Tante Dimity und der verhaengnisvolle Brief
–, warum Mr Moss am Auffinden von Miss Beachams nächstem Verwandten nicht so sehr gelegen sein könnte.
Es erscheint mir merkwürdig, dass er dir einerseits bereitwillig darüber Auskunft gegeben hat, was sie dem Obdachlosenheim der St. Benedict’s Church gestiftet hat, sich aber weigert, über die Erlöse aus der Auktion zu sprechen. Ich frage mich, ob sie für Kenneth bestimmt sind oder ob Mr Moss sich eine kleine Scheibe vom Kuchen abschneiden möchte.
Schließlich hat er ihr Testament aufgesetzt. Da könnte er die eine oder andere Klausel untergebracht haben, die ihn begünstigt. Willst du, dass ich ihm mal auf den Zahn fühle?«
»Noch nicht. Ein so toller Anwalt wie du könnte sich vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt als nützlich erweisen. Ich behalte dich lieber erst mal in der Hinterhand.«
»Klingt vernünftig«, meinte Bill. »Dann versuche ich in der Zwischenzeit herauszufinden, bei welcher Londoner Kanzlei Miss Beacham beschäftigt war. Das dürfte nicht allzu schwierig sein.
Wenn sie neunundzwanzig Jahre lang in ein und derselben Kanzlei gearbeitet hat, wird man sich zwangsläufig an sie erinnern.«
»Und sie wäre dort auch schon vor Kenneths Verschwinden tätig gewesen«, fügte ich hinzu.
»Das bedeutet, dass vielleicht auch irgendjemand weiß, warum er plötzlich weg war. Vielleicht kannte ihn sogar jemand persönlich.«
»Daran habe ich auch gerade gedacht«, meinte Bill.
Mein nächster Anruf galt Anscombe Manor.
Emma meldete sich noch knapper als normalerweise, und ihr Ton verriet mir, dass sie mit anderen Dingen beschäftigt und ziemlich erschöpft war.
»Hör zu«, sagte ich, »wenn du zu viel um die Ohren hast, um zu reden …«
»Geht schon in Ordnung«, unterbrach sie mich.
»Ich laufe heute schon den ganzen Tag wie eine Verrückte durch die Landschaft. Da tut es gut, wenn man mal eine Ausrede hat, um still zu sitzen.«
»Möchtest du noch eine Ausrede haben?«, fragte ich und gab ihr eine kurze Zusammenfassung der Ereignisse, die zu meiner Suche nach Kenneth Beacham geführt hatten, um ihr dann mein Anliegen vorzutragen. »Könntest du mir einen Gefallen tun und mal schauen, was dein Computer alles zu seinem Namen ausspuckt? Ich revanchiere mich dann bei Gelegenheit und helfe im Reitstall aus.«
»Wie denn?«, fragte Emma. »Du hast doch Angst vor Pferden.«
»Ich hab überhaupt keine Angst vor Pferden!«, protestierte ich. »Nur großen Respekt. Aus der Ferne. Aber jetzt mal im Ernst, ich mache wirklich alles. Den Stall ausmisten. Die Socken waschen.
Deine Jeans stopfen. Deine Fingernägel pflegen.«
Ich hätte weitergemacht, wenn Emma mich nicht mit prustendem Lachen unterbrochen hätte.
Ein Blick auf meine Fingernägel, die noch nie eine Maniküre genossen hatten, genügte, und ich verstand den Witz. Es dauerte mehrere Minuten, bis Emma sich wieder im Griff hatte.
»Uff«, stöhnte sie schließlich. »So hab ich seit Ewigkeiten nicht mehr gelacht. Ein Beweis mehr, dass ich eine Pause dringend nötig habe. Heute Abend erledige ich diese Recherche für dich. Morgen früh kann ich dir dann berichten, worauf ich gestoßen bin.«
»Du bist ein Schatz, Emma!«
»Häng dich nur nicht so sehr in dein neues Projekt rein, dass du meines vergisst. Ich erwarte dich zur großen Eröffnung am Samstag.«
»Die würde ich um nichts auf der Welt verpassen«, versprach ich. »Rob und Will würden das nie zulassen.«
»Schön, denn ich hab eine Überraschung für dich. Übrigens eine, die mich selbst ganz schön aus den Latschen gehauen hat.«
Ich wollte schon versuchen, ihr mehr Informationen zu entlocken, als eine Stimme im Hintergrund sie hinaus zum Übungsgelände befahl.
»Tut mir leid, Lori«, entschuldigte sie sich. »Die Pflicht ruft.«
Ich bedankte mich noch einmal und legte in Jubelstimmung auf. Mein Versprechen gegenüber Dimity würde ich natürlich halten und in die St.
Cuthbert Lane zurückkehren, aber noch mehr Vertrauen als in Miss Beachams Nachbarn setzte ich ins Internet. Der Fincher Nachrichtendienst mochte blühen und gedeihen, aber ich war mir sicher, dass der von Oxford mangels Gebrauchs eingegangen war.
9
AM NÄCHSTEN MORGEN schlug ich den Zwillingen erst gar nicht vor, mich zur St. Benedict’s Church zu begleiten. Nichts, nicht mal die große Beule an Big Als Kopf, kam gegen das aufregende Gefühl an, auf Anscombe Manor gebraucht zu werden. So schickte ich sie mit Annelise los und fuhr in der Gewissheit nach Oxford, dass sie den ganzen Tag
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