Tango Vitale
anderen Ihre Glückspilzfähigkeiten noch nachbessern sollten, befinden Sie sich in bester Gesellschaft. Die meisten von uns reagieren im Alltag ziemlich eingeschränkt. Auf Fortbildungen, Schulfesten, Partys oder Vernissagen plaudern wir am liebsten mit denjenigen, die wir |158| schon kennen. Andere Meinungen finden wir zunächst einmal befremdlich: Einer Vegetarierin ist es unverständlich, wie jemand ein blutiges Steak genießen kann, ein Atheist schüttelt den Kopf darüber, dass es Menschen gibt, die an die Wunder von Lourdes glauben. Zu Menschen, die nicht unserer Norm oder unseren Ansichten entsprechen, gehen wir gewöhnlich erst einmal auf Distanz.
Es kann auch sein, dass wir andere zwar sympathisch finden und mit ihnen durchaus auf einer Wellenlänge liegen, aber zu schüchtern oder zu bequem sind, um neue Beziehungen zu knüpfen. Wir halten uns lieber an unseren überschaubaren Freundes- und Bekanntenkreis. Damit verringern wir unsere Chancen. Das muss aber nicht so bleiben. Mehr Offenheit gegenüber anderen lässt sich nämlich trainieren.
Machen Sie mindestens einmal am Tag Small Talk mit einem unbekannten Menschen. Entweder machen Sie selbst den Anfang oder Sie gehen auf die zufällige Bemerkung eines anderen mit ein paar netten Sätzen ein. Ein guter Einstieg zum Small Talk sind Fragen, auf die man nicht nur mit »ja« oder »nein« antworten kann: »Wie finden Sie …?«, »Wie kommt es eigentlich, dass …?«, »Was meinen Sie zu …?«.
Verzichten Sie auf Diskussion. Normalerweise widersprechen wir, sobald unser Gegenüber anderer Ansicht ist als wir. Politische Entscheidungen, die Rolle der Kirche in der Gesellschaft, Tierhaltung, Schönheitschirurgie – es gibt 100 Gelegenheiten, dem anderen nachzuweisen, dass er sich gründlich irrt. Nehmen Sie beim nächsten Mal bewusst eine Auszeit von Ihrer Überzeugung. Versuchen Sie einfach nur zu verstehen, warum Ihr Gesprächspartner dieser Meinung ist. Fragen Sie nach: »Wie kommst du darauf?«, »Welche Erfahrung hast du damit gemacht?«.
|159| Lesen Sie eine Exoten-Zeitschrift. Wahrscheinlich haben Sie Lieblingsblätter, die Sie sich regelmäßig kaufen oder zu denen Sie gerne beim Friseur und im Wartezimmer greifen. Machen Sie sich einmal das Vergnügen, in eine Zeitschrift für ein Ihnen unbekanntes Gebiet zu schauen. Am Zeitungskiosk oder im Bahnhof gibt es schier unglaubliche Varianten nationaler Presse. Wie wäre es zum Beispiel mit dem
Oldtimer Markt
, dem
Taucher
oder dem
Tätowiermagazin
? Ihnen werden sich ganz neue Welten auftun. Sie müssen das Blatt ja nicht abonnieren.
Glückspilze sind offen für Neues
Wir winken meist ab, wenn etwas nicht offensichtlich unserer Neigung oder unseren Gewohnheiten entspricht und wir deshalb über unseren Schatten springen müssten. Etwa wenn Ihr japanischer Kollege Sie in eine Karaoke-Bar mitnehmen möchte. Dann schlagen Sie möglicherweise schnell eine andere Art der Unterhaltung vor, weil es Ihnen peinlich ist, in der Öffentlichkeit zu singen. Oder Ihre Designer-Freundin organisiert eine kleine Modenschau und bittet dazu Frauen aus ihrem Bekanntenkreis, die Kleider als Laienmodels vorzuführen. Sie machen da nicht mit: Schon bei der bloßen Vorstellung, von allen angestarrt zu werden, ist Ihnen unbehaglich.
Glückspilze gehen mit unbekannten Situationen anders um. Sie werfen häufiger einen Blick über ihren Tellerrand und sind bereit, Neues auszuprobieren. Sie lernen Russisch, nur so aus Spaß, machen einen Salsa-Kurs mit ihrem Partner oder begeben sich zeitweilig in andere Lebensbereiche.
Wie Silke, eine erfolgreiche PR-Frau. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, in den Wintermonaten regelmäßig Obdachlose zu unterstützen. Sobald es richtig kalt wird, verteilt sie zusammen mit ihrem Sohn |160| warme Kleidung, die sie bei Freunden gesammelt hat, dicke Handschuhe, Schals, auch mal einen Schlafsack. »Ich bin danach jedes Mal wieder dankbar für alles, was ich habe.«
Einen neuen Bereich hat auch der Betriebswirt Stefan für sich entdeckt. Seit vier Monaten ist er ehrenamtlicher Betreuer einer Eishockey-Jugendmannschaft. Ein Freund hat ihn mal zu einem Spiel mitgenommen, so kam er in Kontakt mit dem Verein. Er selbst kann wegen eines Rückenleidens keinen Sport treiben, aber ihm macht es riesig Spaß, mit den Jugendlichen zu Auswärtsspielen zu fahren und sie zu unterstützen. »Ich liebe es!«, sagt er begeistert. »Sonst würde ich bestimmt nicht am Wochenende im Winter
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