Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt
lächelte.
»Tut so was lieber nie nicht, Bruder. Streitet alles ab, gebt nix zu.«
»Ich werde versuchen, das zu beachten. Was macht Ihr so fern von zu Hause, mein Freund?«
»Des gleiche wollt' ich Euch auch fragn, Stragn. 's is a weita Weg von hier noch Thalesien.«
»Und fast genauso weit von Cammorien.«
»Ah, das ist leicht erklärt, mein Freund. Hab' eigentlich als Wilderer angefangen, hab' Hasen auf Land gefangen, das mir nicht gehört hat. Aber war harte Arbeit mit viel Risiko und kaum Gewinn. Also hab' ich Hühnerhäuser ausg'nommen – Hennen rennen nicht so schnell wie Hasen, gleich gar nicht bei der Nacht. Dann bin ich zum Schafstehl'n übergegangen – aber einmal in der Nacht ist's zur Auseinandersetzung mit einer ganzen Meute Hirtenhunde gekommen, die mich trotz Bestechung verraten haben.«
»Wie besticht man einen Hund?« fragte Ehlana neugierig.
»Nix leichter als das, edle Frau. Man braucht ihm bloß ein paar Fleischbrocken zuwerfen. Na ja, die Köter sind wie wild auf mich los, da bin ich g'laufen, so schnell wie ich nur können hab'. Dummerweis' hab' ich dabei meinen Hut verloren, an dem ich sehr gehängt hab' und von dem die halbe Gemeinde gewußt hat, daß er mir gehört. Ich bin bloß ein Bauernbub und hätt' nicht gewußt, wie ich mich in der Stadt benehmen müßt', drum hab' ich auf einem Schiff angeheuert. Um's kurz zu machen, ich bin hier an dieser fremden Küste gestrandet und hab' mich landeinwärts durchgeschlagen, weil der Käpten von dem Schiff, wo ich mitgekommen war, ein Wörtchen mit mir über so einige Dinge reden wollt', die aus dem Frachtraum verschwunden waren, wißt Ihr.« Er machte eine Pause. »Hab' ich Euch gut unterhalten, Durchlaucht Stragen?« Er grinste.
»Sehr, sehr gut, Caalador«, versicherte Stragen. »Überzeugend – obwohl Ihr eine Spur zu dick aufgetragen habt.«
»Eine meiner Untugenden, Durchlaucht. Es macht soviel Spaß, daß es mich mitreißt. Ich schwindle natürlich. Ich habe festgestellt, daß es die Leute entwaffnet, wenn ich mich als unwissenden Hinterwäldler präsentiere. Keiner läßt sich leichter hereinlegen, als jemand, der sich für klüger hält.«
»Oh!« Ehlana war sichtlich enttäuscht.
»War Eure Majestät von meiner tölpelhaften Redeweise angetan gewesen?« fragte Caalador mitfühlend. »Wenn Ihr möchtet, red' ich so weiter, nur dauert es auf diese Weise verflixt lange, etwas verständlich zu machen.«
Sie lachte. »Ich glaube, Ihr könntet mit Eurem Charme die Vögel aus den Büschen locken, Caalador.«
»Danke, Majestät.« Er verbeugte sich mit erstaunlicher Eleganz. Dann wandte er sich an Stragen. »Euer Vorschlag hat unsere tamulischen Freunde verblüfft, Durchlaucht. Die Trennungslinie zwischen Bestechung und Diebstahl ist in der tamulischen Kultur klar festgelegt. Tamulische Diebe sind außerordentlich klassenbewußt und betrachten die Vorstellung, mit der Obrigkeit Hand in Hand zu arbeiten, aus irgendeinem Grund als unnatürlich. Glücklicherweise sind wir Elenier viel bestechlicher als unsere gelben Brüder, und Elenier steigen in unserer eigentümlichen Gesellschaft offenbar mühelos bis zur Spitze auf – eine Naturbegabung höchstwahrscheinlich. Wir haben die Vorteile Eures Vorschlags sofort erkannt. Kondrak von Darsas war in seiner Darlegung äußerst überzeugend. Ihr scheint ihn ungemein beeindruckt zu haben. Die Unruhen hier in Tamuli waren katastrophal fürs Geschäft, und als wir den Tamulern Gewinn und Verlust in Zahlen vorlegten, öffneten sie der Vernunft die Ohren. Sie erklärten sich einverstanden – wenngleich widerwillig, das dürft Ihr mir glauben. Aber sie werden euch nun helfen, Informationen zu sammeln.«
»Gott sei Dank!« Stragen seufzte erleichtert. »Ich war schon ein wenig nervös.«
»Ihr habt Eurer Königin Versprechen gegeben und wart jetzt nicht mehr sicher, ob Ihr sie halten könnt, war's das?«
»Damit trefft Ihr den Nagel so ziemlich auf den Kopf, mein Freund.«
»Ich werde Euch die Namen von einigen Leuten in Matherion geben.« Caalador schaute sich um. »Später, unter vier Augen, versteht Ihr?« Dann fügte er hinzu: »Unterstützung hin, Unterstützung her, aber in der erlauchten Gesellschaft von Königinnen und Rittern wäre es nicht recht, wenn solche Namen fielen.« Er grinste Ehlana verschmitzt an. »Was haltet Ihr davon, Majestät, wenn ich Euch eine lange, lange Geschichte über meine Abenteuer in der Unterwelt des Verbrechens erzähl'?«
»Wie aufregend, Caalador«,
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