Tamuli 3 - Das Verborgene Land
stemmte sich ein wenig höher auf die Ellbogen. »Ich glaube, das da drüben, hinter dem Karawanenpfad, ist die Salzebene.«
»Sobald der Mond aufgegangen ist, werden wir es erkennen«, erwiderte sie. »Hast du von Aphrael gehört?«
»Schon, aber ich werde nicht schlau daraus. Die Echos sind sehr verwirrend, wenn sie an zwei Orten zugleich ist. Soweit ich es deuten kann, spitzt die Lage in Matherion sich zu. Und noch etwas – sie und Sperber schwimmen.« »Schwimmen? Das hier ist eine Wüste, Sephrenia!«
»Das ist mir nicht entgangen. Sie fanden jedenfalls irgendwas, worin sie schwimmen.« Sie hielt kurz inne. »Kann Kalten eigentlich schwimmen?«
»Er planscht ziemlich unbeholfen herum. Aber es gelingt ihm so einigermaßen, sich durchs Wasser zu bewegen. Ein anmutiger Anblick ist es jedenfalls nicht. Warum fragst du?«
»Aphrael hat ein Problem mit ihm … ein Problem, das mit Schwimmen zu tun hat.
Komm, kehren wir zu den anderen zurück, Liebster. Schon der Anblick dieser Sklavenhändler bringt mein Blut in Wallung.«
Sie glitten den kiesigen Hügel wieder hinunter und schritten eine schmale Klamm entlang zu ihren gepanzerten Soldaten.
Der Cyriniker, Ritter Launesse, stand sichtlich eingeschüchtert neben einer wohlbeleibten, kunstvoll gelockten Person mit buschigen Augenbrauen, wuchtigen Schultern und von geradezu furchteinflößender Erhabenheit.
»Sephrenia!« donnerte das offensichtlich nichtmenschliche Wesen mit einer Stimme, die wahrscheinlich noch in Thalesien zu hören war. »Schön, dich wiederzusehen!« »Schön, dich wiederzusehen, Gott Romalic«, säuselte Sephrenia mit dem Anflug eines Lächelns.
»Liebes«, murmelte Vanion, »bitte ihn, die Stimme zu senken.«
»Außer uns kann niemand ihn hören«, entgegnete Sephrenia. »Die Götter reden laut – doch nur zu bestimmten Ohren.«
»Deine Schwester läßt dir Grüße ausrichten«, verkündete Romalic mit Donnerstimme.
»Zu gütig, daß du sie mir überbringst, Gott Romalic.«
»Lassen wir Güte und Höflichkeit einmal beiseite, Sephrenia«, donnerte der massige Gott und strich sich mit gewaltigen Fingern durch den Bart. »Bist du nun bereit, uns allen zu dienen und deinen dir geziemenden Platz einzunehmen?«
»Ich bin unwürdig, Gott Romalic«, erwiderte sie bescheiden. »Gewiß gibt es weisere und besser geeignete Anwärter.«
»Worum geht es?« fragte Vanion.
»Oh, die Sache zieht sich schon lange hin, Liebster«, antwortete sie. »Ich weiche der Entscheidung seit Jahrhunderten aus. Aber Romalic muß es natürlich immer wieder zur Sprache bringen.«
Da fiel es Vanion wie Schuppen von den Augen.
»Sephrenia!« stieß er hervor. »Sie wollen dich als Oberpriesterin haben, stimmt's?« »Es geht mehr um Aphrael, Vanion, weniger um mich. Die Götter hoffen, sie brauchen sich nicht mehr mit ihr auseinanderzusetzen, wenn sie mir dieses Angebot machen. Ich lege gar keinen Wert auf diesen Titel, und sie wollen ihn mir auch nicht wirklich geben. Aber sie haben Angst vor Aphrael, und auf diese Weise versuchen die Götter, sie zu besänftigen.«
»Aphrael mahnt euch zur Eile!« grollte Romalic nun. »Im Morgengrauen müßt ihr allesamt vor den Toren Cyrgas sein, denn dies ist die Nacht der Entscheidung, da wir Cyrgon und sogar Klæl gegenübertreten und sie, so hoffen wir, besiegen werden. In diesem selben Moment bewegt Anakha sich geistgleich durch die Straßen der Verborgenen Stadt, seiner Bestimmung entgegen. Laßt uns eilen!« Er hob die Stimme und donnerte: »Auf nach Cyrga!« »Ist er immer so?« flüsterte Vanion.
»Romalic?« fragte Sephrenia. »O ja. Paßt er nicht wunderbar zu den cyrinischen Ordensrittern. Komm, mein Liebster. Eilen wir nach Cyrga!«
Schwache Lichter zuckten hoch am Himmel, doch das Becken lag in tiefer Dunkelheit, als Sperber auftauchte und endlich wieder tief aus- und einatmen konnte. »Kalten!« hörte er Aphrael. »Wach auf!« Ein Schreckensschrei ertönte, dann ein wildes Platschen.
»Oh, hör auf!« wies die Göttin Sperbers Freund zurecht. »Es ist überstanden, und du bist großartig durchgekommen! – Xanetia-Liebes, dürften wir ein bißchen Licht haben?«
»Selbstverständlich, Göttin Aphrael.« Das Gesicht der Anarae begann zu glühen. »Sind wir alle hier?« erkundigte Aphrael sich leise und schaute sich um. Als Xanetias Leuchten allmählich stärker wurde, sah Sperber, daß die Göttin in scheinbar nur hüfthohem Wasser stand, und daß sie Kalten an seinem Kittel am Nacken hochhielt. »Sperber,
Weitere Kostenlose Bücher