Tante Dimity und die unheilvolle Insel
reiben.
Ich beugte mich vor. »Damian, Sie hatten recht. Mit dem Licht, meine ich.«
»Glauben Sie?« Damian zog geheimnisvoll eine Augenbraue hoch, sagte aber nichts weiter.
Dann öffnete sich die Tür, und das Feuer flackerte auf, als ein zottelig aussehendes Paar in der traditionellen Ausstattung der Vogelkundler eintrat – alter Rucksack, Pudelmütze, weiter Anorak, robuste Wanderschuhe und Wollhose, deren Beine in warmen Kniestrümpfen steckten.
Die junge Frau hatte Fotoapparat und Fernglas an Riemen um den Hals hängen, und der Mann trug eine Plastiktüte gefüllt mit Naturführern, Notizblöcken und Landkarten. Beide waren groß, schlank, dunkelhaarig und gut aussehend, auch wenn im Falle des jungen Mannes eine für sein fein geschnittenes Gesicht viel zu große Brille mit abschreckendem schwarzen Rand den angenehmen Eindruck etwas trübte.
Sie grüßten Mrs Muggoch, deponierten ihre Mützen, Anoraks und Rucksäcke in der Ecke und traten schnurstracks zum Feuer. Als der junge Mann keine zwei Schritte von mir entfernt vorbeikam, blinzelte ich vor Verblüffung. Ich bemerkte in seinen Augen ein Flackern und spürte, dass meine eigenen sich weiteten: Wir kannten uns!
Bevor ich etwas sagen konnte, stolperte er, die Tüte flog ihm aus der Hand, und eine Lawine von Führern ergoss sich über unseren Tisch.
Meine Teetasse flog mir in den Schoß, und die Untertasse segelte durch die Luft. Sie war noch nicht am Kaminsims zerschellt, als ich eine verschwommene Bewegung registrierte. Plötzlich stand Damian mit ausgestrecktem Arm vor mir und hielt den jungen Mann am Pullover gepackt.
»Zurück«, sagte er leise.
»Himmel, ja, natürlich«, sagte der junge Mann verschreckt und wich ein, zwei Schritte zurück. »Das tut mir furchtbar leid. Das sind diese elenden Stiefel. In der freien Natur sind sie wunderbar, aber sobald ich wieder in der Zivilisation bin, stolpere ich ständig über meine eigenen Füße.« Er spähte durch seine beschlagenen Brillengläser zu mir herüber. »Das tut mir wirklich entsetzlich leid.«
»Du könntest dir wirklich mal die Brille putzen, Harry«, murmelte die junge Frau peinlich berührt.
Nun kam Mrs Muggoch mit einem Handtuch herbeigestürzt, und während ich den verschütteten Tee von meiner Jeans abtupfte, fragte die junge Frau Damian, ob sie die Sachen einsammeln könne, die aus Harrys Plastiktüte gefallen waren. Damian musterte sie kurz, ehe er beiseitetrat und ihr gestattete, ihre Unterlagen an sich zu nehmen.
Unterdessen hatte Harry seine Brille gereinigt und wieder aufgesetzt. Er blickte mich nervös an.
»Ich habe Sie doch hoffentlich nicht verbrüht, oder? Ich bin wirklich ein fürchterlicher Tollpatsch. Soll ich einen Arzt holen?«
»Nicht nötig«, wiegelte ich ab. »So heiß war der Tee nicht. Mir ist nichts passiert.«
Er drehte sich zu Mrs Muggoch um und meinte: »Den Schaden werde ich Ihnen selbstverständlich ersetzen.«
Sie tätschelte ihm begütigend die Schulter.
»Nicht nötig, junger Mann. Solche Missgeschicke passieren immer wieder.« Sie las die Scherben auf und kehrte zum Tresen zurück.
»Sie sind alle so freundlich hier.« Harry senkte den Blick missmutig auf seine Stiefel, dann sah er zu mir hoch, und seine Miene hellte sich auf.
»Sie interessieren sich nicht zufällig für Vögel?
Wenn doch, könnten Cassie und ich Ihnen ein paar wahnsinnig aufregende Nistplätze zeigen.
Bitte sagen Sie, dass Sie mitkommen! Auf diese Weise könnte ich das Missgeschick wiedergutmachen … Ach, Verzeihung …!« Er reckte mir die Hand entgegen. »Harry Peters – das bin ich, der ungeschickte Tollpatsch – und das ist meine Freundin, Cassie Lynton.«
»Lori Shepherd«, sagte ich. Damian zog schon eine finstere Miene, doch ich ignorierte das. Ich schüttelte Harry die Hand und nickte Cassie freundlich zu. »Ich bin auch gerade frisch auf Erinskil eingetroffen und würde mir die Nistplätze sehr gern ansehen. Wo und wann wollen wir uns treffen?«
Der junge Harry machte ein Gesicht, als hätte ich ihm die Absolution erteilt. »Am Küstenweg unter dem alten Kloster? Cassie und ich werden morgen ab sieben Uhr in der Früh dort sein. Je eher man rauskommt, desto besser, verstehen Sie?«
Ich zuckte innerlich zusammen. In der Dämmerung aufstehen – was für eine grässliche Vorstellung! Doch ich versprach Harry, dass Damian und ich pünktlich da sein würden.
»Prima!«, strahlte Harry.
Doch jetzt trat Damian dazwischen. »Wenn Sie uns bitte entschuldigen,
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