Tamuli 2 - Das leuchtende Volk
sicher?« fragte Kalten zweifelnd, als Flöte ihnen mitteilte, daß sie in zehn Stunden ihr Ziel erreichen würden.
Sie seufzte. »Ja, Kalten. Natürlich bin ich sicher.«
»Wie willst du das wissen? Du warst nicht an Deck, und du hast dich mit keinem der Seeleute unterhalten. Wir könnten doch…« Sie blickte ihn mit nachsichtiger Geduld an, während Kalten weiterplauderte. »Oh!« murmelte er schließlich. »Ich hab' wieder mal nicht nachgedacht, fürchte ich. Tut mir leid.«
»Ich liebe dich, Kalten – trotz allem.«
Khalad räusperte sich. »Hat Dolmant nicht gesagt, daß die Edomer etwas gegen unsere Kirche haben?« fragte er Sperber.
Sperber nickte. »Wenn ich mich nicht irre, hegen sie in etwa die gleichen Gefühle für unsere Heilige Mutter wie die Rendorer.«
»Dann werden sie die Ordensritter nicht eben herzlich willkommen heißen, nehme ich an.«
»Wohl kaum.«
»Wäre es da nicht vielleicht besser, wenn wir uns als ganz normale Reisende ausgeben?«
»Ja, das sollten wir«, bestätigte Sperber.
Vanion hatte seine Karte studiert. »Wohin genau werden wir uns von Jorsan aus begeben, Aphrael?«
»Ein Stück die Küste aufwärts«, antwortete sie unbestimmt.
»Das ist nicht sehr genau.«
»Ja, ich weiß.«
Er seufzte. »Ist es denn dann wirklich notwendig, daß wir den ganzen Fjord hinauf bis zur Stadt reiten? Es wäre doch besser, am Nordufer des Fjords zu landen. Dadurch könnten wir der Stadt aus dem Weg gehen. Da die Edomer diese Vorurteile haben, halte ich es für ratsam, daß wir ihnen fernbleiben.«
»Wir müssen nach Jorsan«, entgegnete sie. »Jorsan selbst ist nicht so wichtig, aber wir werden unterwegs auf etwas sehr Wichtiges stoßen.«
»Ach? Worauf?«
»Das weiß ich nicht.«
»Du wirst dich daran gewöhnen«, versicherte Sperber seinem Freund. »Unsere kleine Göttin hat hin und wieder Ahnungen. Sie weiß keinerlei Einzelheiten, hat nur diese Ahnungen.«
»Wann werden wir landen?« erkundigte sich Ulath.
»Gegen Mitternacht.«
»Des Nachts an einer fremden Küste zu landen, könnte sich als schwierig erweisen«, gab er zu bedenken.
»Es wird keine Probleme geben!« versicherte Flöte ihm überzeugt.
»Ich soll mir deshalb keine Sorgen machen. Meinst du das?«
»Du kannst dir Sorgen machen, soviel du willst, Ulath.« Sie lächelte. »Es ist unnötig. Aber du kannst es tun, falls du dich dadurch besser fühlst.«
Dichter Nebel umgab die Gefährten, als sie wieder an Deck kamen. Es war ein alles verhüllender Nebel, und diesmal brannten keinerlei Lichter an Bord. Ihre bereits gesattelten Pferde warteten, und sie führten die Tiere die Rampe hinunter zu einem Kiesstrand.
Als sie sich zum Wasser umdrehten, war das Schiff verschwunden.
»Wo ist es hin?« rief Ulath.
Aphrael lächelte. »Es ist immer noch da.«
»Warum kann ich es dann nicht sehen?«
»Weil ich nicht will, daß irgend jemand es sieht. Wir sind auf dem Herweg an mehreren gewöhnlichen Schiffen vorbeigekommen. Hätte man unseres von dort aus gesehen, gäbe es bald wilde Gerüchte in allen Seemannsschenken jeder Hafenstadt der Welt.«
»Es hat mit der Form des Kiels zu tun, nicht wahr?« sagte Khalad nachdenklich.
» Khalad! « rief Flöte scharf. »Hör sofort damit auf!«
»Ich werde nichts unternehmen, Flöte. Ich könnte es gar nicht, selbst wenn ich wollte. Aber diese ungeheure Schnelligkeit verdankt das Schiff gewiß dem Kiel. Ich erwähne es nur, damit du nicht den Fehler begehst, mich für so dumm zu halten, daß ich es nicht erkennen würde.«
Sie funkelte ihn an.
Er bückte sich leicht und küßte sie auf die Wange. »Ist schon gut, Flöte.« Er lächelte. »Ich liebe dich trotzdem – auch wenn du mich manchmal unterschätzt.«
»Er macht sich«, sagte Kalten zu Vanion.
Der Hang, der sich vom Kiesstrand erhob, war mit üppigem Gras bewachsen. Bis sie oben ankamen, hatte der Nebel sich bereits völlig aufgelöst. Der Mondschein warf eine breite silbrige Straße über das ruhige Wasser des Fjords.
»Auf meiner Karte ist ungefähr eine Meile landeinwärts ein Weg eingezeichnet«, erklärte Vanion. »Er führt den Fjord hinauf in die ungefähre Richtung von Jorsan.« Er blickte auf Flöte, die Khalad immer noch finster anstarrte. »Falls unsere Gebieterin nichts dagegen hat, werden wir diesen Weg nehmen.« Er blickte die Kindgöttin an.
Sie rutschte auf Sephrenias Armen ein Stück tiefer und begann an ihrem Daumen zu lutschen.
»Laß das, sonst bekommst du schiefe Zähne!«
Sie nahm den
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