Tamuli 2 - Das leuchtende Volk
einige glaubhafte Geschichten aus – eine für ein paar Taschendiebe, eine andere für einige Bettler oder Huren. Dann lehnen wir uns zurück und warten in Ruhe ab, wie unser Plan aufgeht. Auf diese Weise können wir die Verräter in unseren Reihen enttarnen und brauchbare Namen aus ihnen herausquetschen.«
Ehlana seufzte. »Ein bißchen besser sollte unser Plan schon sein«, sagte sie verdrossen.
»Wir werden uns Mühe geben, Majestät«, versprach Caalador.
»Wenn Ihr nichts dagegen habt, möchte ich gern noch etwas anderem nachgehen. Wir wissen, daß Krager sich hier in Matherion ins Zeug gelegt hat. Wir wissen aber nicht , wie viele Informationen über unsere Methoden er an seine Freunde in anderen Reichen weitergegeben hat. Wir sollten soviel wie möglich aus diesem behelfsmäßigen Nachrichtendienst herausholen, ehe er völlig nutzlos wird. Ich werde der Unterwelt in Arjuna Bescheid geben. Ich würde gern auf die eine oder andere Weise herausfinden, ob dieser Gelehrte von der Universität über die Wahrheit gestolpert ist oder sich nur eine haltlose Theorie zusammengereimt hat. Ich glaube, eine vollständige Biographie dieses als Scarpa bekannten Burschen wäre hochinteressant für uns. Wenn schon sonst nichts dabei herauskommt, wird der Erfolg oder Mißerfolg unserer Spitzel in Arjuna uns zumindest zeigen, wieviel Krager tatsächlich über das Ausmaß unserer Mission weiß. Wenn er sie nur für örtlich begrenzt hält, ist der Schaden ja nicht allzu groß.«
»Kümmert Euch auch um die anderen«, wies Ehlana ihn an. »Seht zu, was Ihr über Baron Parok, Rebal und Säbel herausfinden könnt. Versuchen wir es auf jeden Fall bei Rebal und Säbel.«
»Wir werden alles tun, was Majestät befehlen.«
»Darüber wär' ich glücklicher als jedes Schwein im Schlamm, Caalador«, erwiderte Ehlana in tamulischem Dialekt.
Caalador konnte sich vor Lachen nicht mehr halten.
»Es liegt vermutlich am Wetterumschwung, Majestät«, meinte Baroneß Melidere. »Wir befinden uns hier direkt an der Küste, das könnte das Problem sein. Kinder sprechen auf so etwas manchmal stärker an als Erwachsene.«
»Ihr nehmt die ganze Sache zu ernst«, rügte Mirtai. »Sie braucht lediglich ein Stärkungsmittel. Sie ist nicht wirklich krank, nur ein bißchen schlapp.«
»Aber sie schläft die ganze Zeit«, jammerte Ehlana. »Sie schläft sogar beim Spielen ein!«
»Wahrscheinlich liegt es am Wachsen.« Die Riesin zuckte die Schultern. »Mir ist es als kleines Mädchen so ähnlich ergangen. Wachsen ist offenbar sehr anstrengend.«
Das Objekt ihrer Betrachtungen schlummerte auf einem Diwan am Fenster, und Rollo ruhte in ihren Armen, ohne daß sie ihn festhielt. Rollo hatte zwei Generationen heftiger Zuneigung überlebt. Er war an einem Bein herumgezerrt worden, man hatte auf ihm gelegen, ihn irgendwo hineingestopft, wo eigentlich gar kein Platz für ihn war, und ihn manchmal wochenlang vergessen. Dadurch, daß seine Füllung sich ein wenig verlagert hatte, erweckte sein Plüschgesicht einen leicht bekümmerten Eindruck, was Königin Ehlana als schlechtes Omen betrachtete. Als Rollo noch ihr Spielzeug gewesen war, hatte er nie so bekümmert ausgesehen. Murr dagegen schien ziemlich zufrieden zu sein. Ein Frauchen, das sich nicht viel bewegte, war ihr sehr recht. Solange Prinzessin Danae schlief, überlegte sie wenigstens nicht, welche lächerlichen Dinge sie mit ihrer Katze anstellen könnte. Für Murr war schon jeder Tag, an dem sie nicht in Puppenkleider gesteckt wurde, ein schöner Tag. Sie lag mit geschlossenen Augen auf der Hüfte ihrer kleinen Herrin, die Vorderpfoten unter der Brust verschränkt, und schnurrte glücklich. Solange nichts ihre Nickerchen störte, war Murr mit sich und der Welt zufrieden. Prinzessin Danae schlummerte. Ihr Geist war jedoch viel mehr mit dem Gespräch beschäftigt, das Flöte mit Sperber und seinen Freunden auf der Insel Tega führte, als mit der Besorgnis ihrer Mutter über ihre Gesundheit hier in Matherion. Danae gähnte, kuschelte sich mit Plüschbär und Katze zusammen und sank in tiefen Schlaf.
Liebste, wir haben Tega erreicht und werden uns die nächste Zeit in den ländlichen Gegenden umsehen. Da ich dort vermutlich nicht zum Schreiben kommen werde, möchte ich Dir jetzt rasch mitteilen, daß wir gut angekommen sind. Mach Dir bitte keine Sorgen, falls Du eine Zeitlang nichts von mir hörst. Ich weiß noch nicht, wie lange wir uns voraussichtlich unter die hiesige Bevölkerung mischen
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