Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt

Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt

Titel: Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
Vom Netzwerk:
Verborgenen blühe, fern der Lichter und Fröhlichkeit der Hauptstadt. Vor der Vermählung meines Bruders mit dieser schrecklichen Frau wurden wir grausam getäuscht. Ihre Eltern machten uns weis, daß dieser Landsitz uns Reichtum und Ansehen bringen würde. In Wahrheit aber reichen die Einnahmen kaum für unser Auskommen und die Erhaltung dieser Elendshütte. Es besteht keine Hoffnung, daß wir uns je ein Haus in Darsas leisten können.« Sie vergrub ihr Gesicht in den Händen. »Was soll aus mir werden?« jammerte sie. »Die Lichter, die Bälle, die Scharen von Verehrern, die von meiner Schönheit und meinem Charme betört vor meiner Tür schmachten.«
    »Weine doch nicht, Katina«, wimmerte Ermude. »Wenn du weinst, muß ich auch weinen.« Die Schwestern sahen einander so ähnlich, daß Sperber Schwierigkeiten hatte, sie auseinanderzuhalten. Ihre drallen Körper schienen mehr aus Teig denn aus Fleisch zu bestehen. Sie hatten glattes Haar, das beinahe farblos wirkte und strähnig herabhing, und einen fahlen Teint. Weder die eine, noch die andere hielt es offenbar sonderlich mit der Reinlichkeit. »Ich bemühe mich so sehr, meine Schwester zu beschützen«, klagte Ermude der bedauernswerten Melidere ihr Leid, »aber diese furchtbare Abgeschiedenheit ist ihr Ruin. Es gibt hier keine Kultiviertheit. Wir hausen wie Tiere – wie Leibeigene. Alles ist so sinnlos, und das Leben sollte doch einen Sinn haben, nicht wahr? Doch welchen könnte es geben, so fern der Hauptstadt? Diese gräßliche Frau will unserem Bruder nicht gestatten, diese Elendshütte zu verkaufen, damit wir standesgemäß in Darsas leben könnten. Wir sind hier gefangen – gefangen, sage ich Euch! –, und wir werden bis ans Ende unserer Tage in dieser grauenvollen Abgeschiedenheit dahinvegetieren müssen.« Dann vergrub auch sie das Gesicht in den Händen und weinte.
    Melidere seufzte und rollte die Augen himmelwärts.
    »Ich habe Einfluß auf den Statthalter dieses Bezirks«, erzählte Baron Kotyk Emban mit bombastischem Eigendünkel. »Er verläßt sich ganz auf mein Urteil. Wir hatten große Schwierigkeiten mit den Einwohnern der Stadt – titellose Halunken allesamt, geflohene Leibeigene, auch wenn sie es zu verbergen suchen. Sie beschweren sich bitter über jede neue Steuer und versuchen, die Last auf uns abzuwälzen. Wir bezahlen bereits genug Steuern, das dürft Ihr mir glauben, aber sie fordern alle Leistungen! Was nutzen mir gepflasterte Straßen in der Stadt? Wichtig sind die Landstraßen. Das sage ich Seiner Exzellenz, dem Statthalter, immer wieder!«
    Der Baron hatte schon sehr tief ins Glas geschaut. Seine Zunge war schwer, und sein Kopf schwankte auf dem Hals. »Alle Lasten in diesem Bezirk werden uns aufgebürdet.« Seine Augen füllten sich mit Selbstmitleid. »Ich muß für fünfhundert Leibeigene aufkommen, die kaum eine Hand rühren – sie sind so faul, daß nicht einmal Auspeitschen sie zum Arbeiten bewegen kann. Es ist alles so ungerecht! Ich bin ein Edelmann, aber das bedeutet heutzutage überhaupt nichts mehr.« Die Tränen rollten nun seine Wangen hinab, und seine Nase lief. »Niemand respektiert, daß Edelleute Gottes höchstes Geschenk an die Menschheit sind! Die Städter behandeln uns nicht besser als einfache Bürger. Wenn man unseren göttlichen Ursprung bedenkt, ist eine solche Respektlosigkeit die schlimmste Form der Häresie. Ich bin sicher, Ihr pflichtet mir bei, Eminenz.« Der Baron zog ungeniert die Nase hoch.
    Patriarch Embans Vater war Schankwirt in Uzera gewesen, und Sperber war ziemlich sicher, daß der korpulente Kirchenmann dem Baron ganz gewiß nicht beipflichtete.
    Ehlana war ganz von der Baronin mit Beschlag belegt worden, und die wachsende Verzweiflung stand ihr deutlich ins Gesicht geschrieben.
    »Das Anwesen gehört natürlich mir«, erklärte Astansia soeben mit kalter, hochmütiger Stimme. »Mein Vater war bereits senil, als er mich an diesen fetten Eber verheiratete.« Verächtlich fuhr sie fort: »Kotyk hatte seine Schweinsäuglein nur auf die Einnahmen aus meinem Besitz geworfen. Aber Vater war vom Adelstitel dieses Schwachsinnigen so beeindruckt, daß er ihn nicht durchschaute und nicht erkannt hat, daß der Herr Baron ein raffgieriger Trottel mit zwei häßlichen fetten Schwestern ist, die an seinen Rockzipfeln hängen.« Sie lächelte höhnisch; dann füllten die unvermeidlichen Tränen wieder ihre Augen. »Ich kann in dieser traurigen Lage nur Trost in der Religion finden, in der Kunst meines

Weitere Kostenlose Bücher