Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt
einigenden Einfluß ihres Gottes brach ihre gewohnte Aggressivität gegeneinander wieder hervor. Der Ansturm geriet ins Stocken, als einige Trolle geifernd aufeinander losgingen. Die Wut griff rasch auf andere über, und in kürzester Zeit herrschte vor dem Eingang zur Schlucht ein wildes Handgemenge.
»Nun?« Kalten blickte Ulath fragend an.
»Es ist vorbei.« Der genidianische Ritter zuckte die Schultern. »Zumindest für uns. Die Trolle werden sich vermutlich noch geraume Weile die Köpfe einschlagen.«
Kring war offenbar zum gleichen Schluß gekommen. Mit Säbeln und Lanzen in den Fäusten ritten er und seine Peloi auf Sperbers Bitte hin suchend zwischen die zuhauf liegenden Trollkörper, um die noch lebenden Ungeheuer zu töten.
Noch immer stand Khalad mit entrückter Miene hinter seiner selbstgebauten Speerschleuder. Plötzlich schien er zu erwachen. Er schaute sich verwirrt um. »Was ist geschehen?«
»Du hast diese Riesenechse getötet, junger Freund«, lobte Tynian ihn. »Das war ein außergewöhnlicher Schuß.«
» Ich? Ich kann mich gar nicht erinnern, daß ich auf die Bestie gezielt hätte. Ich dachte, sie wäre außerhalb meiner Schußweite.«
Zalasta kam mit zufriedener Miene den Hang herab. »Es tut mir leid, ich mußte kurz über Eure Gedanken verfügen, junger Herr«, wandte er sich an Sperbers Knappen. »Ich brauchte Eure Maschine, um die Donnerbestie zu erlegen. Ich hoffe, Ihr verzeiht mir. Es blieb leider keine Zeit, Euch zuvor darum zu bitten.«
»Das ist schon recht so, Weiser. Ich wünschte nur, ich hätte diesen Schuß sehen können. Was war das für ein Tier?«
»Seine Gattung lebte vor Abermillionen Jahren auf der Erde«, erklärte der Styriker ihm, »noch vor den Menschen, ja, sogar vor den Trollen. Unser Gegner vermag offenbar selbst Wesen aus der Urzeit wiederzubeleben.«
»War er das in der Feuerkugel?« fragte Kalten. »Unser Gegner?«
»Das kann ich nicht mit Sicherheit sagen, Ritter Kalten. Es scheint, daß wir da draußen viele Ebenen verschiedener Gegner haben. Falls das Wesen in der Kugel nicht unser Hauptfeind war, gehörte er zumindest einer der höchsten Ebenen an. Er besaß sehr großes Können!«
»Sehen wir nach den Verwundeten!« bestimmte Vanion. Trotz seiner Proteste, nicht er sei jetzt der Hochmeister der Pandioner, sondern Sperber, ging Vanion das Befehlen noch immer leicht von der Hand.
»Wir sollten auch den Zugang zur Schlucht gänzlich verbarrikadieren«, schlug Ulath vor. »Schon um nachts keine unerwarteten Besuche von Trollen zu bekommen.«
»Ich werde den Damen Bescheid geben, daß das Schlimmste überstanden ist«, sagte Sperber. Er wendete Faran und ritt zur Höhle. Er war erstaunt und verärgert zugleich, als er sah, daß Ehlana und die anderen im Freien standen. »Ich habe angeordnet, daß ihr in der Höhle bleibt!« rügte er seine Gemahlin scharf.
»Aber du hast doch nicht ernsthaft erwartet, daß ich dir gehorche, oder?«
»Doch, das habe ich!«
»Das Leben hält leider immer wieder kleine Enttäuschungen bereit, nicht wahr?« entgegnete sie herausfordernd.
»Das reicht jetzt, Kinder!« tadelte Sephrenia sie müde. »Eheliche Unstimmigkeiten sollten nicht in der Öffentlichkeit ausgetragen werden. Streitet, wenn ihr allein seid!«
»Wir haben doch gar nicht gestritten, oder, Sperber?« sagte Ehlana unschuldig.
»Wir wollten gerade loslegen.«
»Tut mir leid, Liebster«, entschuldigte Ehlana sich zerknirscht. »Ich habe es in der Höhle einfach nicht ausgehalten, während du dich in so schrecklicher Gefahr befunden hast.« Sie verzog das Gesicht. »Ich fürchte, ich muß die bittere Arznei schlucken und Zalasta Abbitte leisten. Ich habe ihm schrecklich Unrecht getan. Er hat uns alle gerettet, nicht wahr?«
»Jedenfalls hat er uns nicht geschadet«, stimmte Talen zu.
»Er war großartig« rief die Königin.
»Er ist ungemein geschickt«, bestätigte Sephrenia stolz. Sie nahm Danae auf den Arm. Vermutlich war es ihr gar nicht bewußt; nach Jahrhunderten ihrer Schwesterschaft geschah es ganz von selbst.
»Was war das für eine gräßliche Fratze am Waldrand?« fragte Berit schaudernd.
»Ulath meint, es sei Ghworg gewesen, der Trollgott des Tötens«, antwortete Sperber. »Aus dem Azashtempel in Zemoch kann ich mich schwach an diese Gottheit erinnern. Allerdings habe ich dort nicht weiter auf Ghworg geachtet, dazu war ich zu beschäftigt.« Er verzog das Gesicht. »Unsere Vermutung scheint zu stimmen. Ghwerigs Zauber war demnach nicht
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