Tante Dimity und der verhaengnisvolle Brief
dunkler, da wir nun wieder durch die Wolken flogen, und auch darunter hellte es kaum auf. Das schreckliche Oxforder Wetter herrschte auch in Newcastle, was Percy aber nicht daran hinderte, den Jet sanft wie eine Feder auf der Landebahn aufzusetzen und ihn sogleich in der Reihe für die Pendlerflugzeuge zu parken. Ich zog meine Umhängetasche aus dem Fach hinter dem Cockpit und bekam die Segeltuchtasche nach dem Aussteigen von Atkinson ausgehändigt. Auf dem Weg zum Terminal erinnerte uns Percy noch einmal daran, dass um Punkt 18.00
Uhr der Start für den Rückflug war.
»Wenn Sie zu spät kommen, müssen Sie zu Fuß heimlaufen«, knurrte er und brach unvermittelt in sein wieherndes Gelächter aus. Dann trennten sich unsere Wege.
Fiona MacDonald meldete sich erst, als Gabriel und ich die Formulare für den Mietwagen fertig ausgefüllt hatten. Da ich ihren Anruf unmittelbar nach der Landung erwartet hatte, war ich über die Verzögerung leicht beunruhigt.
»Eine ganz kleine Komplikation, Lori«, berichtete sie. »Kenneth Fletcher-Beauchamps geht am Mittwoch nie ins Büro. Laut seiner persönlichen Assistentin – eine sehr nette Frau übrigens mit Namen Natalie – verbringt er den Mittwoch immer im Golfclub Fairhaven.«
»Für Golf ist das Wetter aber ganz schön mies«, brummte ich.
»Natalie sagt, dass Mr Fletcher-Beauchamps seine Kunden bei ungünstigem Wetter im Clubhaus bewirtet«, fuhr Fiona fort. »Für heute sind keine Kunden vorgemerkt, aber der Sekretär des Clubs –
ein gewisser Ian Drover – hat mir mitgeteilt, dass Kenneth seit sieben in der Lounge des Clubs sitzt und keine Anstalten macht zu gehen. Ich habe Mr Drover Ihren Namen durchgegeben, und er hat mir versprochen, Mr Fletcher-Beauchamps auszurichten, dass Sie im Anmarsch sind.«
»Danke, Fiona, Sie sind ein Genie!«, rief ich.
Fiona räusperte sich. »Sagen Sie, haben Sie mich gestern Abend nicht darauf aufmerksam gemacht, dass Sie vielleicht mit einem Freund hinfahren?«
»Ja«, antwortete ich verwundert. Mir war nicht ganz klar, worauf Fiona hinauswollte.
»Im Club werden Sakko und Krawatte verlangt.
Fairhaven hat eine strenge Kleiderordnung.«
Ich begutachtete Gabriels lässigen Tweedblazer und sah unter dem Kragen seines blauen Pullovers den Knoten einer marineblauen Krawatte hervorlugen. Damit hatte er den Test in meinen Augen bestanden. »Man wird ihn schon reinlassen«, versicherte ich Fiona.
Fiona war noch nicht fertig. »Mr Drover hat mich außerdem darauf hingewiesen, dass Fairhaven ein Club ausschließlich für Männer ist. Ohne männliche Begleitperson dürften Sie also gar nicht rein. Und dann hat Mr Drover mir noch den Weg vom Flughafen zum Club erklärt. Haben Sie was zum Schreiben?«
Ich zog meinen Kugelschreiber aus der Umhängetasche und kritzelte Fionas Beschreibung auf einen Block, den die Leihfirma freundlicherweise für ihre Kunden bereitgelegt hatte. Nachdem Fiona alles durchgegeben hatte, bedankte ich mich überschwänglich und legte auf.
Gabriel hatte mir über die Schulter gespäht.
»Fairhaven?«, fragte er und zog eine Augenbraue hoch.
»Spielen Sie Golf im Fairhaven?«, rief der Mann hinter dem Schalter bewundernd. »Haben Sie ein Glück! Ich hab gehört, dass sie dort in der Lounge eine Auswahl von über hundert Whiskeysorten haben, alles bester Malt. Da wird wohl jeder Golfer um Regen beten. Genießen Sie den Tag.«
Ich warf Gabriel einen unglücklichen Blick zu.
Meine größte Hoffnung war, dass Kenneth Fletcher-Beauchamps den Tag im Clubhaus nicht allzu sehr genoss. Noch so ein Gespräch wie mit der armen, einsamen Mrs Pollard würde ich garantiert nicht vertragen.
21
DER GOLFCLUB FAIRHAVEN lag in einer sanft gewellten Hügellandschaft fünfundzwanzig Meilen südwestlich von Newcastle. Von dem mitteilungsfreudigen Angestellten im Autoverleih hatten wir erfahren, dass das Gelände früher einem Speditionsmagnaten gehört hatte, der mit der Zeit in dem Maße, in dem sein Vermögen geschrumpft war, nach und nach seine Ländereien verkauft hatte.
Das Clubhaus war ursprünglich sein Eigenheim gewesen. Nur zu gerne hätte uns der Angestellte Broschüren in die Hand gedrückt, aber, wie er uns entschuldigend erklärte, gab es keine, weil der Club so exklusiv war, dass er es nicht für nötig erachtete, welche drucken zu lassen.
»Exklusiv bedeutet teuer«, bemerkte Gabriel, als wir die engen Straßen des Flughafengeländes verließen und über offenes Land rauschten. »Wenn der schlaue Kenneth
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