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Tamuli 3 - Das Verborgene Land

Tamuli 3 - Das Verborgene Land

Titel: Tamuli 3 - Das Verborgene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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Konfrontation war unausbleiblich, und es drängte ihn danach, sie hinter sich zu bringen.
    »Wie kannst du nur so geduldig sein?« fragte er Khalad eines Nachmittags, als der Seewind besonders kalt und feucht war.
    »Ich bin Bauer«, antwortete Khalad und kratzte sich am kurzen schwarzen Bart. »Die Pflanzen brauchen Zeit, zu wachsen und zu reifen, da erwartet man nicht, daß sich über Nacht etwas daran ändert.«
    »Ich habe nie darüber nachgedacht, wie es sein muß, stillzusitzen und auf die Ernte zu warten.«
    »Stillsitzen gibt es für einen Bauern nicht«, entgegnete Khalad. »Stets gibt es mehr zu tun, als der Tag Stunden hat. Und sollte man sich wirklich einmal langweilen, kann man ja den Himmel beobachten. Ein plötzlicher Hagelsturm oder anhaltende Trockenheit kann die ganze Arbeit eines Jahres vernichten.«
    »Auch daran hab' ich nie gedacht«, erwiderte Berit nachdenklich. »Deshalb kannst du das Wetter so gut vorhersehen, nicht wahr?«
»Es hilft.«
    »Aber es ist mehr als bloß das Wetter. Anscheinend weißt du, was um dich herum vorgeht. Als wir uns auf dem Floßausleger befanden, hast du die kleinste Veränderung seiner Bewegungen immer sofort bemerkt.«
    »Man muß halt ständig alle Sinne beisammenhaben, Herr Ritter. Die Welt um dich herum schreit pausenlos auf dich ein, aber die meisten Menschen hören es offenbar nicht. Das verwundert mich ehrlich. Ich verstehe nicht, wie Euch so viel entgehen kann.«
    Berit war ein wenig gekränkt. »Ach, ja? Und was schreit die Welt dir jetzt zu, das ich nicht hören kann?«
    »Sie sagt mir, daß wir für heute nacht einen einigermaßen festen Unterschlupf brauchen. Ein Sturm kommt auf.«
»Woraus schließt du das?«
Khalad wies mit der Hand. »Seht Ihr diese Möwen?«
»Ja. Aber was haben die damit zu tun?«
Khalad seufzte. »Was fressen Möwen?«
»So gut wie alles. Aber hauptsächlich Fisch, nehme ich an.«
    »Warum fliegen sie dann landeinwärts? Auf festem Boden werden sie wohl kaum viele Fische finden, stimmt's? Sie haben da draußen in der Bucht irgendwas bemerkt, das ihnen nicht gefällt, und davor fliehen sie. Und Möwen fürchten sich praktisch nur vor einem Sturmwind und hohen Brechern, die damit einhergehen. Da draußen tobt ein Sturm, und er zieht hierher. Das schreit die Welt mir momentan zu.« »Dann ist es im Grunde genommen nur gesunder Menschenverstand, nicht wahr?« »In der Hauptsache, Sperber – gesunder Menschenverstand und Erfahrung.« Khalad lächelte leicht. »Ich kann immer noch fühlen, daß Kragers Styriker uns da draußen beobachtet. Wenn er ebenso wenig hört und sieht wie Ihr, steht ihm eine schlimme Nacht bevor.«
    Berit grinste ein wenig boshaft. »Ich kann nicht behaupten, daß es mir leid tut.«

    Die Aussiedlung war größer als ein Dorf, aber nicht groß genug, als daß man sie Städtchen hätte nennen können. Es gab drei Straßen und mindestens sechs mehrstöckige Häuser. Die Straßen waren allerdings nicht gepflastert, und die freilaufenden Schweine suhlten sich im Schlamm. Zwischen den aus Holz erbauten und mit Schilfrohr gedeckten Häusern befand sich ein Gasthof, vor dem zwei klapprige Wagen mit mißgelaunten Maultieren standen. Ulath zügelte den müden alten Gaul, den er in dem Fischerdorf erstanden hatte. »Was meinst du?« fragte er seinen Freund.
    »Ich dachte schon, du würdest nie auf die Idee kommen«, brummte Tynian. »Gut, dann nehmen wir uns hier ein Zimmer. Es ist ohnehin schon später Nachmittag, und ich bin es leid, auf nacktem Boden zu schlafen. Außerdem brauche ich dringend ein Bad.«
    Tynian blickte auf die Gipfel der Tamulischen Berge, die sich im Westen scharf vom dämmernden Himmel abzeichneten. »Ich weiß, daß wir uns und den Pferden ein paar Stunden Ruhe gönnen müssen. Aber ich hasse den Gedanken, die Trolle warten zu lassen, Ulath«, sagte er scheinbar ernst.
    »Es ist ja nicht so, als hätten wir einen bestimmten Zeitpunkt mit ihnen vereinbart. Trolle würden es nicht einmal bemerken. Sie haben kein ausgeprägtes Zeitgefühl.« Die Gefährten ritten in den Hof, banden ihre Pferde an ein Geländer vor den Stallungen, und gingen ins Gasthaus.
    »Wir brauchen ein Zimmer«, sagte Ulath auf tamulisch mit starkem Akzent. Der Wirt war ein Männchen mit unstetem Blick. Er schätzte die neuen Gäste rasch ab. Sein Gesicht verzog sich abfällig, als er die zusammengestückelte Uniform bemerkte. Aus mehreren guten Gründen waren Soldaten in ländlichen Gegenden für gewöhnlich nicht gern gesehen.

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