Tannöd
geglaubt, dass
beim Hauer was los ist. Deshalb bin ich gleich zum Haus raus. Der
Hansl hat mir gesagt: »Der Vater schickt mich, weil sich beim
Danner keiner rührt.«
Er, der Hansl, hätte heute
schon nachgeschaut auf dem Hof und keiner wäre zu Hause und
der Hund winselt so furchtbar. Das Vieh sei auch ganz unruhig.
»Der Vater will aber nicht alleine nachschauen«, hat er
zu mir gesagt, da hab ich nach dem Alois gerufen und wir sind mit
dem Hansl rüber zum Tannöder.
Mir war auch schon aufgefallen,
dass sich bei denen keiner rührt. Wie ich geackert habe am
Samstag, auf dem Acker, der an den Grund vom Danner grenzt, da habe
ich auch schon die ganze Zeit keinen gesehen. Komisch war das
schon, aber ich hab mir weiter keinen Kopf drüber
gemacht.
»Die werden halt im Holz
sein«, hab ich mir gedacht.
Kurz vorm Haus hat der Hauer schon
auf uns gewartet. Wir sind alle gemeinsam rauf zum Hof. Ich habe
gleich gesehen, dass das Türl zum Maschinenhäusl offen
war.
Der Hauer, der kennt sich ja auf
dem Hof aus, seit der Sache mit der Barbara. Ein- und ausgegangen
ist der auf dem Hof.
»Durch das Häusl
können wir in den Stadel rein. Von dort gibt's eine Tür
in den Stall und vom Stall geht's rüber ins Haus«, hat
er zu uns, dem Lois und mir, gesagt.
Zum Hansl hat er gemeint, dass der
lieber draußen bleiben soll. Uns war's recht und so sind wir
halt zu dritt ins Häusl rein. Da war wirklich eine kleine
Tür. An der hinteren Wand im Häusl, die war aber von
innen mit einem Haken versperrt. Ich wollt schon wieder raus und
versuchen, ob's keinen anderen Weg rein gibt, ins Haus. Aber da hat
mich der Hauer am Ärmel gepackt und gemeint: »Die
Tür ist so schwach, die können wir schon
eindrücken.«
Der Lois war einverstanden und so
haben wir uns zu dritt gegen das Türl gestemmt.
Nach einer Zeit hat es
tatsächlich nachgegeben und wir sind rein in den
Stadel.
Drinnen war's recht finster. Nur
von einer offenen Tür an der linken Seite des Stadels kam ein
bisschen Tageslicht in den Raum. Auf der rechten Seite war das
Heu eingelagert
und die übrigen Futtervorräte, an der hinteren Wand und
auf der linken Seite lagen überall Strohhaufen. Richtig sehen
konnten wir allerdings in dem düsteren Raum nicht. Mehr
erahnen. Das Brüllen der Tiere vom Stall herüber wurde
immer stärker.
»Da steht eine Kuh!«
Der Hauer hat sie als Erster gesehen. Die Kuh stand mitten im
Türstock. »Kommts weiter, kommts, die muss sich
losgerissen haben.«
Der Hauer ist auf die Kuh zu, die
in der Tür stand. Ich hatte mich noch gar nicht richtig an die
Dunkelheit im Stadel gewöhnt. Unheimlich war mir, alleine
zurückbleiben wollt ich darum auch nicht. Deshalb bin ich
hinter dem Hauer her. Dem Lois ging's anscheinend genauso. Wie der
jedoch hinter dem Hauer her will, kommt er ins Stolpern. Kann sich
aber gerade noch fangen.
Ich wollt zum Lois schon sagen, er
soll doch aufpassen, wo er hinläuft, da seh ich im Stroh einen
Fuß. Der Lois hat mich am Arm gepackt. Richtig festgeklammert
hat er sich.
Beide sind wir dagestanden und
haben nur auf den Strohhaufen gestarrt. Keiner von uns, weder der
Lois noch ich, hat sich gerührt. Einfach nur dagestanden sind
wir.
Mein Herz hat so geschlagen, dass
ich glaubte, es springt mir gleich aus der Brust heraus. Der
Boden unter
meinen Füßen wollte mich nicht mehr tragen, so weich
sind meine Knie geworden. Mit meiner ganzen Kraft hab ich mich am
Lois festgehalten und er sich an mir.
Alles war so unfassbar, so
unsäglich. Wie der Hauer das Stroh beiseite geschoben hat. Wie
er einen nach dem anderen vom Stroh befreit hat. Den Danner, die
kleine Marianne, ihre Großmutter und ganz zuletzt auch noch
die Barbara. Alle waren sie blutüberströmt, mir grauste
so, ich konnte sie gar nicht richtig
anschauen.
Alles um mich herum war
grässlich. Wie in einem Albtraum. Wie wenn »die
Trud« auf dir sitzt und dir die Luft zum Schnaufen
abdrückt. Raus wollte ich, nur noch weg von diesem
Ort.
Wie ich mich zum Gehen umdrehte,
hat sich mir der Hauer in den Weg gestellt.
»Wir müssen noch nach
dem Josef schauen«, hat er mir ins Gesicht geschrien. Aber
ich schob ihn zur Seite. Der Hauer versuchte noch mich
festzuhalten. »Wir müssen nach dem Bub schauen. Wo ist
der Bub. Wo ist der Josef?«
Aber ich habe ihn einfach stehen
lassen, bin raus ins Freie. Raus an die Luft zum Atmen.
Draußen hab ich den Lois vor dem Maschinenhäusl
gefunden. Ganz bleich war er. Nicht mehr auf den Beinen halten hat
er
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