Tamuli 3 - Das Verborgene Land
wirklich, daß Fliegen von dem Pferd angelockt wurden.
»Großartig!« rief Vanion, sandte einen prüfenden Gedanken aus und stieß sogar auf das vertraute Gefühl von Sperbers Gegenwart. »Wenn ich es nicht besser wüßte, würde ich schwören, daß er wirklich hier ist. Kannst du diese Illusion aufrechterhalten?«
»Natürlich«, antwortete sie mit geradezu aufreizender Gleichmütigkeit. Dann lachte sie, streckte die Hand aus und streichelte ihm zärtlich über die Wange.
»Warum hast du so lange gebraucht?« fragte Talen die Kindgöttin, als sie am nächsten Morgen am Rand ihres Lagers bei Vigayo erschien.
»Ich hatte zu tun«, antwortete sie schulterzuckend. »Immerhin ist es eine ziemlich aufwendige Sache, weißt du. Schließlich wollen wir alle zu ungefähr derselben Zeit dort eintreffen, nicht wahr? Und was gibt es hier für ein Problem, Sperber?« »Vielleicht hatten wir zur Abwechslung sogar einmal ein bißchen Glück«, antwortete er. »Talen und ich waren gestern im Ort. Wir hörten, wie ein Bewohner ihre Oase als ›Brunnen Cyrgons‹ bezeichnete.« »Ja, und?« »Erzähl du es, Talen.«
Der junge Dieb wiederholte das Gespräch, das zwischen Ogerajin und Stragen in Beresa stattgefunden hatte.
»Was hältst du davon?« fragte Kalten die Kindgöttin.
»Hat jemand eine Karte?«
Sperber ging zu seinen Sattelbeuteln, holte die fest zusammengerollte Landkarte heraus und brachte sie ihr.
Flöte breitete die Karte auf dem Boden aus, kniete sich davor und studierte sie eingehend. »Es gibt wirklich einige Salzböden da draußen«, gab sie zu.
»Und sie befinden sich an den richtigen Stellen«, warf Bevier ein.
»Ogerajin war dort«, fügte Talen hinzu. »Jedenfalls behauptet er das. Also müßte er den Weg tatsächlich kennen, nicht war?«
»Es gibt auch eine Route der Sklavenhändler, die nach Nordwesten führt«, sagte Mirtai. »Wir haben eine Karawane gesehen, die diesen Weg nahm, als wir hier ankamen. Und Ogerajin erwähnte, daß die Cyrgai Sklaven halten. Also kann man davon ausgehen, daß die Karawane nach Cyrgai unterwegs ist, stimmt's?« »Ihr alle leitet eure Überlegungen von den wirren Worten eines dem Wahn verfallenen Kranken ab«, sagte Flöte skeptisch.
»Du hast selbst gesagt, daß Cyrga irgendwo in Mittelcynesga liegt«, erinnerte Kalten sie, »und alles, was wir beobachtet haben, deutet darauf hin. Selbst wenn Ogerajin einiges ausließ, würden wir doch in die ungefähre Gegend von Cyrga gelangen. Auf jeden Fall wären wir der Stadt bedeutend näher, als wir es jetzt sind.«
»Wenn ihr euch schon alle entschieden habt, frage ich mich, warum ihr mich überhaupt damit belästigt«, sagte Flöte ein wenig gereizt.
Talen grinste sie an. »Wir haben es als unhöflich erachtet, einfach weiterzureiten, ohne dir Bescheid zu geben, Göttin.«
»Das wirst du mir bezahlen, Talen«, drohte sie.
Sperber wandte sich an Mirtai. »Wie weit, glaubt Ihr, ist uns die Karawane inzwischen voraus?«
»Dreißig Meilen«, antwortete sie. »Fünfunddreißig im Höchstfall. Sklavenkarawanen sind nicht sehr schnell.«
»Ich glaube, das ist unsere beste Chance«, meinte er. »Schlüpfen wir in unsere schwarzen Gewänder und reiten los. Wir halten uns etwa drei Meilen hinter der Karawane. Jeder, der uns zufällig sieht, wird uns dann für Nachzügler halten.« »Alles ist besser, als untätig herumzusitzen!« sagte Kalten.
Sperber grinste schwach. »Irgendwie wußte ich, daß du es so sehen würdest.«
»Wir sind hier kaum mehr als Gefangene im goldenen Käfig«, behauptete Kaiserin Chacole und deutete mit weit ausholenden Gesten auf die luxuriöse Ausstattung des Frauenflügels.
Chacole war eine üppige Cynesganerin Mitte dreißig. Sie sprach mit dem müßigen Tonfall der unzufriedenen, gelangweilten Ehefrau, doch ihre Augen blickten hart und verschlagen, als sie Elysoun betrachtete.
Elysoun zuckte die Schultern. »Ich hatte nie Schwierigkeiten, zu kommen und zu gehen, wann ich wollte.«
»Aber nur, weil Ihr Valesianerin seid«, warf Kaiserin Torellia unmutig ein. »Euch macht man Zugeständnisse, uns anderen hingegen nicht. Das halte ich nicht für gerecht.«
Wieder zuckte Elysoun die Schultern. »Gerecht oder nicht – es ist so üblich.« »Warum solltet Ihr mehr Freiheiten haben als wir anderen?« »Weil ich größere gesellschaftliche Verpflichtungen habe.«
»Gibt es denn im Kaiserinnenflügel nicht genug Männer für Euch?«
»Nicht so gehässig, Torellia. Ihr wärt jung genug, um Euch
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