ein Trugbild schaffen, kann niemand den Unterschied erkennen. Was nutzt das beste Trugbild, wenn jemand es durchschauen kann?«
»Du hast ›wir‹ gesagt. Wenn es also ein Trugbild war, muß ein Gott dahinterstecken, richtig?«
»Ja. Direkt oder indirekt. War es indirekt, muß der Verantwortliche allerdings einen sehr großen Einfluß auf den betreffenden Gott gehabt haben. Wir übertragen eine solche Kraft nicht sehr oft auf andere – und auch nicht gern. Rede nicht um den heißen Brei, Sperber. Was beunruhigt dich?«
»Ich wollte, ich wüßte es, Aphrael«, gestand er. »Beim Kampf in der Schlucht hat irgend etwas mich stutzig gemacht.«
»Das ist mir zu ungenau, Sperber. Ich brauche schon einen Anhaltspunkt.«
»Das Ganze kam mir einfach
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