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Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt

Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt

Titel: Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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Barons Dach über dem Kopf, also müssen wir auch seine Gastlichkeit über uns ergehen lassen.«
    Ehlana seufzte. »Sie wäre vielleicht erträglicher, wenn nicht das ganze Haus nach gekochtem Kohl stinken würde.«
    Sie wurden in das »Wohngemach« geführt, das um weniges kleiner war als der Thronsaal in Cimmura. Es war ein muffig riechender Raum mit unbequemen Sesseln und Diwanen und häßlich senffarbenen Teppichen.
    »Wir leben hier so furchtbar abgeschieden«, sagte Katina seufzend zu Baroneß Melidere, »und so schrecklich altmodisch. Mein armer Bruder tut sein Bestes, sich auf dem laufenden zu halten, was im Westen vor sich geht, doch unsere abgeschiedene Lage macht das Anwesen zum Gefängnis und hält Besucher fern. Ermude und ich haben immer wieder versucht, unseren Bruder zu überreden, sich ein Stadthaus zuzulegen, wo wir gesellschaftlichen Anschluß hätten, doch sie will nichts davon wissen. Seine Gemahlin brachte den Besitz mit in die Ehe, und sie ist so furchtbar provinzlerisch. Könnt Ihr Euch vorstellen, daß meine arme Schwester und ich gezwungen sind, unsere Gewänder von Leibeigenen schneidern zu lassen?«
    Melidere hob in gespieltem Entsetzen die Hände an die Wangen. »Meine Güte!« rief sie.
    Katina zog ein Spitzentüchlein hervor, als Tränen des Selbstmitleids über ihr Gesicht kullerten.
    »Würde Eure Atanerin sich bei den Leibeigenen nicht wohler fühlen, Markgräfin?« sagte Baronin Astansia zu Ehlana, ohne ihre Abneigung gegenüber Mirtai zu verbergen.
    »Das bezweifle ich, Baronin«, antwortete Ehlana. »Und selbst wenn, ich würde es nicht zulassen. Ich habe mächtige Feinde, Baronin, und mein Gemahl ist meist mit Staatsangelegenheiten beschäftigt. Die Königin von Elenien verläßt sich völlig auf ihn und bedarf häufig seiner Dienste. Deshalb muß ich selbst für meinen Schutz sorgen.«
    Astansia rümpfte die Nase. »Ich gebe zu, daß Eure Atanerin beeindruckend ist, Markgräfin, aber trotzdem ist sie nur eine Frau.«
    Ehlana lächelte. »Das haben wahrscheinlich auch die zehn Männer gedacht, die durch ihre Hand fielen.«
    Die Baronin starrte sie entsetzt an.
    »Oberflächlich betrachtet, mag der eosische Kontinent zivilisiert erscheinen, Baronin«, erklärte Stragen. »Aber im Grunde genommen sind wir noch immer Barbaren.«
    »Es ist eine anstrengende Reise, Baron Kotyk«, sagte Patriarch Emban. »Aber der Erzprälat und der Kaiser stehen seit dem Zusammenbruch von Zemoch in Verbindung, und beide sind der Ansicht, daß es an der Zeit ist, diplomatische Vertreter auszutauschen. Ohne direkten Kontakt könnten Mißverständnisse entstehen, und die Welt dürfte wahrhaftig eine Zeitlang genug von Kriegen haben.«
    »Eine kluge Entscheidung, Eminenz.« Kotyk war ganz offensichtlich überwältigt von der Anwesenheit so hochgestellter Persönlichkeiten in seinem Haus.
    »Ich bin in der Hauptstadt nicht unbekannt, Ritter Bevier«, sagte Elron selbstgefällig. »In intellektuellen Kreisen sind meine Gedichte sehr geschätzt. Ungebildete verstehen sie natürlich nicht. Ich bin vor allem für mein Talent bekannt, Farben auszudrücken. Ich bin der festen Überzeugung, daß die Farbe die Seele der Welt ist. An meiner Ode an Blau arbeite ich bereits seit sechs Monaten.«
    »Eine erstaunliche Ausdauer«, murmelte Bevier.
    »Ich versuche, so gründlich wie nur möglich zu sein«, erklärte Elron. »Ich habe bereits zweihundertdreiundsechzig Strophen verfaßt, und ich fürchte, es ist noch kein Ende in Sicht.«
    Bevier seufzte. »Als Ordensritter habe ich wenig Zeit für Literatur«, sagte er bedauernd. »Meines Berufs wegen muß ich mich auf militärische Texte und religiöse Werke konzentrieren. Ritter Sperber ist weltlicher als ich, und seine Beschreibungen von Menschen und Orten grenzen manchmal an Poesie.«
    »Ach ja? Sie würden mich sehr interessieren«, heuchelte Elron, doch sein Gesicht verriet die Verachtung des namhaften Poeten ob der Bemühungen von Amateuren. »Befaßt er sich überhaupt mit Farbe?«
    »Eher mit Licht, glaube ich«, antwortete Bevier, »aber das ist ja im Grunde genommen dasselbe, nicht wahr? Farbe kann ohne Licht nicht existieren. Ich erinnere mich, daß Sperber einmal eine Straße in Jiroch beschrieben hat. Diese Stadt liegt an der Küste von Rendor, auf welche die Sonne unerbittlich herabscheint. Ganz früh am Morgen, ehe die Sonne aufgeht und die Nacht schwindet, hat der Himmel die Farbe von geschmiedetem Stahl. Er wirft keine Schatten, und alles scheint in

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