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Tante Dimity und der unbekannte Moerder

Tante Dimity und der unbekannte Moerder

Titel: Tante Dimity und der unbekannte Moerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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daran.
    Ich riss den Hörer noch einmal von der Gabel und hackte die Nummer der Buntings in die Tasten. Inzwischen war mir egal, wen ich ins Gefängnis beförderte. Ich musste herausfinden, wer Pruneface Hooper umgebracht hatte, bevor der Mörder auch noch meinen Freund tötete.

    Am nächsten Morgen überließ ich die Jungen Annelises Obhut, setzte mich in meinen knallgelben Range Rover und fuhr in Richtung Dorf.
    Lilian Bunting hatte mich zum Mittagessen im Pfarrhaus eingeladen, doch das war erst in zwei Stunden. Vorher wollte ich noch an ein paar anderen Stellen vorbeischauen, und aus Erfahrung wusste ich, dass das eine ganze Weile dauern konnte.
    Ruth und Louise Pym waren eineiige Zwillinge, die etwa eine Meile außerhalb von Finch lebten. Obwohl sie schon weit über neunzig waren, gelang es ihnen irgendwie, frisch und munter wie Fische im Wasser zu bleiben. Sie fuhren ihr eigenes Auto, räumten bei den Blumenausstellungen regelmäßig mit ihren Chrysanthemen die Preise ab und wussten immer, woher der Wind im Dorf wehte. Ihre Gedanken schienen bisweilen auf unergründliche Wege abzuschweifen, doch steckte stets ein bestimmter Zweck dahinter, und es lohnte sich, zu warten, bis er sich offenbarte.
    Anders als die meisten Häuser in der Umgebung war das ihre aus warmen, orangeroten Ziegeln gebaut und hatte vergitterte Fenster und ein hübsches Reetdach, dessen heller Ton im Laufe der Zeit zu einem gesprenkelten Grau verwittert war. Keine einzige Wand in diesem Haus war gerade, in keinem Raum war der Boden eben, doch die Möbel standen schon so lange am selben Ort, dass sie sich von selbst den Eigenheiten des Gebäudes angepasst hatten – weder die Stühle noch die Tische wackelten, und keines der Bilder hing schief.
    Ich parkte meinen Wagen auf dem grasüberwachsenen Wegrand und trat durch das gusseiserne Tor zwischen säuberlich beschnittenen Hecken. Die sorgfältig gepflegten Beete, die den Weg zur Vordertür säumten, standen in herrlicher Blütenpracht. Wie ein Chor, der das Wunder des Frühlings preist, wandten ganze Reihen von Hyazinthen, Osterglocken und zarten wei ßen Narzissen ihre Gesichter der Sonne zu. Ich hielt auf der Türstufe inne und sog noch einmal den idyllischen Anblick in mich ein, bevor ich an der altmodischen Glocke zog, deren Griff die Form eines Schlüssels hatte.
    Die Tür ging auf. Dahinter erschien eine der Schwestern, dicht gefolgt von der anderen, doch es überstieg wie immer mein bescheidenes Beobachtungsvermögen, zu erkennen, wer wer war.
    Alle beide trugen langärmelige Kleider aus blasser taubenblauer Wolle, jedes mit vier Biesen, die vom gehäkelten Kragen zur eng eingeschnürten, schmalen Taille herabfielen. Ihre schwarzen Schuhe waren nicht voneinander zu unterscheiden, und ihr weißes Haar war an den identisch aussehenden Hinterköpfen zum ganz genau gleichen Dutt zusammengesteckt. Ich hatte längst gelernt, mich statt auf die Augen auf meine Ohren zu verlassen, um die Schwestern voneinander zu unterscheiden. Louises Summe war weicher, und Ruth war unweigerlich diejenige, die als Erste das Wort ergriff.
    »Zwei Besucher an einem Morgen!«, rief Ruth, »und beide so …«

    »… willkommen!«, fiel Louise ein. »Tritt ein, tritt ein, liebe Lori, und erzähl uns von …«
    »… deiner Reise nach Amerika«, vollendete Ruth. Der Pingpong-Stil der Schwestern erforderte von ihren Zuhörern einen beweglichen Hals.
    Ich erwiderte ihre Begrüßung und überreichte jeder ein Päckchen, in dem sich Brüsseler Spitze befand. »Mit den besten Wünschen von meinem Schwiegervater«, sagte ich. »Er hofft, dass ihr ihm die verspätete Ankunft seiner Weihnachtsgeschenke verzeiht.«
    Ruth strahlte mich an. »Wir betrachten sie einfach als …«
    »… verfrühte Ostergeschenke«, versprach Louise, »und wollen uns bei dem, der sie uns geschickt hat, herzlich bedanken. Aber komm jetzt rein, Lori, und lass uns …«
    »… dich unserem anderen Gast vorstellen.«
    Damit zog mich Ruth ins Wohnzimmer, wo sich eine förmliche Vorstellung als unnötig erwies, da ich den anderen Gast bereits kannte.
    Mit lächelnden Augen erhob sich Nicholas Fox von seinem Stuhl am Teetisch. Heute trug er Bluejeans, einen cremefarbenen Rollkragenpullover und sein bewährtes braunes Tweedsakko.

    »So sieht man sich wieder«, grinste er.
    »Ich hatte gedacht, das würde erst beim Essen der Fall sein«, erwiderte ich verwirrt.
    »Ach, an einem so schönen Morgen wie heute konnte ich einem Spaziergang einfach nicht

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