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Tango Mosel

Tango Mosel

Titel: Tango Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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fiel ihm immer noch nicht ein, wo. Annika war wohl im Hort.
    Als Erstes steckte er sein Mobiltelefon ein, das er auf der Dielenkommode hatte liegen lassen. Im Schlafzimmer nahm er ein frisches Hemd aus dem Schrank. Beim alten musste er nur noch die untersten beiden Knöpfe lösen.
    Quintus hatte ihn gewittert. Walde sah, wie der Hund in freudiger Erwartung zur Terrassentür lief. Der Malamute brauchte viel Auslauf. Seitdem Walde im letzten Jahr das halb verhungerte Tier in der Nähe seines ermordeten Herrchens in der Eifel gefunden hatte, gehörte Quintus zur Familie.
    Walde bezweifelte, dass Doris am Morgen genügend Zeit für einen ausgiebigen Spaziergang mit dem Hund gehabt hatte.
    »Ja, Quintus, alles klar, ich nehm dich mit!« Walde tätschelte den großen Kopf des Hundes, während er ihn daran hinderte, an ihm hochzuspringen, als er ihm die Leine anlegte.
    »Herr Waldemar Bock?«, fragte ihn ein uniformierter Paketbote vor der Tür.
    Walde nahm ein flaches Paket entgegen und kritzelte seine Unterschrift auf ein elektronisches Gerät. Der Hund war nur mit großer Mühe wieder zur Wohnungstür zurückzubewegen. Walde schleifte ihn mehr über die Fliesen, als der Hund sich selbst bewegte. Nachdem Walde das Paket, auf dem er als Absender ein Münzkontor gelesen hatte, durch die Wohnungstür in die Diele geschoben hatte, wurde er auch schon derartig heftig zurückgerissen, dass es ihm fast den Arm ausgerenkt hätte.
    Nach einem schnellen Auf und Ab durch die Nordallee bis hoch zur Porta Nigra und zurück durch den aus einer Handvoll Bäumen bestehenden Rautenstrauchpark, dessen Bezeichnung Park eine maßlose Übertreibung war, legte Walde noch ein wenig Tempo zu. Er war gleich in der Gerichtsmedizin mit Hoffmann und Grabbe verabredet. Quintus, dem es nie schnell genug gehen konnte, nahm die Temposteigerung mit Begeisterung an. Dann blieb er an einer seiner Lieblingsstellen stehen und hob das Bein.
    Ein paar Minuten später konnte er den längst noch nicht müden Quintus mit einer Extraportion Leckerlis dazu bewegen, im heimischen Garten zurückzubleiben.
     
    Als Walde am Wendekreis vor dem Krankenhaus ankam, erwartete ihn Grabbe bereits an der automatischen Drehtür. Dort herrschte reges Kommen und Gehen.
    Walde beobachtete, wie sein Kollege verstohlen auf die Uhr schaute und dann kritisch Waldes Schuhe beäugte.
    »Entschuldige, ich musste noch eine Runde mit Quintus gehen.« Walde streifte an der Bordsteinkante den gröbsten Schmutz von seinen Schuhen ab. Grabbe war schon im Eingang verschwunden.
    Als er ihn einholte, stand Waldes Kollege bereits vor der Fahrstuhltür, wo drei weitere Leute warteten, die sich miteinander unterhielten. Sie führten das Gespräch auch im Fahrstuhl fort.
    Sobald sich im Keller die Fahrstuhltür hinter ihnen schloss, wetterte Grabbe los: »Da ist man noch keine zwei Minuten in diesem Haus und ist schon vollgestopft mit dem ganzen Krankengeschichtenmist.« Er schüttelte den Kopf so heftig, als wollte er etwas hinausschleudern. »Okkultes Blut im Stuhl … bei Speiseröhrenkrebs wird es schwierig … aufgemacht und gleich wieder zugemacht«, äffte er das Gehörte nach. »Gibt es denn keinen anderen Gesprächsstoff mehr?«
    »Wir sind in einem Krankenhaus«, Walde hob die Schultern. »Im Moselstadion wird über Fußball gesprochen, im Theater …«
    »… ja, ja, schon gut.« Grabbes Schlafdefizit schien ihm die Laune vermiest zu haben.
    Auch der Gerichtsmediziner Dr. Hoffmann hielt demonstrativ den linken Unterarm vor sein Gesicht. Lediglich ein heller Streifen Haut deutete auf die Position seiner Armbanduhr, die er während der Arbeit abgelegt hatte.
    Walde beobachtete, wie Grabbe es vermied, zu dem Tisch zu schauen, an dem mit dem Rücken zu ihnen Gottlieb, der Assistent, arbeitete. Nur behaarte, muskulöse Beine, Hüfte und Bauch des Toten waren zu sehen. Der Ypsilonschnitt führte bis tief hinunter zur Scham. Walde war froh, dass Grabbe sich den Anblick schenkte. Der schwere Geruch nach Blut und Exkrementen war so schon kaum auszuhalten.
    Hoffmann führte sie durch eine Schiebetür in einen kahlen Nebenraum, in dem sich neben einem schmalen Schrank nur ein Stuhl und ein Schreibtisch mit einem Laptop befanden. An der Decke surrte es leise aus einer kreisförmigen Lüftung.
    »Person männlich, um die vierzig, 1,83, 85 Kilo, Nichtraucher, eine Fraktur der oberen Halswirbel C1 und C2 führte zum unmittelbaren Tod. Die Verletzung am Hinterkopf kommt dafür ursächlich in Frage. In

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