Tangenten
die Druckluftbremsen zischten und quietschten, als ich sie mit meinem Fuß bediente.
Der Halbautomatik wurde langsamer, und aus dem großen Dieselmotor drang dieser tief von innen kommende Dinosaurieraufstoß, der einen erschaudern ließ. Als alles zum Stillstand gekommen war, lehnte ich mich quer durch die Kabine und öffnete die Tür.
»Wohin willst du?« fragte ich.
Er lachte und schüttelte den Kopf. Dann spuckte er über die Schulter. »Ich weiß nicht«, sagte er. »Hölle vielleicht.« Er war schmächtig, hatte langes, fettiges Haar, trug Bluejeans und eine Weste. Sein Strohhut war dreckig und voller Löcher, aber die Federn im Band waren hell und sahen neu aus; Fasan, wenn ich es beurteilen sollte. Eine Goldkette hing von der Weste in seine Tasche hinab. Er trug alte Boots mit aufgerichteten Zehen und Sohlen, die dünner waren als mein runderneuerter Reservereifen. Er sah ganz so aus wie ich, als ich per Anhalter aus Fresno fort war, arbeitslos und pleite, auf der Suche nach Arbeit.
»Kann ich dich dahin mitnehmen?« fragte ich.
»Klar.« Er kletterte herein, zog die Tür hinter sich zu, nahm ein Tuch und wischte sich die Stirn. Dann schneuzte er sich seine lange Nase und starrte mich mit blutunterlaufenen, schlaflosen Augen an. »Was transportierst du denn?« fragte er.
»Seelen«, sagte ich. »Eine ganze Scheißladung davon.«
»Welcher Art?« Er war jung, nicht älter als fünfundzwanzig. Er wollte gleichgültig klingen, aber ich konnte seine Nervosität heraushören.
»Gewöhnliche«, sagte ich. »Menschlich. Einige Hare Krishnas diesmal. Ich schau gar nicht mehr so genau hin.«
Ich brachte den Truck wieder auf den Weg und fragte mich, ob der Motor wirklich in so schlechter Verfassung war, wie er sich anhörte. Als unsere Geschwindigkeit hundertdreißig, hundertvierzig erreicht hatte – keine Smokies auf dieser Straße – fragte er: »Wie lange bist du schon auf Beutezug?«
»Zwei Jahre.«
»Gute Bezahlung?«
»Es reicht.«
»Benefize?«
»Union, wie jeder andere auch.«
»Ich habe davon gehört«, sagte er. »Auf dem kleinen Schuttabladeplatz drei Kilometer hinter uns.«
»Leben da Leute?« fragte ich. Ich hatte nicht gedacht, daß überhaupt irgend etwas an der Straße leben würde.
»Yeah. Richtig heruntergekommenes Volk. Sie sagen, LKW-Fahrer-Bosse werden in Limousinen verfrachtet, wenn sie gestorben sind.«
»Ich denke, eigentlich ist es egal, wie man dahin kommt. Der Trip ist kurz, und ewig eine lange Zeit.«
»Dahinzukommen ist der ganze Spaß?« fragte er und versuchte ein Grinsen. Ich zeigte ihm ein flaches.
»Was machst du hier draußen?« fragte ich einige Minuten später. »Du bist nicht tot, oder?« Ich hatte noch nie von toten Leuten gehört, die frei herumliefen oder so vital aussahen wie er. Aber ich konnte mir auch niemand anderes auf der Straße vorstellen. Tote Leute – und Fahrer.
»Nein«, sagte er. Für eine Weile schwieg er. Dann, langsam, als wäre er verlegen: »Ich kam, um meine Frau zu suchen.«
»Yeah?« Mich überraschte nicht viel, aber dies war eine neue Wendung. »Du weiß doch, es gibt kein Zurück.«
»Ihr Name ist Sherill, ausgesprochen wie Sheriff, aber mit Doppel-L.«
»Hast du ’ne Zigarette?« fragte ich. Ich rauchte nicht, aber ich konnte sie später gebrauchen. Er gab mir seine drei letzten in einer knitterfreien Packung, nicht nur eine, sondern alle drei und sagte nichts.
»Habe nicht von ihr gehört«, sagte ich. »Aber gewöhnlich unterhalte ich mich auch nicht mit allen, die ich transportiere. Und es gibt viele Trucks, viele Fahrer.«
»Ich weiß«, sagte er. »Aber ich habe von diesen Benefize gehört.«
Er hatte eine verrückte Art von traurigem Blick, wenn er mich ansah. Das machte mich ärgerlich. Ich spannte meine Kiefer und starrte nach vorn.
»Du weißt«, sagte er, »hinten in der Stadt erzählen sie sich verrückte Geschichten. Darüber, wie sie alte Züge aus China und Indien nutzen. Und in Rußland gibt es eine Trambahn. In Mexiko sind es alte Busse – entlang der Straße, immer in der Nacht…«
»Hör zu. Ich brauche all die Benefize nicht«, sagte ich. »Ich weiß, einige brauchen sie, aber ich nicht.«
»Klar, ich verstehe schon«, sagte er und nickte das übertriebene, gottverdammte Nicken der Jugend – sein Hals und die Schultern bewegten sich gemeinsam, alles in Ordnung, alles cool.
»Wie willst du sie finden?« fragte ich.
»Keine Ahnung. Die Straße absuchen, die Fahrer fragen.«
»Wie bist du
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