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Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt

Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt

Titel: Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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berichtet, das jedermanns Blut zum Stocken bringt. Die Leibeigenen glauben, daß Ayachin ihnen die Freiheit bringen wird, wenn er zurückkehrt. Und jetzt gibt es da draußen einen Hitzkopf, der sie aufwiegelt. Wir kennen seinen richtigen Namen nicht. Wir wissen nur, daß die Leibeigenen ihn ›Säbel‹ nennen. Er wandert umher und erzählt ihnen, daß er Ayachin wahrhaftig gesehen habe. Die Leibeigenen tragen heimlich Waffen zusammen – oder stellen welche her. Und des Nachts schleichen sie sich in den Wald, um diesem ›Säbel‹ zuzuhören, wenn er seine Reden hält. Ihr solltet wissen, daß diese Fanatiker sich da draußen herumtreiben, denn es könnte gefährlich werden, falls ihr ihnen unvermutet in die Arme lauft.« Djukta kratzte sich unter dem zotteligen Bart. »Normalerweise wünsche ich das niemand, aber jetzt wär's mir ganz recht, wenn die Regierung sich dieses ›Säbels‹ annähme und ihn an den Galgen brächte. Er hat die Leibeigenen gegen die Unterdrücker aufgebracht, ohne so recht zu sagen, welche Unterdrücker. Er könnte die Tamuler meinen, aber viele seiner Anhänger glauben, daß er die Edlen meint. Unruhige Leibeigene sind gefährliche Leibeigene. Niemand weiß genau, wie groß ihre Zahl wirklich ist. Aber wenn sie erst anfangen, sich wirre Vorstellungen über Gleichheit und Gerechtigkeit zu machen, weiß nur Gott, wo das enden wird.«

10
    »Es sind einfach zu viele Ähnlichkeiten, als daß es Zufall sein könnte«, sagte Sperber am nächsten Morgen, als sie unter einem tiefhängenden Himmel in nordöstlicher Richtung auf der Straße nach Darsas ritten. Er und seine Gefährten hatten sich um Ehlanas Karosse geschart, um über die Neuigkeiten zu diskutieren, die sie von Djukta erfahren hatten. Es war schwül, und nicht ein Lüftchen regte sich.
    »Ich kann Euch schlecht widersprechen«, sagte Botschafter Oscagne. »Es ist ein bestimmtes Muster erkennbar, wenn in Lamorkand alles so ist, wie Ihr erzählt habt. Unser Reich ist gewiß nicht demokratisch, und ich kann mir vorstellen, daß es in Euren westlichen Königreichen nicht viel anders ist; aber so schlimme Diktatoren sind wir nun auch wieder nicht – keiner von uns. Ich glaube, wir sind lediglich zu Symbolen der gesellschaftlichen Ungerechtigkeit geworden, wie es sie in jeder Kultur gibt. Ich will damit nicht behaupten, daß das Volk uns nicht haßt. Jeder, egal wo auf der Welt, ist mit seiner Regierung unzufrieden – das soll keine Beleidigung sein, Majestät.« Er lächelte Ehlana an.
    »Ich tue, was ich kann, damit mein Volk mich nicht zu sehr haßt, Exzellenz«, entgegnete sie. Ehlana trug einen Reiseumhang aus blaßblauem Samt, und Sperber fand, daß sie an diesem Vormittag besonders hübsch aussah.
    »Niemand könnte eine Frau hassen, die so lieblich ist wie Ihr, Majestät«, versicherte Oscagne ihr lächelnd. »Tatsache ist jedoch, daß auf der ganzen Welt Unzufriedenheit brodelt, und daß es jemanden gibt, der all diesen Groll nutzt, um die Regierungen zu stürzen – hier in Tamuli und in den Königreichen von Eosien. Nicht zu vergessen die Häupter der eosischen Kirche. Jemand will so viel Unruhe wie möglich erregen. Aber ich glaube nicht, daß er soziale Gerechtigkeit auf seine Fahnen geschrieben hat.«
    »Wir könnten die Situation viel besser verstehen, wenn wir wüßten, worauf dieser Jemand aus ist«, warf Emban ein.
    »Auf den Zusammenbruch«, meinte Ulath. »Wenn alles gefestigt ist und Macht und Reichtum verteilt sind, bleibt nichts für jene Leute übrig, welche die Leiter emporklimmen. Die einzige Möglichkeit, etwas abzubekommen, besteht darin, die alte Ordnung niederzureißen und sich um alles neu zu raufen.«
    »Das ist eine brutale politische Theorie, Ritter Ulath«, sagte Oscagne mißbilligend.
    »Es ist eine brutale Welt, Exzellenz.« Ulath zuckte die Schultern.
    »Ich muß widersprechen«, sagte Bevier heftig.
    »Laß dich nicht davon abhalten, mein junger Freund.« Ulath lächelte. »Ich kann's durchaus ertragen, wenn andere nicht meiner Meinung sind.«
    »Wahren politischen Fortschritt gibt es wirklich. Das Los der Bürger ist jetzt viel besser als vor fünfhundert Jahren.«
    »Zugegeben, aber wie wird es im nächsten Jahr sein?« Ulath lehnte sich im Sattel zurück, und seine blauen Augen wirkten nachdenklich. »Größenwahnsinnige brauchen Anhänger. Und wenn man den Leuten verspricht, daß man alles verbessert, was auf der Welt zu wünschen übrigläßt, bekommt man rasch Gefolgschaft. Solche

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