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Tante Dimity und der unerhoerte Skandal

Tante Dimity und der unerhoerte Skandal

Titel: Tante Dimity und der unerhoerte Skandal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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langmütiger Engel geworden, der sakrale Gegenstände katalogisierte – außerdem war ich völlig bereit, ihm den Schürzenjäger zu verzeihen. Wenn ein Mann so aussah wie er – welche Chancen hatte er denn? Zweifellos erlebte jemand wie er täglich aufs Neue, wie sich ihm Zimmermädchen, Empfangsdamen und Barkeeper zu Füßen warfen. Und wer konnte es ihnen verübeln? Selbst wenn Vetter Gerald ein kreuzhässlicher Vogel gewesen wäre, allein sein Charme hätte ihn schon unwiderstehlich gemacht.
    War das der Grund, warum er London mit seiner bescheidenen Einsiedelei vertauscht hatte?
    Zwar hatte ich keine persönliche Erfahrung auf dem Gebiet, aber ich hatte mir immer ausgemalt, dass einem fantastisches Aussehen und große Schönheit mehr Ärger einbringen würde, als die ganze Sache wert war. Man wurde ständig von gierigen fremden Augen angestarrt und brach Herzen, von denen man nicht einmal ahnte, dass man sie berührt hatte. Vielleicht war Gerald die Mühe, so viele weibliche – und vielleicht auch ein paar männliche – Verehrer abzuwimmeln, zu groß geworden; vielleicht war das auch der Grund, warum die errötende Miss Coombs niemals in die ›Lärchen‹ eingeladen worden war.
    »Hier hinein, bitte.« Gerald öffnete die nächste Tür im Flur und trat zur Seite, um mir den Vortritt zu lassen. Das hintere Wohnzimmer war als Raum wenig eindrucksvoll. Die Möbel sahen aus, als seien sie gebraucht gekauft worden – ein mitgenommener hölzerner Schreibtisch, ein Sammelsurium an Beistelltischen und Lampen, ein Sofa und zwei Sessel mit langweiligen Überzügen in Beige, die einmal bessere Zeiten gesehen haben mochten. An den Wänden eine geschmacklose Tapete mit einem Muster aus Rosen und Bänderschleifen, eine Stilrichtung, die mich an Zimmer in billigen Pensionen erinnerte. Der nüchterne Kamin aus hellen Ziegeln war mit einer schrecklichen Vorrichtung versehen, die ich schon in einigen Häusern in Finch gesehen hatte. Man nannte es ein »elektrisches Feuer«, und wenn es eingeschaltet war, imitierte es ein schwaches Glühen, aber natürlich hatte es nichts von dem Knistern und Lodern eines wirklichen Feuers.
    Das Einzige, was den Raum vor vollkommener Trostlosigkeit bewahrte, war die fast völlig verglaste Rückwand. Eine breite Doppeltür, eingerahmt von zwei großen Fenstern, ging hinaus auf eine kleine gepflasterte Terrasse mit einem ungepflegten Rasenstück dahinter, das sich der vordringende Wald schon fast zurückerobert hatte.
    Durch das Laub fiel Sonnenlicht ins Zimmer und zeichnete unruhige Schatten auf den dünnen grauen Teppich.
    Nell saß zusammengesunken in einem Sessel, sie trommelte mit den Fingern und wippte mit dem Fuß und war jeder Zoll schlecht gelaunter Teenager, während Mrs Burweed im Zimmer umherging, Staub wischte und vor sich hin summte.
    »Vielen Dank, Mrs Burweed«, sagte Gerald.
    »Wir werden den Tee hier nehmen, wenn Sie so weit sind. Ich suche jetzt ein Pflaster, Miss Shepherd. Bitte machen Sie es sich bequem.«
    Ich wartete, bis Gerald und die Haushälterin hinausgegangen waren, dann schoss ich hinüber zu Nell und flüsterte eindringlich: » Großpapa? «
    »Ich musste doch etwas sagen«, zischte Nell.
    »Du standst da wie ein Reh im Scheinwerferlicht.«
    »Stimmt«, sagte ich. Der Hieb saß, und ich konnte ihm nichts entgegensetzen. »Tut mir Leid.«
    »Lass mich jetzt reden«, sagte Nell hastig. »Du brauchst nur auf ahnungslos zu mimen.«
    »Die perfekte Rolle«, murmelte ich. Als ich auf das Sofa sank, fragte ich mich, was aus dem zurückhaltenden Mädchen geworden war, das mit mir hierher gefahren war.
    Gerald kam mit einem ErsteHilfeKasten zurück, und nachdem ich meinen kleinen Finger zu seiner Zufriedenheit desinfiziert und verpflastert hatte, stellte er den Kasten auf einen der kleinen Tische und setzte sich in den zweiten Sessel.
    »Es tut mir Leid, aber der Tee wird sich etwas verzögern«, verkündete er. »Mrs Burweed besteht darauf, neue Baisers zu machen. Die anderen waren wohl zu lange im Backofen.« Er nahm die Brille ab und steckte sie wieder in seine Brusttasche.
    »Während wir warten, könnten Sie vielleicht mit Ihrer Geschichte fortfahren, Mademoiselle Gascon.
    Ich bin sicher, dass Miss Shepherd sie äußerst interessant finden wird.« Er lehnte sich bequem zurück und bedachte Nell mit einem amüsierten, toleranten Lächeln, das jedoch sofort von seinem Gesicht verschwand, als sie in Tränen ausbrach.
    »Verzeihen Sie mir«, schluchzte sie

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