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Tamuli 3 - Das Verborgene Land

Tamuli 3 - Das Verborgene Land

Titel: Tamuli 3 - Das Verborgene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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über die Welt wird in meinen Händen liegen, und Ungehorsam wird mit dem Tode bestraft!«
    Ehlana erschauerte, während er weiter in irrsinnigen Phantastereien schwelgte. Und wieder kam er zu ihr, als die feuchte Nacht sich über ihr schlammiges Waldlager senkte, angelockt und gefesselt von einem Hunger, ja, einer Gier, die er nicht im Zaum zu halten vermochte. Es war abstoßend, doch Ehlana wußte, daß gerade ihre Vertrautheit mit den traditionellen Hofzeremonien ihr eine enorme Macht über ihn verlieh. Sein Geltungsbedürfnis war unersättlich, und nur sie konnte es stillen. Hier war Scarpas schwache Stelle, hier hatte sie Macht über ihn – eine Macht, die ihr Kraft und Selbstvertrauen schenkte. Ja, sie fand sogar Gefallen daran, während Krager und die anderen sich in verängstigtem Abscheu zurückzogen.
    »Neun Gemahlinnen, sagst du?« Scarpas Stimme klang beinahe flehend, als er fortfuhr: »Warum nicht neunzig? Warum nicht neunhundert?«
    »So ist es Tradition, Freiherr Scarpa. Der Grund dafür dürfte offensichtlich sein.« »Oh, natürlich, natürlich.« Er grübelte mit finsterem Gesicht darüber nach. »Ich werde neuntausend haben!« erklärte er. »Und wenn ich mit ihnen fertig bin, überlasse ich sie meinen treuen Soldaten! Keine Frau soll es wagen, sich einzubilden, daß meine Gunst ihr auch nur die geringste Macht verliehe! Alle Frauen sind Huren! Ich werde sie kaufen und wegwerfen, sobald ich ihrer müde bin!« Seine Augen quollen schier aus dem Kopf, und er starrte ins Lagerfeuer. Die flackernden Flammen, die sich in diesen Augen spiegelten, schienen zu lodern und zu brodeln wie der Wahnsinn dieses Mannes.
    Er lehnte sich vor und legte Ehlana verschwörerisch eine Hand auf den Arm. »Ich sah, was andere zu dumm sind zu sehen«, vertraute er ihr an. »Andere schauen, sehen jedoch nicht – aber ich sehe! O ja, ich sehe sehr gut. Sie stecken alle unter einer Decke, weißt du – alle! Sie haben mich immer beobachtet. Ich kann mich ihren Blicken nicht entziehen – sie beobachten, beobachten, beobachten – und reden, reden, reden hinter vorgehaltenen Händen, und hauchen einander ihren zimtgewürzten Atem ins Gesicht. Alle sind sie widerlich und verderbt – und alle haben sich gegen mich verschworen! Alle wollen mich zu Fall bringen! Ihre Augen – so sanft und verborgen, verschleiert von den Wimpern, welche die Dolche ihres Hasses verstecken – sie beobachten und beobachten mich.« Seine Stimme wurde immer leiser. »Und sie reden hinter vorgehaltenen Händen, damit ich nicht hören kann, was sie sagen. Sie wispern. Ich höre es ständig. Ich höre das säuselnde Zischeln ihres endlosen Wisperns. Ihre Blicke folgen mir, wohin ich auch gehe – genau wie ihr Lachen und ihr Wispern. Ich höre das Zischeln, Zischeln ihres Wisperns – des endlosen Wisperns –, immer mein Name – Ssscar-pa, Ssscar-pa. Wieder und wieder zischelt er in meinen Ohren. Sie wiegen ihre vollen Hüften und rollen die schwarz umrandeten Augen. Sie intrigieren und schmieden Ränke mit ihrem endlosen, säuselnden Wispern, stets auf der Suche nach neuen Möglichkeiten, mir weh zu tun, mich zu erniedrigen.« Die Augen mit dem blaugetönten Weiß quollen aus den Höhlen, und an seinen Lippen und dem Bart klebten Spritzer seines Speichels. »Ich war nichts. Sie haben mich zu einem Nichts gemacht. Sie nannten mich Selgas Bastard und schenkten mir Kupferstücke, damit ich sie zu den Betten meiner Mutter und meiner Schwestern führe, und sie schlugen mich und spuckten mich an und lachten mich aus, wenn ich weinte, und sie gierten nach meiner Mutter und meinen Schwestern, und rings um mich war das Zischeln in meinen Ohren – und ich konnte ihn auch riechen – diesen süßen, widerlichen Gestank verderbten Fleisches und schaler Lust, der aus ihren feuchten, kloakengleichen Mündern quoll und wisperte …«
    Plötzlich füllten sich seine von Wahnsinn gezeichneten Augen mit schrecklicher Angst. Er wich vor Ehlana zurück, stürzte und preßte das Gesicht in den Schlamm. »Bitte, Mutter!« wimmerte er. »Ich war's nicht! Silbie hat's getan! Bitte, sperr mich nicht wieder da drinnen ein! Bitte, nicht im Dunkeln! Bitte-bitte-bitte nicht im Dunkeln! Nicht im Dunkeln!« Er plagte sich auf die Füße und floh in den Wald und sein »Bittebitte-bitte« hallte wider und wider, bis es schließlich erstarb.
    Plötzlich überwältigte ein schmerzhaftes, unerträgliches Mitleid Ehlana. Sie senkte den Kopf und weinte.
    Zalasta wartete in Natayos auf

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