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Tangenten

Tangenten

Titel: Tangenten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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waren von ihren Eltern derart entworfen worden, daß sie sich physisch und mental für eine Weltraum-Karriere qualifizierten. Einige waren mit Biochemien ausgerüstet worden, deren eine in der Erdschwere aktiv wurde, die andere im Raum. Wie konnte ein NG damit konkurrieren?
    Von den siebenhundert Jugendlichen in den Trainingsprogrammen ihrer Highschool war Letitia Blakely eine von zehn NGs – Besitzerin von natürlichen, unveränderten Genomen. Jeder andere war stolzer Besitzer frisierter Gene, VEKs oder Vorher-Entworfene Kinder. Sie alle waren reizend und ausgeglichen mit genau der angemessenen Anhäufung von Fettpolstern und genau der angemessenen Einflößung elterlicher Charakteristiken und ausgewählten Zügen, um hübsch und unterschiedlich zu sein – groß, gesund, zu bändigendes Haar, unbefleckte Haut, wohlangepaßt (außer dem gelegentlich auftretenden Blitzen), mit warmherzigen und heiteren Persönlichkeiten. Der alte, herabwürdigende Slangausdruck für VEKs war RK – Rekombiniert.
    Letitia Brown – ein wenig übergewichtig, mit bleicher Haut, krausem Haar, einer Knollennase und schwachem Kinn, einer Brust größer als die andere und bereits so schlaff, um darunter einen Schreiber einzuklemmen, mit schmerzvollen Menstruationsperioden und einer absoluten Abneigung gegenüber Athletik – war das Spiel. So wurden sie genannt. NG Spiele. AVs – Atavismen. Neandertaler.
    All die hübschen VEKs riskierten eine Menge, wenn sie Animositäten den NGs gegenüber zeigten. Ihre Eltern hatten das Recht, das System zu verklagen, wenn sie zum Nachteil ihrer Schulleistungen belästigt wurde. Dies war keine Privatschule, für die alle Eltern astronomisch hohe Unterrichtsgebühren zahlen mußten; dies war eine öffentliche Schule alten Stils, mit öffentlichem Schulprogramm und Regeln. Die Lehrer tendierten dazu, mit Störenfrieden nicht viel Federlesen zu machen. Und, so gestand sie sich mit einer schmerzvollen Selbstbeschuldigung ein, sie machte es ihnen nicht gerade leichter.
    Sicher, sie konnte mitmachen und die alte Frau spielen – wieviel Realismus würde sie dem kleinen Drama mit ihrem ehrlichen TB-Körper geben! Sie könnte fröhlich und bescheiden sein, wie Helen Roberti, die ohnehin gar nicht so schlecht aussah. Oder sie könnte ruhig und unauffällig sein, wie Bernie Thibhault.
    Die CG-Schwester schloß die Ersatz und Erholungs-Pflege ab. Letitia hatte kaum etwas davon aufgenommen. Echtzeit-Mod-Unterricht war langweilig, aber sie hatte sich bisher noch nicht für das Erlebnistraining qualifiziert. Sie hatte nun lediglich einen Kurs des Karriere-Studiums – keine Alternativen – und zwei ästhetische Programme, Individualorchester am Freitag nachmittag und LitVid-Edieren an alternierenden Wochenenden.
    Als Vorstudentin der Medizin war sie ein Versager, aber das wollte sie nicht zugeben. Sie war NG. Ihr Gehirn brauchte länger, um zu reifen; es war nicht so fein verdrahtet.
    Sie dachte, sie wäre unglaublich langsam. Sie bezweifelte, daß sie jemals eine erfolgreiche Ärztin werden würde; sie war empfindlich und niemand, nicht einmal ihre Mit-NGs, wollten von einer Ärztin behandelt werden, die bei dem Anblick von Blut bleich wurde.
    Letitia wies die Schwester leise an, noch einmal zu beginnen und diese gehorchte.
    Währenddessen war Reena Cathcart gewaltig in ihr Mod eingestiegen. Ihr glückseliger Ausdruck sagte alles. Die Echtzeit-Ausgabe glitt so glatt, so schnell in sie hinein – es war die pure Freude.
    Keine Pickel im Verstand.
    Zehn Minuten später kehrte Mr. Brant mit einer blassen und triefäugigen Georgia Fischer zurück. Sie saß einen Gang und zwei Reihen hinter Letitia. Sie stöpselte ihr Mod beflissen ein und Brant ging zu seiner Konsole, um sein Multimedia einzuschalten und die gesamte Klasse zu koordinieren. Edna Corman flüsterte ihr etwas zu.
    »Alles in allem kein schlechter Blitz«, kommentierte Georgia leise.
    »Wie geht es dir, Letitia?« fragte der Autoratgeber. Das CG-Gesicht projizierte sich vor ihr mit ein paar Störungen, denen Letitia keine Aufmerksamkeit schenkte. CG-ARs waren die Gestörten, und sie schätzte sie nicht einmal in ihrer ursprünglichen Perfektion.
    »Dürftig«, sagte sie.
    »Wirklich? Lust, darüber zu reden?«
    »Ich möchte mit Dr. Rutger reden.«
    »Vertraust deinem freundlichen AR nicht?«
    »Ich möchte mit Dr. Rutger reden.«
    »Dr. Rutger ist beschäftigt, Letitia. Anders wie dein freundlicher AR, können Menschen zu einer gewissen Zeit nur an einem

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