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Tangenten

Tangenten

Titel: Tangenten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Stadt namens Shoshone wieder. Ich stellte meinen Truck auf dem Parkplatz des Cafes ab. Es war kalt, und ich ließ den Motor laufen. Es war etwa elf Uhr morgens, und das Cafe war halb gefüllt. Ich setzte mich an die Theke neben einen alten Mann mit vielleicht noch vier Zähnen im Mund, der sein französisches Toast mit ausgesprochen feierlicher Würde in Angriff nahm. Ich bestellte Eier, Bratkartoffeln mit Speck und Saft, aß schnell und ging zurück zu meinem Truck.
    Bill stand neben der Kabine. Neben ihm stand eine ungeschlachte junge Frau mit einem Gesicht wie eine Bulldogge. Sie war in einschmutziges Stück karierten Stoffes eingepackt, das sie irgendwo von einer Müllkippe geschnappt haben mochte. »He«, sagte Bill. »Erkennst du mich?«
    »Klar.«
    »Hab dich einparken sehen. Ich dachte, du würdest gern wissen… Das ist Sherill. Ich habe sie da herausgekriegt.« Die Frau starrte mich mit dem Ausdruck eines Klotzes an. »Alles bekloppt. Wie ein Versagen der Macht oder sowas. Wir sind nur die Straße entlanggegangen und niemand hat uns aufgehalten.«
    Sherill mochte jede Menge Seltsamkeiten hinter ihrem enormen Anblick verstecken und vom gewöhnlichen Volk unbemerkt umherwandern. Aber ich hatte nicht die geringste Schwierigkeit, ihren größten Makel zu erkennen: sie war tot. Bill hatte sie aus der Hölle geholt. Ich blickte mich um, wollte mich vergewissern, daß ich in der Welt war. Ich war. Er log nicht. Etwas Ernstes hatte sich auf der Tiefstraße ereignet.
    »Schwierigkeiten?« fragte ich.
    »Viele.« Er grinste mich an. »Pan-dämon-ium.« Sein Grinsen wurde breiter.
    »Das kann nicht passieren«, sagte ich. Sherill zitterte, hörte meine Stimme.
    »Er ist ein Fahrer, Bill«, sagte sie. »Er ist einer von denen, die uns hinbringen. Wir sollten von hier abhauen.« Sie hatte diese seelen-gebrandmarkte Atmosphäre um sich und den Anblick eines Schweins, das gerade dem Schlachter entronnen war und ihm wieder gegenüberstand. Sie wich einige Schritte zurück. Völlerei, dachte ich. Völlerei und verborgene Wollust und eine wirklich häßliche Art, das Leben zu betrachten, das innere Auge brachte wegen ihrer massigen Gestalt alles aus der Form.
    Bill hatte nicht viel mit ihrem Ende auf der Tiefstraße zu tun gehabt.
    »Erzähl mir mehr«, sagte ich.
    »Leute laufen da unten überall herum, verkriechen sich in diesen Orten, Teufel verfolgen sie…«
    »Angestellte«, berichtigte ich.
    »Yeah. Wie auch immer.«
    Sherill zerrte an seinem Arm. »Wir müssen los, Bill.«
    »Wir müssen los«, wiederholte er. »He, Mann, danke Ich habe sie gefunden!« Er nickte sein Ganzkörpernicker und sie machten sich die Straße entlang davon, Sherills karierter Umhang schleifte im Schmutz.
    Ich fuhr zurück nach Baker und fragte mich, ob die Schwierigkeiten der Grund dafür waren, daß ich du Umleitung durch Shoshone nehmen mußte. Ich parkte vor meinem kleinen Haus, setzte mich, während es dunkel wurde, drinnen mit einem Bier hin und checkte meinen Kalender für die Fuhre des nächsten Tages ab und fühlte mich sehr kalt. Ich kann ziemlich viel Übernatürliches vertragen, aber nun quollen die Dinge über, verwischten die klar gezogene Linie zwischen meiner Arbeit und der Welt. Am nächsten Tag war ich für den Annex eingeplant, um eine neue Ladung zu übernehmen.
    Niemand rief diesen Abend an. Wenn es Schwierigkeiten auf der Tiefstraße gab, würde mich die Firma es wissen lassen, dachte ich.
     
    Ich fuhr früh am Morgen zum Annex. Der Übergang von der Welt zur Tiefstraße war normal; ich folgte der Route und der Himmel veränderte sich von Blau zur Farbe von Lötzinn, und ich war auf der ersten Etappe zum Annex. Ich bugsierte den hinteren Anhänger rauf zum Hoftor und koppelte ihn ab. Dann plazierte ich den vorderen Anhänger an einer Rampe, während ich die Ohren spitzte, um interessante Unterhaltungen aufzuschnappen.
    Die Angestellten, die im Annex arbeiteten, sahen menschlich aus. Ich nahm meinen Lieferschein von einem rotgesichtigen alten Typ mit Augen wie Billardbällen entgegen und blickte ihn an, als wüßte ich bereits alles, müßte aber auf den neuesten Stand gebracht werden. Er spuckte Raucherspeichel auf den Bürgersteig, erwiderte schräg meinen Blick und sagte nichts. Vielleicht war alles in Ordnung. Ich koppelte beide beladenen Hänger an und fuhr raus.
    Ich hatte Sherill und Bill nicht einmal erwähnt. Wie in den meisten anderen Jobs, ist es ein guter Grundsatz, den Mund zu halten. Das, und sich niemals

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