Tango Vitale
konsequentes Üben in der Lernzone – damit haben Sie alles, was Sie brauchen, um Ihr vorhandenes Talent zu entfalten. Und reden Sie sich bitte nicht auf ungünstige äußere Bedingungen heraus! Fast immer findet sich auch ein Weg, wo ein Wille ist. Hier ein paar Beispiele: Ein Yoga-Lehrer entwickelte die spezielle Variante, die ihn später bekannt machte, auf einer Matte in seinem winzigen Appartement. Eine künstlerisch begabte Floristin, die heute hochkarätige Events mit ihren Blütenkreationen ausstattet, hat mit einem Buch über Ikebana und heimlich im |94| Park geklauten Zweigen angefangen. Eine Schriftstellerin, deren Erstlingsroman einen renommierten Preis bekommen hat, erarbeitete sich das entscheidende Know-how in einem von einer Zeitschrift gesponserten Creative-Writing-Kurs.
Sie selbst entscheiden, wie weit Sie kommen wollen. Möchten Sie auf Ihrem Gebiet eine befriedigende, gute oder sehr gute Leistung erreichen? Das liegt in Ihrer Hand. Vielleicht streben Sie auf Ihrem Gebiet nicht die Oberliga an, wollen kein Tiger Woods oder keine Steffi Graf werden. Doch Ihnen ist hoffentlich bewusst: Ihr Talent ist ein wertvolles Geschenk. Wenn Sie Ihr Schicksal positiv beeinflussen wollen, müssen Sie es auspacken.
|95| Teil III
Das Schicksal meistern
|97| Schicksalsschläge
Ein furchtbarer Schicksalsschlag – und plötzlich ist nichts mehr, wie es war. Nur allzu oft erfahren wir von solchen grausamen Wendungen im Leben. Von den Einwohnern eines Ortes in Flussnähe, die nach einer Überschwemmung vor den Trümmern ihres Hauses stehen. Von dem kleinen Mädchen, das dem Sexualverbrecher über den Weg gelaufen ist. Oder von dem Mann, der seit einem Sturz ein Pflegefall ist:
Der 16. Januar ist ein kalter Samstag. Seit Wochen schon herrschen Minusgrade, auch in dieser Nacht hat es wieder geschneit. Die Hamburger Stadtreinigung schafft es nicht mehr, alle Gehwege zu streuen. Gegen 11 Uhr vormittags nimmt der Fotograf Steffen Wolff seine Einkaufstasche und verlässt die Wohnung. Er trägt feste Winterschuhe, seine Schritte knirschen im Schnee. Unter dem Schnee hat sich kaum sichtbar eine spiegelglatte Eisfläche gebildet. Wolff rutscht aus, verliert das Gleichgewicht und fällt auf den Rücken. Mühsam rappelt er sich auf und wankt nach Hause, schafft es gerade noch in die Wohnung. Wenige Minuten später wird sein Arm taub, die Spannung weicht aus dem Körper, und er stürzt aus dem Sessel. Liegend gelingt es ihm gerade noch, per Handy die Feuerwehr zu alarmieren. Der Kernspintomograf im Krankenhaus zeigt, dass sein siebter Rückenwirbel gebrochen ist. »C7-Fraktur mit intraspinalem Hämatom C2-Th 4« lautet die offizielle Diagnose. Steffen Wolff ist querschnittsgelähmt. Ab jetzt sitzt er im Rollstuhl. Sein neues Zuhause sind 22 Quadratmeter im Pflegeheim. 23
|98| Oft rücken uns die schlimmen Nachrichten auch ganz nahe, ohne dass wir unmittelbar betroffen sind. Bei dem Kollegen, der sich in letzter Zeit nicht gut fühlte, haben die Ärzte einen bösartigen Tumor entdeckt. Das sehnlichst erwartete Kind einer Freundin ist wegen Sauerstoffmangel während der Geburt schwerbehindert, eine Verwandte wird durch einen Gehirnschlag zum Pflegefall.
Wir sind erschüttert, empfinden Mitleid. Doch wenn wir ehrlich sind, schleicht sich auch noch ein anderes Gefühl ein: Wir sind erleichtert, dass es uns nicht getroffen hat. Dass unser Haus noch steht, dass wir gesund sind, unser Kind nicht entführt wurde. Falls es sich nicht gerade um das Unglück eines uns nahestehenden Menschen handelt, verdrängen wir so bald wie möglich das Leid der anderen. Diese Reaktion ist sehr verständlich, denn es erinnert uns an unsere eigene Verletzlichkeit.
Willkommen im Club der Überlebenden
Tatsächlich gibt es niemanden, der nicht in seinem Leben irgendwann mit Krisen und Schicksalsschlägen fertig werden muss. Ben Sherwood, Journalist und Autor des Buches
Wer überlebt?
, spricht vom »Club der Überlebenden«. Als Überlebende definiert er keineswegs nur Menschen, die einem Flugzeugabsturz oder ähnlichen Katastrophen entronnen sind, sondern »jeden, der mit Widrigkeiten, Härten, Krankheiten und Verletzungen zurechtkommen muss und sie überwindet«. 24 Die Mitgliedschaft in diesem Club ist nicht freiwillig. Der Beitritt ist unvermeidlich, auch wenn wir das in guten Zeiten lieber vergessen.
In den Seminaren, die ich einige Jahre lang im Auftrag der Zeitschrift
Brigitte
gehalten habe, habe ich oft ein sogenanntes
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