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Tangenten

Tangenten

Titel: Tangenten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Oscar. »Einfacher Kontakt reicht bereits für die Weitergabe von einem Überträger zum anderen aus.«
    Fauch holte einen Taschenrechner hervor. »Wenn wir annehmen, daß fünf Menschen pro Tag ausgesetzt sind und sie weitere fünf Personen infizieren… Jesus Christus. Jeder auf der Erde könnte bereits infiziert sein.«
    »Warum hast du das getan, Marty?« fragte Frederik.
    »Wenn die Menschheit mit nichts Besserem als einer solch unbefriedigenden Theorie herauskommen kann, um das Universum zu erklären, dann sollten wir gewillt sein, nach unserem Glauben an diese Theorie zu leben oder zu sterben.«
    »Ich verstehe dich nicht«, sagte Frederik.
    »Du weißt es genausogut wie ich. Oscar, gibt es irgendeinen Weg, um eine Kontamination mit dem Virus festzustellen?«
    »Keinen. Marty, das Virus war ein Versehen – für jedermann unnütz. Selbst meine Notizen sollten vernichtet werden.«
    »Für mich waren sie nicht unnütz. Aber das ist jetzt ohnehin unwichtig. Frederik, was ich sagen will, ist dies: nach der Theorie ist bisher noch nichts entschieden. Der Kern mag oder er mag nicht zerfallen sein – es ist noch nicht entschieden. Wir könnten eine bessere Chance als fünfzig zu fünfzig haben – wenn wir wirklich an die Theorie glauben.«
    Parkes stand auf und blickte aus dem Fenster. »Du hättest gründlicher vorgehen sollen, Marty. Du hättest diese Dinge vollständiger recherchieren sollen.«
    »Warum?«
    »Weil ich hypochondrisch bin, du Bastard. Ich mache schwere Zeiten durch, bis ich herausgefunden habe, ob ich krank bin oder gesund.«
    »Was hat das mit alldem zu tun?« fragte Oscar.
    Frederik lehnte sich vor. »Das Quantenereignis steht bisher noch nicht fest. Was Marty andeutet, ist, daß die Messung, die es in den einen oder den anderen Zustand schnippen läßt, unsere Krankheit oder unsere Gesundheit ist, von jetzt an bis in ungefähr dreihundert Tagen.«
    Ich nahm die Kette der Begründungen auf. »Parkes ist ein Hypochonder. Wenn er glaubt, krank zu sein, läßt dies das Ereignis zur Gewißheit werden. Es würde den Zerfall festlegen…« Mein Kopf fing an zu schmerzen. »Selbst nachdem das Teilchen zerstört wurde und alle anderen Aufzeichnungen auch?«
    »Wenn er wirklich glaubt, krank zu sein«, sagte Marty. »Oder wenn irgend jemand von uns das wirklich glaubt. Oder wenn wir tatsächlich krank werden. Ich bin nicht sicher, daß es in diesem Fall einen wirklichen Unterschied gibt.«
    »Also setzt du die gesamte Welt aufs Spiel…« begann Fauch und fing an zu lachen. »Das ist ein teuflischer Scherz, Martin. Du kannst jetzt damit aufhören.«
    »Er scherzt nicht«, sagte Oscar und hielt die Phiole hoch. »Das ist meine Handschrift auf dem Etikett.«
    »Ist es nicht ein wundervolles Experiment?« fragte Marty. »Es bestimmt so viele Dinge. Es sagt uns, ob unsere Theorie der Quantenereignisse richtig ist. Es gibt uns Auskunft über die Rolle des Bewußtseins hinsichtlich der Festlegung des Universums und, in Parkes Fall…«
    »Schluß damit!« rief Oscar. An diesem Punkt mußten wir den Biologen zurückhalten, sonst hätte er den lachend zurücktänzelnden Marty angegriffen.
     
    17. Mai 1981
    Heute versammelten wir uns alle – außer Marty. Frederik und Parkes präsentierten dokumentierte Beweise, um die Gültigkeit der Quantentheorie zu stützen und, verdreht genug, die Gültigkeit von Martys Experiment ebenfalls. Der Beweis war beeindruckend, aber ich bin nicht überzeugt. Dennoch war es eine Marathonsitzung, und wir wußten nun mehr über die seltsame Welt der Quantenphysik, als wir wissen wollten.
    Die Physiker – und Fauch und Oscar, der dieser Tage sehr ruhig ist – sind restlos überzeugt, daß Martys Kern in einem unbestimmten Zustand ist – oder war – und das alle Kausalzusammenhänge, die zur potentiellen Freisetzung der RhinoVirusmutation führen, ebenfalls im Zustand des Oszillierens sind. Ob die menschliche Rasse leben oder sterben wird, ist bisher noch nicht entschieden.
    Und Parkes ist gleichermaßen davon überzeugt, daß er, sobald die Vermehrungsperiode vorüber ist, Symptome bekommt und spüren wird – wie irrational auch immer –, daß er sich die Krankheit zugezogen hat. Wir können ihn nicht davon abbringen.
    In einer Hinsicht waren wir sehr dumm. Wir ließen Oscar die Symptome der Krankheit beschreiben – die ersten Anzeichen. Wenn wir die Dinge gewissenhafter durchdacht hätten, hätten wir diese Information zurückgehalten, wenigstens vor Parkes. Aber da Oscar

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