Tante Dimity und der unheimliche Sturm
dem Diebesgut ziehen könnten. Sie beschimpfte und piesackte sie und hörte nicht auf, gegen sie zu hetzen, sodass schließlich drei der Beschuldigten argwöhnisch wurden. Und diese drei hatten ein wachsames Auge auf die restlichen ehemaligen Kriegskameraden.
»Lucastas Fluch erfüllte sich«, sagte Wendy trocken. »Weder James noch Wally zogen je Profit aus ihrem Diebstahl. Sie konnten die Juwelen nicht verkaufen, weil sie sich ständig beobachtet fühlten. Wären ihre Sparguthaben zu schnell angewachsen, so wäre aus vagen Mutmaßungen womöglich ein handfester Verdacht geworden.«
Jamie verlagerte das Gewicht auf seinem Stuhl. »Da war noch etwas, das meinen Vater davon abhielt, die Juwelen zu verkaufen: Meine Mutter war während des Krieges Krankenschwester gewesen. Nie hätte sie ihm verziehen, eine Frau bestohlen zu haben, die sich so aufopferungsvoll um Verwundete kümmerte. Als sie Vaters Heiratsantrag über den großen Teich hinweg annahm, stopfte er die Halskette und die Ohrringe in eine Feldtasche, versteckte sie unter einem weiteren Dielenbrett auf dem Speicher und versuchte zu vergessen.«
»Wally stopfte das Diadem, die Broschen und die Armbänder in eine Kaffeedose und versteckte sie unter seiner Werkbank«, sagte Wendy. »Ich habe einen Monat gebraucht, um sie zu finden.«
»Warum haben sie die Parure nicht zurückerstattet?«, fragte ich. »Nachdem den beiden klar geworden war, dass sie sie niemals verkaufen konnten, warum haben sie sie Lucasta nicht ohne Absender zurückgeschickt?«
Wendy hob eine Augenbraue. »Sie haben die Parure gesehen, Lori. Würden Sie sie so mir nichts, dir nichts der Post anvertrauen?«
»Wohl kaum«, räumte ich kleinlaut ein.
»Sie hätten die Parure persönlich zurückbringen können«, bemerkte Wendy, »wenn sie bereit gewesen wären, für ihre Tat geradezustehen, wenn sie den Mut gehabt hätten, die Konsequenzen zu tragen.«
»Sie waren nicht die Einzigen, die die Konsequenzen hätten tragen müssen.« Jamie hörte sich müde und ein wenig ungeduldig an, so als hätte er diese Möglichkeit unzählige Male in Betracht gezogen. »Kannst du dir vorstellen, wie laut Lucasta triumphiert hätte, nach all den Jahren endlich recht zu bekommen? Niemals hätte sie sich einverstanden erklärt, die Sache privat zu bereinigen, Wendy. Sie hätte die Army involviert, und unsere Familien. Für die Boulevardpresse wäre es ein gefundenes Fressen gewesen. Kannst du dir die Schlagzeilen vorstellen? AMIS KLAUEN FAMILIEN-JUWELEN – DIE ARMY VER TUSCHT. Hättest du deiner Mutter diese Demü tigung gewünscht?«
»Nein«, murmelte Wendy. »Und darum bin ich hier.«
Jamie stand auf und ging ruhelos zu einem der Fenster. Eine Zeit lang blickte er in die Dunkelheit hinaus, dann drehte er sich um, lehnte mit dem Rücken gegen den Fenstersims und verschränkte die Arme vor der Brust.
»Ich hätte einen Weg gefunden, der Besitzerin die Juwelen zurückzuerstatten«, sagte er. »Aber zu dem Zeitpunkt, da ich Vaters Puzzle zusammengesetzt hatte, war sie bereits gestorben, ohne Erben zu hinterlassen.«
»Also haben wir beschlossen, zu tun, wozu unsere Väter sich nicht hatten entschließen können«, sagte Wendy. »Die Parure zurückzubringen.«
Es war unschwer zu erraten, was als Nächstes kam, aber Jamie sprach es für mich aus. Indem er diskrete Nachforschungen über seine Oxforder Freunde anstellte, erfuhr er, dass Ladythorne Abbey im Februar unbewohnt sei. Er und Wendy waren auf verschiedenen Flügen nach England gekommen, die Juwelen in ihren Rucksäcken aufgeteilt – zwei in jeder Hinsicht unauffällige Naturliebhaber, die sich auf die Ruhe und Abgeschiedenheit der winterlichen Wanderwege in England freuten. Sie hatten verabredet, sich in Ladythorne Abbey zu treffen, sich heimlich Zugang zu dem Haus zu verschaffen, die Parure zurückzubringen und wieder zu gehen.
»Dummerweise hat niemand Catchpole erwähnt«, sagte Jamie. »Und niemand hatte wissen können, dass ein Schneesturm uns einen Strich durch die Rechnung machen würde.«
»Ihr Auftauchen war ein zweischneidiges Schwert für uns«, sagte Wendy und neigte den Kopf zur Seite. »Einerseits ist es Ihnen gelungen, Catchpole zu bändigen, indem Sie ihm drohten, Ihren Mann auf ihn zu hetzen, und dafür waren wir Ihnen äußerst dankbar.«
»Andererseits«, fuhr Jamie fort, »warst du viel zu clever, um nicht zu bemerken, dass etwas nicht stimmte.« Er warf Wendy einen vielsagenden Blick zu. »Besonders wenn es Leute
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