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Tante Dimity und der unbekannte Moerder

Tante Dimity und der unbekannte Moerder

Titel: Tante Dimity und der unbekannte Moerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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dass sehr bald etwas geschehen wird, wenn wir uns nicht zusammenreißen.«
    Ich bedachte die Fassaden am Platz mit einem säuerlichen Blick. »Kann denn jeder in diesem Ort Auren lesen? Haben sie alle die Gabe dieses sechsten Sinnes, von dem du gestern gesprochen hast?«
    Nicholas’ Lächeln war wunderschön, aber kurzlebig. Er senkte den Kopf und sagte düster:
    »Sie lesen einfach in unseren Blicken, Lori. Sie lesen in Gesten und im Tonfall, und so ganz falsch liegen sie ja nicht, oder?«
    »Nein«, gab ich mit einem tiefen Seufzer zu.
    »Was sie sagen, stimmt sogar haargenau.«
    Nicholas’ Augen umschatteten sich vor Sorge.
    »Ich will nicht, dass du Ärger bekommst, wenn ich weg bin.«
    »Es wird keinen Ärger geben, mit dem ich nicht fertig werde«, beruhigte ich ihn.
    »Und dein Mann?«, setzte Nicholas nach.
    »Wird er damit umgehen können?«
    »Bill und mich wirft so schnell nichts um.
    Wahrscheinlich wird es uns sogar noch besser gehen als vorher. Du kannst also deiner Tante sagen, dass du einen entscheidenden Beitrag dazu geleistet hast, uns näher zusammenzubringen.«

    Er starrte mich verdattert an. »Habe ich das?«
    »Sagen wir einfach, dass du uns geholfen hast, eine neue Kommunikationsebene zu finden. Eine, die wir schon längst hätten betreten sollen.«
    »Freut mich, dass ich von Nutzen sein konnte.«
    »Und was die anderen hier betrifft …« Der Teufel musste mich in diesem Moment geritten haben, denn plötzlich warf ich sämtliche Hemmungen ab, beugte mich vor und drückte Nicholas einen dicken Schmatz auf den Mund. »So!«, rief ich und trat triumphierend einen Schritt zurück. »Jetzt haben wir ihnen wirklich mal was zum Reden gegeben.«
    Einen Moment lang starrte Nicholas mich entgeistert an, aber dann warf er den Kopf zurück und brach in schallendes Gelächter aus.
    »Du kannst ja richtig boshaft sein, Lori Shepherd.«
    »Ich leiste der Öffentlichkeit damit einen gro ßen Dienst«, erklärte ich in absichtlich blasiertem Ton. »Die Leute hier sind schon viel zu lange mit sich selbst und Mrs Hooper beschäftigt.
    Sollen sie doch zur Abwechslung mal die Zähne in mich versenken. Ich vertrage das schon – und Bill auch.«
    »Um deinetwillen hoffe ich aufrichtig, dass das wirklich stimmt.« Nicholas strich sich mit einem Finger über den Mund und bewegte ihn dann warnend in der Luft hin und her. »Aber du darfst das nie, nie wieder tun. Wie ich dir schon gesagt habe, bin ich nicht …«
    »… gegen Versuchungen gefeit, ich weiß.« Ich musterte ihn nachdenklich mit schiefgelegtem Kopf. »Aber ich schon, denke ich.« Ich hängte mich bei ihm ein. »Komm schon, du Hasenfuß, wir müssen einer Löwin die Zähne ziehen.«

    Das Bimmeln der Schlittenglocken kündigte unsere Ankunft im Emporium an. Während Nicholas die mit Glocken behängte Tür zuzog, sah ich mich schon mal im Laden um. Eine elektronische Registrierkasse hatte seit meinem letzten Besuch das uralte Vorgängermodell ersetzt, aber ansonsten fielen mir keine Veränderungen auf.
    Rechts von uns befand sich eine lange Holztheke. Am hinteren Ende gab es einen Schlitz, durch den man die Post einwerfen konnte. Den Raum links von uns besetzten Regale und Warengestelle, gefüllt mit farbenprächtigen Lebensmitteln, Toilettenartikeln und allem möglichen Krimskrams. Eine Tür ganz hinten führte in Peggys wundersames Warenlager.
    Auf einem Holzstuhl hinter der Theke hockte Jasper Taxman. Da er und Peggy erst vor knapp einem Jahr geheiratet hatten, konnten sie immer noch als frisch vermählt gelten, doch er wirkte, als gehörte er seit Ewigkeiten zum Inventar.
    In der Tat sah Jasper ausgesprochen unauffällig aus – Anzug und Krawatte, beides braun und passend zum Braun seiner Haare und Augen –, doch unter dieser Durchschnittsfassade schlug ein leidenschaftliches Herz. Einmal hatte er das ganze Dorf in Erstaunen versetzt, als er das Gesetz gebrochen hatte, um Peggy vor einem Wegzug zu bewahren. Ich hatte keinen Zweifel daran, dass er so etwas wieder tun würde, zum Beispiel wenn er sie damit vor dem Gefängnis bewahren konnte. Er stand auf, als Nicholas und ich auf die Theke zutraten.
    »Guten Morgen, Mr Taxman«, begrüßte ich ihn. »Darf ich Ihnen Lilian Buntings Neffen, Nicholas Fox, vorstellen? Ich glaube, Sie kennen ihn noch nicht.«
    Dass Jasper meine Worte kommentarlos zur Kenntnis nahm, wunderte mich kein bisschen.
    Peggys Mann war genauso zurückhaltend wie sein Äußeres unscheinbar. Mir tat der Polizist leid, der versucht

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