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Tante Dimity und der unerhoerte Skandal

Tante Dimity und der unerhoerte Skandal

Titel: Tante Dimity und der unerhoerte Skandal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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Georgian mochte über zweihundert Jahre alt sein, aber seine Einrichtung war erfreulich modern.
    »Und wer ist Nicolette Gascon?«, erkundigte ich mich geduldig.
    »Williams Mündel«, erklärte Nell. »Wir sind mit wichtigen Papieren für ihn aus London gekommen.« Sie sah mich besorgt an. »Findest du, dass ich überheblich bin? Papa sagt, ich bin es manchmal. Und dass es nicht gut ist, weil es andere Leute irritiert.«
    Ich musste lachen. »Ach, zum Teufel, warum sollten wir Gerald nicht etwas vorspielen? Vermutlich macht er es ja mit William genauso.«
    Nell nickte zufrieden. »Das dachte Bertrand auch.«
    Ich stand auf und langte nach meinem Tweedrock. Ich fand den Gedanken, meine bequemen Jeans und den Pulli gegen diese Kostümierung zu vertauschen, nicht gerade verlockend, aber ich wollte Nell den Spaß nicht verderben. »Also war das Berties Einfall?«
    » Bertrand «, korrigierte sie. »Er wird hier bleiben und mit den Zimmermädchen flirten.«
    Während ich meine scheußlichen Klamotten anzog, berichtete ich Nell von meinem Gespräch mit Miss Coombs. »Es gibt gar keinen Zweifel«, schloss ich, »Miss Coombs ist in Vetter Gerald verliebt.«

    »Wirklich?«, sagte Nell. »Denn Mandy, Karen, Jane, Denise und Alvira sind es ebenfalls. Und Mr Digby sagte, er wäre gar nicht überrascht, wenn der Barkeeper nicht auch ein bisschen verknallt in ihn wäre.«
    Ich unterbrach meinen Kampf mit dem Reißverschluss. »Wer …?«, fragte ich.
    »Mandy, Karen und Jane sind Zimmermädchen.
    Denise arbeitet im Garten und Alvira ist die Kü chenhilfe«, erklärte Nell. »Mr Digby ist der Portier. Er sagte, ich erinnere ihn an seine Enkelin, und wir haben uns wirklich nett unterhalten. Sein Schwiegersohn ist der Manager der Midlands Bank hier in der Stadt. Vetter Gerald hat sein Konto dort. Ein ziemlich dickes. Er hebt zwei Mal im Monat eine größere Summe ab.«
    Meine detektivischen Fähigkeiten schienen mir plötzlich nicht mehr ganz so beeindruckend. Nell hatte die ›Lärchen‹ noch nicht erwähnt, aber ich rechnete jeden Moment mit der Mitteilung, dass Mr Digbys Urgroßneffe der Klempner war, der das neue WC dort installiert hatte.
    »Also verfügt Gerald über große Geldsummen«, überlegte ich und mir fielen Tante Dimitys Worte ein. »Ich frage mich, wie er das schafft, ohne zu arbeiten.« Ich zerrte an dem Tweedblazer und schnitt meinem Spiegelbild eine Grimasse. Ich sah aus wie eine Persönliche Assistentin vom Flohmarkt.
    »Mr Digby hat mir erzählt, dass Gerald zwei Mal im Monat mit dem Zug nach London fährt, ganz pünktlich und immer, wenn er Geld abgehoben hat«, sagte Nell. »Mr Digbys Tochter arbeitet am Fahrkartenschalter«, fügte sie hinzu.
    Mein Gesicht im Spiegel wurde missbilligend.
    Zwei Mal im Monat die geheimnisvolle Frau, dazu ein bis zwei Mal in der Woche sämtliche weiblichen Angestellten – und möglicherweise der Barkeeper – des Georgian Hotels, und wer weiß, wer sonst noch alles? Kein Wunder, dass der arme Junge versuchte, an das Geld von Willis senior zu kommen. Ein derartiger Lebenswandel musste ziemlich kostspielig sein.
    »Je mehr ich über Vetter Gerald höre, desto unsympathischer wird er mir«, sagte ich laut. Ich gab Nell den Stadtplan, sagte Bertrand Adieu und nahm meine Aktentasche. »So, und nun wollen wir mal sehen, was sein Liebesleben mit meinem Schwiegervater zu tun hat.«

    Zwar machte ich nicht die Augen zu, als wir die Kreuzung am Ende der Hauptstraße nahmen, an der die fünf Straßen zusammenliefen, aber ich war versucht, es zu tun. Derek hatte mir erzählt, dass die Bautätigkeit an der Südküste Englands die gesamte Infrastruktur sehr belastete, und jetzt sah ich, was er meinte. Es war halb fünf und der Berufsverkehr hatte eingesetzt – neben endlosen Reihen von Lastwagen, die sich auf Straßen dahinquälten, die ursprünglich für Ochsenkarren bestimmt waren, verstopften zusätzlich die Autos der Pendler sämtliche Zufahrtsstraßen. Als wir jedoch die Kreuzung hinter uns hatten, wurde es besser und ich konnte mich entspannen.
    Es war eine herrliche Fahrt. Die Wälder Englands hatten in dem schweren Sturm von 1987 sehr gelitten, aber in der Umgebung von Haslemere gab es noch immer viele hohe Bäume, und die Straße nach Midhurst war wie ein sonnengeflecktes Band, das sich zwischen ihnen dahinzog.
    »Dort ist es.« Nell hatte das Schild vor mir entdeckt. Es war klein und weiß und hing an einem eisernen Pfosten, der am Anfang einer grasbewachsenen Einfahrt stand,

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