Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tango Mosel

Tango Mosel

Titel: Tango Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
Vom Netzwerk:
der Wunde haben wir Steinpartikel gefunden. Des Weiteren weist die Person eine erhebliche Anzahl von Frakturen, hauptsächlich der Rippen, auf. Verletzungen an beiden Lungenflügeln, der Leber …«
    »Genickbruch?«, fragte Grabbe, der sich schnaufend eine Hand in den Kragen seines Hemdes schob, als wäre ihm dieser zu eng.
    »Nach dem ersten Sturz«, Hoffmann nickte.
    »Wie bitte? Er wird ja wohl nicht zweimal auf den Brückenpfeiler gestürzt sein.« Grabbes Blick glitt an den Wänden entlang. Es gab kein Fenster, durch das Frischluft in den Raum gelangen konnte.
    »Die übrigen Verletzungen sind post mortem.«
    »Dann ist es vielleicht der Typ von der Baustelle. Der hätte sich mit gebrochenem Genick nicht mehr zur Brücke schleppen können!« Grabbe wurde übel. Er wusste, dass er, um dem Geruch zu entgehen, noch einmal durch den schrecklichen Raum musste, aus dem nun zu allem Überfluss auch noch das Heulen einer hochtourigen Maschine erklang, zu deren Funktion er lieber keine Spekulationen anstellte.
    »Haben Sie schon das Blut von der Baustelle mit seinem verglichen?« Grabbe deutete mit dem Daumen über seine Schulter auf die Schiebetür. Er machte einen Schritt zur Seite und stand nun unter der Lüftung.
    »Sobald ich es hier habe, werde ich das machen.«
    »Hat das Opfer Alkohol oder Drogen genommen?«
    »Das werden wir bald wissen. Ich schicke euch nachher eine Mail. Ach so, die Kriminaltechnik fragt an, ob ihr die Kleidung mitnehmen könnt.« Hoffmann wies auf einen Plastiksack neben der Tür, durch den eine dunkle Schärpe schimmerte.
     
    In der Personenschleuse des Präsidiums fragte sich Walde zum wiederholten Mal, warum dieser hohe Sicherheitsaufwand mit Einzelpersonenabfertigung ausgerechnet in einem Gebäude nötig war, wo fast jeder Mitarbeiter eine Waffe trug. Es war auch noch nie vorgekommen, dass ein Festgenommener durch den Eingangsbereich geflüchtet war, von Fensterstürzen einmal abgesehen, die aber diese aufwendige Sicherheitseinrichtung auch nicht hätte verhindern können.
    »Herr Hauptkommissar, der Polizeipräsident wünscht Sie umgehend zu sprechen.«
    Walde nickte dem Kollegen hinter der Glasscheibe zu. Während er im Foyer auf Grabbe wartete, hörte er, wie Grabbe sagte: »Schon in Ordnung, ich richte es ihm aus.«
    »Was ist in Ordnung?«, fragte Walde, als sie an der Treppe anlangten.
    »Der Kollege an der Pforte hat die Anweisung, dem Präsidenten deine Ankunft …«
    »Was soll denn der Quatsch?«
    »Vielleicht nimmt er an, du würdest erst mal …«
    »Zur Toilette gehen?«
    »Oder so. Ich bring das mal in die KT.« Grabbe nahm Walde das Bündel mit den Sachen des Opfers aus der Hand und machte sich auf den Weg zum zweiten Stock.
    Kaum hatte Walde die ersten Meter des Flurs durchquert, da öffnete sich vor ihm die Tür zum Vorzimmer des Präsidenten.
    »Herr Stiermann erwartet Sie!« Die Miene der Assistentin, die sich bis vor wenigen Monaten selbst noch als Vorzimmerdame bezeichnet hatte, war zur freundlichkeitsfreien Zone erstarrt.
    »Da sind Sie ja.« Stiermann begrüßte ihn wie einen auf dem Weg zum Nordpol verloren gegangenen Expeditionsteilnehmer. »Da bin ich aber froh.«
    Hätte nur noch gefehlt, dass er ihn umarmte.
    »Warum?« Walde blieb mitten im Raum stehen, weil sein Chef sich mit dem Rücken an einen Schrank lehnte, auf dem die kleine silbrige Figur eines Golfspielers stand.
    »Dass es doch noch schneller vorangeht mit Ihren Untersuchungen.«
    »Aha.«
    »Wir sind heilfroh, dass es auf der Baustelle endlich weitergehen kann. Das war ja ein Schandfleck für unsere schöne Stadt, und wer weiß, wie lange der noch geblieben wäre, wenn die Firma Trading Invest nicht …«
    »Wer sind wir?«, fragte Walde.
    »Wir, das sind …«, Stiermann stutzte einen Moment, »die Bürger dieser Stadt.«
    »Zu denen zähle ich mich ebenfalls, und ich bin nicht besonders erfreut über einen großdimensionierten Verkaufspalast, dem eine traditionsreiche Kellerei weichen musste.«
    »Ich denke, in unserem Beruf zählen nur Fakten, da hat eine persönliche Meinung hinten anzustehen.«
    »Aber Sie haben doch …«
    »Ich halte den Aufwand, den Sie da treiben, nicht für angemessen.« Der Präsident wies auf die Sitzgruppe.
    »Jemand hat sich dort in der letzten Nacht schwere, vielleicht sogar tödliche Verletzungen zugezogen.« Walde ließ sich behutsam auf die weiche Polsterung nieder.
    »Das könnte ein Schrotthändler gewesen sein, der beim Demontieren der Treppe abgestürzt

Weitere Kostenlose Bücher