Tante Dimity und der unbekannte Moerder
weiche Sofa war. Nicholas konnte gar nicht anders, als seinen Oberschenkel an den meinen zu pressen. Es gab keinen Platz, um auszuweichen. Und Miranda schien zu spüren, dass es nicht die Wärme des Kaminfeuers war, die meine Wangen rosa färbte. Mit fröhlich glitzernden Augen fuhr sie fort.
»Wir hatten eine anregende Unterhaltung. Sie hatte alle möglichen Tratschgeschichten parat und würzte unsere Plauderei immer wieder mit sorgfältig dosierten Giftspritzen. Ob ich gehört hätte, dass Sally Pyne kleine Jungen hasst? Ob ich wüsste, dass Dick Peacock in zwielichtige Geschäfte verwickelt sei? Und dann die Geschichte mit Mr Barlows bissigem Terrier! Ob ich ihr nicht darin zustimmen würde, dass man ihn eigentlich zur allgemeinen Sicherheit einschläfern müsse?«
»Himmel!«, stöhnte ich.
»Diesen Unsinn hat sie so gekonnt und charmant vorgetragen, dass ich am liebsten Beifall geklatscht hätte.« Mirandas grüne Augen blitzten auf. »Bis die Rede auf Kit kam. Als sie mir erzählte, dass Kit Nell Harris missbraucht hätte, habe ich sie einfach ausgelacht.«
»Du hast sie ausgelacht?«, fragte ich perplex.
Miranda zuckte die Schultern. »Was hätte ich denn sonst tun sollen? Das war der beste Witz seit Jahren. Der herzensgute Kit soll der eisernen Nell was angetan haben? Wohl eher nicht.«
»Hast du ihr deine Meinung gesagt?«, wollte Nicholas wissen.
»Ich habe Mrs Hooper gesagt, dass ich sie beneide. Die meisten Gärtner müssten extra Komposthaufen anlegen, aber sie könnte ihre Pflanzen mit dem Mist düngen, den sie erzählt.«
Ich kicherte los, Nicholas grinste, und Miranda stieß einen vergnügten Seufzer aus, als erlebe sie den denkwürdigen Augenblick noch einmal.
»Ich könnte mir gut vorstellen, dass sie etwas eingeschnappt war«, bemerkte Nicholas daraufhin trocken.
»Es dauerte einen Moment, bis sie hinter den Sinn meiner Worte kam, aber als sie ihn endlich kapierte, war sie in der Tat eingeschnappt.« Miranda betrachtete ihre silbernen Ringe. »Und dann hielt sie mir einen Vortrag über meine Moral.«
»Hatte sie dich dabei gesehen, wie du zu George Wetherhead gingst?«, fragte ich.
Miranda sah wieder auf. »Uns zu beobachten entsprach offenbar ihrer Vorstellung von Unterhaltung am frühen Morgen. Sie kannte unser Programm in-und auswendig und klagte mich an, eine unschuldige Seele verdorben zu haben.«
»Und George bezichtigte sie, Frauengeschichten zu haben«, informierte ich sie.
»Großartig!« Miranda klatschte in die Hände.
»Männer wie George bekommen ja so selten eine Gelegenheit, als Schwerenöter dazustehen.«
»Er war darüber ziemlich empört.«
»Wirklich?« Miranda runzelte verwundert die Stirn, dann legte sie den Kopf zurück, als sei sie tief in Gedanken versunken, und murmelte: »Ich frage mich, ob ich mich verletzt fühlen müsste.«
Nicholas richtete den Blick nun auch nach oben, allerdings nicht ins Leere, sondern auf die von den Deckenbalken herabhängenden Kräuterbündel. Das Ganze wirkte beiläufig, doch ich spürte, dass sein ganzer Körper sich jäh anspannte, als seine Augen auf einer Lücke zwischen zwei Gebinden hängen blieben.
Er sah Miranda an. »Wie hast du auf Mrs Hoopers Anschuldigung reagiert?«
»Ich habe ihr gesagt, dass Eifersucht eine traurige Emotion ist und dass ich gerne bereit wäre, mich zurückzuziehen, wenn sie George für sich selbst haben wollte.«
»Doch nicht im Ernst?«, kicherte ich entzückt.
»Im Ernst.« Miranda folgte mit einem Finger dem Muster auf ihrem Rock. »Das war der Moment, als sie auf die ungewöhnliche Vielfalt von Pflanzen in meinem Garten zu sprechen kam. Sie hatte den Eindruck, ich hätte nicht nur Georges Moral verdorben, sondern ihn auch noch vom Kraut des Bösen kosten lassen.«
»Marihuana?«, fragte ich. »Wie kam sie darauf, dass du Pot anbaust?«
»Meine Kräuter, nehme ich an.« Miranda deutete mit einer weit ausholenden Geste auf die Bündel über uns. »Ich baue Heilkräuter an, aber für eine Frau mit einer böswilligen Fantasie wie Mrs Hooper ist wohl jede Medizin, die nicht vom Apotheker verkauft wird, von Natur aus verdächtig.«
»Marihuana findet doch auch in bestimmten Therapien Anwendung«, meinte Nicholas.
»Stimmt.« Miranda stand auf und warf neue Kohlen ins Feuer. Dabei sprach sie unbefangen weiter. »Sein Nutzen bei der Behandlung von Glaukomen ist erschöpfend dokumentiert. Es kann auch helfen, Übelkeit zu lindern oder den Appetit anzuregen, wenn Menschen unter den Folgen von
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