Tango Vitale
von jahrelanger psychotherapeutischer Praxis, seinerzeit oft mit einem Zwölf-Stunden-Tag, davon zehn Jahre berufsbegleitende Zusatzausbildungen. Das war oft anstrengend, doch heute profitiere ich genau von diesem intensiven Einsatz.
Dass Übung den Meister macht, sagt schon ein häufig zitiertes Sprichwort. Was uns allerdings oft nicht klar ist: Üben ist nicht gleich üben. Es gibt ganz entscheidende Unterschiede in der Qualität.
Üben – aber richtig!
Noel Tichy, Professor an der University of Michigan Business School und Unternehmensberater, veranschaulicht die verschiedenen Möglichkeiten zu üben mit drei konzentrischen Kreisen. Den inneren Kreis bezeichnet er als Komfortzone, den mittleren als Lernzone und den äußeren als Panikzone.
In der behaglichen Komfortzone wiederholen wir mit kleinen Varianten, was wir bereits beherrschen. In der Lernzone kümmern wir uns gezielt um diejenigen Aspekte des Gebietes, die wir noch nicht oder nicht perfekt beherrschen. Charakteristisch für diese Zone ist, dass darin die vorhandenen Sachkenntnisse um einiges überschritten werden. Deshalb benötigen wir ein professionelles Konzept für unsere Übungen. In der Panikzone ist die Kluft zwischen dem, was wir schon beherrschen, und dem, was wir erreichen wollen, unverhältnismäßig groß. Typisch dafür ist, dass wir nicht einmal ahnen, wie und wo wir mit dem Üben ansetzen sollen. Auch ein Experte könnte in dieser Zone kaum weiterhelfen, weil wir nicht verstehen oder ausführen können, was er von uns will – etwa wenn wir gerade ein paar Stunden einen Yoga-Kurs gemacht haben und nun gleich perfekt in den Kopfstand gehen sollen. Die Überforderung führt zu Stress, der sich je nach |87| Bedeutung für uns schnell in Panik oder Depression verwandelt. In welcher Zone Sie sich befinden, entscheidet das Verhältnis zwischen Ihren Fähigkeiten und der Anforderung:
In der Komfortzone hält sich beides die Waage. Sie arbeiten allenfalls daran, Ihr Niveau zu halten.
In der Lernzone liegen die Anforderungen etwas höher als bisher, aber Sie sind in der Lage, sie zu bewältigen.
In der Panikzone übersteigen die Anforderungen Ihre Fähigkeiten so weit, dass es Ihnen unmöglich ist, sie zu erfüllen.
Sie ahnen es sicher schon: Nur das Üben in der Lernzone bringt Sie wirklich weiter. Der Psychologe Anders Ericsson, Autor des Buches
The Road to Excellence
19 , nennt das zielgerichtete Üben in der Lernzone »Deliberate Practice«, bewusstes Üben. Egal auf welchem Leistungsniveau wir uns bereits befinden, sobald wir mehr auf unserem Gebiet erreichen wollen, ist der Ablauf immer der gleiche:
Wir erkennen – allein oder mithilfe anderer – unser Defizit.
Wir entwickeln ein Konzept, mit dem wir es beheben können.
Wir fangen an, nach dieser Vorgabe zu üben.
Es geht nur mit Konzept
Vielleicht sind Sie in der Lage, selbst herauszufinden, wo Ihre Schwächen liegen, aber damit wissen Sie nicht automatisch, wie Sie sie am wirkungsvollsten beheben können. Dazu ist eine kompetente Anleitung notwendig.
Benjamin Zander, Dirigent des Boston Philharmonic Orchestra, demonstriert das gerne auf humorvolle Weise. Gelegentlich hält er Vorträge für Manager, die von ihm erfahren möchten, wie man ein |88| Orchester zu einer großartigen musikalischen Leistung führt, damit sie das Know-how auf ihre Arbeit übertragen können. Zander fragt dann sein Publikum, ob jemand in der letzten Zeit Geburtstag hatte. Daraufhin fordert Zander die Anwesenden auf, dem Geburtstagskind ein Ständchen zu singen. Ohne weitere Anweisung singt die Gruppe sofort aus vollem Hals »Happy Birthday«. Anschließend erklärt Zander: »Das war schon sehr gut. Aber ich glaube, dass Sie es besser machen können. Singen Sie das Lied jetzt noch einmal, aber dieses Mal besser.« Die Reaktion ist Schweigen, keiner gibt mehr einen Ton von sich. Nach einigen peinlichen Sekunden erläutert Zander, was gerade passiert ist: Als alle verstanden hatten, was zu tun war, setzten sie es um. Als sie es jedoch besser machen sollten und keine Ahnung hatten auf welche Weise, waren sie wie gelähmt. 20 Fazit: Um effektiv zu üben, müssen wir präzise wissen, was wir tun sollen.
Auf sämtlichen Gebieten hat sich im Laufe der Zeit ein profundes Wissen angesammelt, das ständig weiterentwickelt wird. Zu dem Fachwissen auf Ihrem Gebiet müssen Sie Zugang bekommen, wenn Sie nicht Zeit und Kraft in einer langwierigen Phase mit Versuch und Irrtum verlieren möchten. Hier schlägt die
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