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Tante Dimity und der unerhoerte Skandal

Tante Dimity und der unerhoerte Skandal

Titel: Tante Dimity und der unerhoerte Skandal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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kastanienbraunem Haar aufleuchten. Er war ähnlich wie bei unserem letzten Besuch gekleidet, in ausgebleichten Jeans und einem alten tannengrünen Hemd aus weichem Baumwollstoff.
    Willis senior sah irgendwie anders aus, aber ich konnte nicht gleich erkennen, was es war. Er saß Bill und mir gegenüber am Ende der Couch, auf die Mrs Burweed mehrere Kopfkissen für Gerald aufgetürmt hatte. Er trug einen makellosen anthrazitgrauen Nadelstreifenanzug, ein weißes Hemd und eine erlesene silbergraue Seidenkrawatte, aber das alles war nichts Ungewöhnliches. Willis senior war immer gut gekleidet, genau wie Nell. Sein weißes Haar war von der hohen Stirn zurückgekämmt und seine grauen Augen blickten so ruhig wie immer.
    Vielleicht waren sie ein wenig heller als sonst, wenn er mich ansah, aber das hatte ich erwartet.
    Er musste sich schrecklich freuen, Bill und mich zusammen zu sehen. Im Moment jedoch hatte er seine Aufmerksamkeit Nell zugewandt.
    Nell saß auf einem Fußschemel zwischen Willis senior und dem Kamin und unterhielt sich leise mit ihm. Plötzlich sahen sie in meine Richtung, und ich sah, wie Willis senior nickte. Und dann lächelte Nell mich so strahlend an, dass es mich fast umwarf.
    »Mr Willis! Alles in Ordnung?« Paul stand in der Tür und sah misstrauisch im Zimmer umher, wobei er mit der einen Hand einen Reifenheber, mit der anderen Reginald umklammerte. Er musste sich bewusst sein, was für ein merkwürdiges Bild er abgab, denn er kam schnell zu mir und gab mir Reginald.
    »Danke, Paul.« Ich setzte Reginald auf Bills Schoß, in der Hoffnung, dass das Häschen einen beruhigenden Einfluss auf meinen Mann haben würde. »Aber ich glaube, Sie sollten lieber den Wagenheber in Sicherheit bringen, ehe Mrs Burweed ihn sieht. Wir haben sie gerade mit Mühe davon abhalten können, die Polizei zu rufen.«
    Paul sah rückwärts über die Schulter zurück und sprach aus dem Mundwinkel. »Aber Master Bill sagte doch, sein Vater sei in großer Gefahr.«
    »Hat er das gesagt?« Willis senior sah zu Bill, der sehr aufmerksam die Decke betrachtete. »Sehr merkwürdig. Vielleicht hat mein Sohn, als er sich den Arm verstauchte, auch einen Schlag auf den Kopf bekommen. Wie Sie sehen, Paul, bin ich in keinerlei Gefahr.«
    Paul senkte die Hand mit dem Wagenheber.
    »Dann bringe ich den wohl am besten in den Kofferraum zurück und schaue mal nach, ob Mrs Burweed uns einen Tee machen kann.«
    »Und Sandwiches«, rief Nell. »Lori hat noch nichts zu Abend gegessen.«
    »Geht in Ordnung, Mylady«, sagte Paul. Er sah im Zimmer umher und schüttelte den Kopf. »Hier sieht’s aus wie auf einem Schlachtfeld.« Er drehte sich auf dem Absatz um und verschwand.
    »Gerald«, sagte Willis senior, »da dies dein Haus ist, möchte ich dich fragen, ob du mit der Änderung des heutigen Abendprogramms, wie es sich aus den jüngsten Vorfällen ergibt, einverstanden bist. Fühlst du dich in der Lage, unsere Unterhaltung fortzusetzen?«
    »Auf jeden Fall.« Gerald schwang die langen Beine über den Rand der Couch und setzte sich auf. Er legte eine Hand auf die Kopfkissen, um sich Halt zu verschaffen, und nahm den Eisbeutel vom Auge, das blau und zugeschwollen war. Bis morgen würde sich der Bluterguss wahrscheinlich über die Hälfte seines Gesichtes erstrecken.
    »Um Gottes willen«, murmelte Bill. Er gab mir Reginald und setzte sich neben Gerald. »Lass mich mal sehen.« Gerald bog gehorsam den Kopf zurück und strich sich das Haar aus der Stirn. »Das tut mir sehr Leid, Gerald.«
    »Ach was«, sagte Gerald. »Ich an deiner Stelle hätte wohl auf einer Enthauptung bestanden.«
    Bill runzelte die Stirn. »Ich glaube, ich sollte dich vielleicht zum Röntgen ins Krankenhaus fahren.«
    »Eine Tasse Tee tut’s auch.« Gerald hob den Eisbeutel wieder ans Auge und streckte die Hand aus. »Freut mich, dich kennen zu lernen, Vetter.«
    Bill grinste schuldbewusst und nahm zögernd Geralds Hand. »Gleichfalls, Vetter. Ich habe schon viel von dir gehört, und obwohl es mir schwer fällt, es zuzugeben – es scheint alles wahr zu sein.«

    »Hört sich an, als ob ich das als Kompliment verstehen muss«, sagte Gerald.
    Willis senior stand auf. Er war ein zierlicher Mann, nicht im Entferntesten so groß und breitschultrig wie sein Sohn, aber jetzt schien er den Raum zu füllen. »Ehe wir fortfahren«, sagte er und sah uns der Reihe nach streng an, wie ein unzufriedener Schulmeister, »wäre ich sehr dankbar, wenn mir jemand sagen würde, warum ihr drei

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