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Tante Dimity und der unbekannte Moerder

Tante Dimity und der unbekannte Moerder

Titel: Tante Dimity und der unbekannte Moerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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war in ein weiches graues Licht getaucht, und die Luft war durchdrungen von den vertrauten Gerüchen nach Bienenwachs, Möbelpolitur und muffigen Gebetsbüchern. Ich schloss die Tür und lauschte dem prasselnden Regen.
    Dann überflog ich die Ankündigungen auf dem Schwarzen Brett und warf einen Blick auf die Flugblätter und Büchlein, die den Tisch darunter übersäten. Lilian Bunting hatte lange Stunden damit verbracht, das Heft über die Geschichte von Sankt Georg zu überarbeiten, und zum Zeichen meiner Anerkennung steckte ich wie bei jedem Besuch der Kirche einen Zehnpfundschein in die Spendenbüchse.
    Das Prasseln draußen wurde immer heftiger.
    Wahre Fluten strömten an den verbleiten Fenstern hinunter und warfen gespenstisch fließende Schatten an die Steinwand gegenüber. Der Widerhall meiner Schritte mischte sich mit dem Trommeln von draußen, als ich gemächlich das Südschiff entlangging, zum wiederholten Mal die Inschriften auf den Gedenksteinen las und es geflissentlich vermied, den Blick zu dem unheimlichen Wandgemälde vom Kampf des heiligen Georg mit dem Drachen zu heben. Gerade wollte ich die winzige Marienkapelle betreten, als ich …
    etwas spürte.
    Es war dieselbe Empfindung wie im Büro des Pfarrers, als Nicholas an mich herangepirscht war und mich das Gefühl beschlichen hatte, als wäre ein elektrisches Feld um mich herum gestört worden. Meine Nackenhaare sträubten sich, ich bekam eine Gänsehaut an den Armen, und meine Sinne ließen sämtliche Alarmglocken läuten. Es war der sechste Sinn, der am lautesten heulte und mich zur Flucht drängte.
    Doch ich hielt die Stellung. Langsam drehte ich mich um und sah, wie sich ein dunkler Umriss aus dem Schatten am hinteren Ende der Kirche löste. Als er am Fenster vorbeikam, verwandelte ihn das fließende Licht in die furchterregende Gestalt von Peggy Taxman. Von Kopf bis Fuß in Schwarz gehüllt, stapfte sie mit einem strengen, um nicht zu sagen bösartigen Blitzen in den blassblauen Augen auf mich zu.
    Mein Herz pochte im Takt zum herabprasselnden Regen; gleichwohl zwang ich mich zu einem Lächeln und sagte freundlich: »Hi, Peggy.
    Grässliches Wetter, nicht war?«
    »Grässlich ist hier einiges«, knurrte sie, »aber mit dem Wetter hat das nichts zu tun.« Sie blieb vor mir stehen und spähte suchend an mir vorbei. »Wo ist dein Liebhaber? Ich dachte, ihr zwei wärt unzertrennlich.«
    Mir verschlug es die Sprache. Und bevor ich mich von meinem Schock erholen konnte, feuerte Peggy die nächste Breitseite ab. »Ich habe in meinem Leben schon viele unverschämte Frauenzimmer gesehen, aber keines, das es mit dir aufnehmen könnte. Hast du überhaupt kein Schamgefühl? Turtelst mit deinem Beau vor unser aller Augen herum, als ob wir blind oder zu dämlich wären, um zu bemerken, was ihr treibt! Du magst dich ja wegen deinem Geld und deinen weiten Reisen für was Besseres halten als unsereins, aber eins kann ich dir sagen, du Luder, so viel wissen wir gerade noch von der Welt, um zu erkennen, wann eine Frau ein Flittchen ist.«
    »Ein Flittchen?« Ich verspürte den verrückten Impuls, einfach loszulachen, unterdrückte ihn aber, denn mir war klar, dass ich Peggy damit erst recht reizen würde.
    Aber Peggy hatte sich ohnehin schon in Fahrt geredet und war auf keine Provokation angewiesen, um noch eins draufzusetzen. Sie spuckte Gift und Galle.
    »Ich glaube ja nicht, dass du auch nur einen Moment darauf verschwendet hast, mal an deinen armen Mann zu denken, der so viel besser ist als alles, was du dir je wirst angeln können, und der sich abarbeitet, um seine Familie zu ernähren, während du es hinter seinem Rücken mit anderen treibst!« Peggys Augen funkelten wie die einer Irren, und sie hielt ihre schwarze Handtasche so fest umklammert, dass ihre Knöchel weiß wurden. »Wenn ich an die zwei süßen, unschuldigen Kinder denke, die du verlassen hast, nur weil sie dir bei deinem schmutzigen Seitensprung im Weg sind, dann … dann möchte ich …«
    Speicheltropfen spritzten aus Peggys Mund.
    Sie hatte sich in eine fast schon surreale Wut hineingesteigert. Und als sie jetzt auch noch die Faust ballte, wie um mich zu schlagen, konnte ich sie nur in ungläubigem Staunen gebannt beobachten.
    »Mrs Taxman!«
    Peggys Faust erstarrte in der Luft. Langsam drehte sie sich um die eigene Achse, bis sie Nicholas entdeckte. Er stand bei der offenen Tür, die Klinke noch in der Hand, als wäre er soeben eingetreten. Der Wind wirbelte seine Haare durcheinander,

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