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Tangenten

Tangenten

Titel: Tangenten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Prämien stiegen derart, daß ich die Zahlungen nicht mehr leisten konnte und schließlich haben sie mir den Truck abgenommen.«
    »Du hättest ohne Versicherung weitermachen können.«
    »Ich nicht«, sagte ich. »Auf jeden Fall gab es schlechtes Gerede. Keine Gesellschaft wollte mich anheuern. Ich ging zur Firma, um zu sehen, ob die helfen könnte. Sie sagten mir, ich wäre in einer Sackgasse, entweder aus dem Trucker-Gewerbe aussteigen oder…« Ich zuckte die Achseln. »Das hier. Ich konnte das Trucking-Ding nicht sausen lassen. Es ist schwierig dort draußen, Arbeit zu kriegen. Viele Arbeitslose. Konnte mir nicht vorstellen, mich in einer großen Stadt durchzuschlagen.«
    »Nein, Mann«, sagte Bill und wiederholte sein Ganzkörpernicken. Er lachte verständnisvoll auf.
    »Sie gaben mir einen Vorschuß, genug für eine Anzahlung auf meinen Schlepper.« Der Truck mahlte etwas, hielt aber durch. Über die Berge hinweg, durch einen wirklich beeindruckenden Paß, der wie eine alte Einkerbung wirkte, und ein steinbedecktes Tal hinab lag die Stadt. Ich liefere meine Fracht ab, hol mir meine Quittung und bringe den Schlepper (mit Bill) zurück nach Baker. Parke ihn im Hof neben meiner Hütte, nachdem ich Bill an einem vernünftigen Ort abgesetzt habe.
    Etwas schlafen.
    Am nächsten Montag wieder anfangen, zwei Ladungen in der Woche.
    »Ich denke nicht, daß es gut ist, weiterzufahren«, sagte Bill. »Ich stoppe einen anderen Schlepper, frage etwas herum.«
    »Tja, ich würde mich besser fühlen, wenn du mit mir zurück, hier raus, fahren würdest. Willst du meinen Rat?« Schlechte Angewohnheit. »Geh nach Hause…«
    »Nein«, sagte Bill. »Dank dir jedenfalls. Ich kann nicht nach Hause. Nicht ohne Sherill. Sie gehört nicht hierher.« Er holte tief Luft. »Ich werde versuchen, einen Handel abzuschließen. Ich bleibe, sie geht zur Hochstraße. Das ist die Art, in der hier unten gespielt wird, nicht wahr?«
    Ich sagte ihm nichts Gegenteiliges. Ich war mir nicht sicher, ob er nicht recht hatte. Er war so weit gekommen. Am Sattelpunkt des Passes fuhr ich den Schlepper zur Seite und ließ ihn aussteigen. Er winkte mir zu, ich winkte zurück und wir gingen unserer verschiedenen Wege.
    Armer, schäbiger, dopender Hurensohn. Ich hatte mein Leben auf einige verschiedene Arten vermasselt – drei Frauen, Suff, drei Jahre in Tehachapi –, aber ich hatte nie mit Dope zu schaffen gehabt. Ich fühlte mich selbstgerecht – nur weil ich dem Kerl zugehört hatte. Um die Wahrheit zu sagen, war ich froh, ihn los zu sein.
    Die Stadt sieht einem Landstrich mit vielen großen weißen Kathedralen ähnlich. Ihr Charakter war ganz entgegen ihrer Bestimmung. Hohe Mauern als Begrenzung, so weit das Auge reichte. Kein Horizont, aber ein Fluchtpunkt – die Mauer sah aus, wie eine endlose, auf der Seite liegende Autobahn. Als ich den Track für die Abfahrt runterschaltete wurde der Lärm in den Anhängern wieder lästig. Ich nehme an, sie können, wie Schweine, die auf den Mann mit dem Messer zutreten, riechen, was auf sie zukommt.
    Ich fuhr in den Entladungsterminal und bugsierte die Anhänger hoch zum Rückhaltepferch. Angestellte ließen die Gatter herunter und benutzten eine komische Art von Spornen, um sie anzutreiben. Diese Leute waren vergangene Sterbliche.
    Angestellte kuppelten den ersten Anhänger ab, und ich bugsierte den zweiten hinein.
    Ich sprang aus der Kabine, und ein Angestellter kam zu mir, ein großer Typ mit roten Augen und brandneuem Overall. »Gute Ladung diesmal?« fragte er. Sein Atem roch nach einem gerade vertilgten Kohl-, Bohnen- und Knoblauch-Essen.
    Ich schüttelte den Kopf und hielt meine Zigarette zum Anzünden hoch. Er preßte seinen Fingernagel an ihre Spitze. Die Spitze flammte auf und brannte zu einer stetigen Glut herunter. Er schaute sie sich mit purer Freude an.
    »Hör zu«, sagte ich. »Ist jemand namens Sherill hier durchgekommen?«
    »Wer fragt?« murrte er, noch immer die Zigarette beäugend. Er begann langsam zu tänzeln.
    »Reine Neugier. Habe gehört, ihr Jungs kennt alle Namen.«
    »So?« Er hielt inne. Er mußte umhergehen, sonst würden seine Schuhe den Asphalt schmelzen lassen und steckenbleiben. Er kam zurück und blieb stehen, hob einen Fuß an, drehte ihn etwas, stellte ihn wieder ab und hob den anderen an.
    »So«, sagte ich genauso sinnig.
    »Wie Cherry mit einem L?«
    »Nein. Sherill, wie Sheriff, aber mit zwei L.«
    »Ein paar Cheryls. Keine Sherills«, sagte er. »Jetzt…«
    Ich gab ihm

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