Tante Dimity und die unheilvolle Insel
aufpasst?«
»Wie denn? Sie wissen ja gar nicht, wo ich bin. Peter ist seit einem Jahr weg von zu Hause und studiert auf einer Insel hier in der Gegend die Robben. Ich habe keine Ahnung, was ihn nach Erinskil geführt hat, aber das werde ich schon noch rausfinden. Morgen früh werden Damian und ich ihm ein bisschen Gesellschaft leisten, wenn er die Vögel beobachtet.« Ich sah zu Mrs Gammidge auf, die meinen Suppenteller abräumte. »Wäre es Ihnen möglich, mir ein frü hes Abendessen aufs Zimmer zu bringen, Mrs Gammidge? Damian und ich treffen Peter schon um sieben, daher würde ich gern zu einer vernünftigen Zeit ins Bett gehen.«
»Nichts leichter als das, mein liebes Mädchen!«, dröhnte Percy. »Merken Sie sich’s vor, Mrs Gammidge. Ein frühes Abendessen für unseren geschätzten Gast in ihrem Zimmer.«
»Wenn ich einen Vorschlag machen darf«, sagte die Haushälterin, »Ms Shepherd könnte heute Abend mit ihren Söhnen speisen. Das Dinner wird um sechs Uhr im Kinderzimmer serviert.«
»Die perfekte Lösung«, erklärte ich.
»Ich werde Cook bitten, morgen das Frühstück um halb sechs zu Ihnen und Mr Hunter raufzuschicken«, fuhr Mrs Gammidge fort. »Ich werde sie auch bitten, einen Brotzeitkorb für Sie vorzubereiten, damit Sie sich wegen des Mittagessens nicht beeilen müssen.«
»Könnten Sie Cook vielleicht bitten, auch was für unsere Freunde einzupacken?«, fragte ich.
»Sie sind sehr jung und werden garantiert Hunger haben.«
»Selbstverständlich«, antwortete sie und trug das Seezungenfilet auf.
Damian wurde während des Essens immer einsilbiger und schwieg auch danach, als wir mit dem Aufzug zum Kinderzimmer hochfuhren, um bei den Zwillingen nach dem Rechten zu sehen.
Er war sichtlich besorgt, aber auf meine Frage, ob ihn irgendwas beunruhige, schüttelte er nur den Kopf.
»Nichts Konkretes«, brummte er. »Irgendwas stimmt nicht, aber ich kann nicht den Finger darauf legen.«
»Auf die Gefahr hin, egozentrisch zu wirken«, begann ich, »darf ich Sie fragen, ob dieses ›Irgendwas‹ mit den Jungs oder mit mir zu tun hat?«
»Das glaube ich nicht.« Er sah mir aufmerksam ins Gesicht. »Trotzdem wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie den Rest des Tages in Ihrer Suite oder im Kinderzimmer verbringen würden.
Ich werde veranlassen, dass der Tee im Kinderzimmer serviert wird.«
»Kein Problem«, meinte ich. Auf weitere Fragen verzichtete ich. Zwar wusste ich immer noch nicht, was ihn bedrückte, aber ich nahm an, dass das Treffen morgen in der Früh alle Vorbehalte, die er gegen Peter Harris haben mochte, ausräumen würde.
Den Rest des Nachmittags verbrachte ich im Kinderzimmer mit Rob und Will. Percy hatte sie mit so vielen Spielen versorgt und Andrew war ein derart guter Dompteur, dass sie ohne zu quengeln im Zimmer blieben. Als ich ihnen erklärte, dass Damian und ich am nächsten Morgen zeitig aufbrechen würden, teilten sie mir mit, dass sie ebenfalls sehr beschäftigt sein würden: Andrew wollte mit ihnen auf dem Wehrgang Ritter spielen. Und als ich ihnen dabei zusah, wie sie auf ihren Schaukelpferden galoppierten, war ich mehr denn je davon überzeugt, dass sie Percy anbetteln würden, sie zu adoptieren, wenn es so weit war, in ihr ödes Zuhause zurückzukehren.
Nach Tee, Abendessen, Bad und Gutenachtgeschichten ging ich in meine Suite und bekam bald einen Anruf von meinem niedergeschlagenen Mann. Wieder hatte er einen langen Tag damit verbracht, zusammen mit Chief Superintendent Yarborough Mandantenakten zu wälzen, und musste ihnen auch einen großen Teil des Abends widmen. Bisher gab es keinen einzigen Hinweis auf irgendeine dunkle Gestalt. »Ich komme mir so blöd vor, Lori«, stöhnte Bill. »Ich kenne meine Mandanten doch. Eigentlich müsste ich längst wissen, wer Abaddon ist, aber ich könnte beim besten Willen keinen mutmaßlichen Täter benennen.«
»Quäl dich nicht«, mahnte ich ihn. »Wenn einer deiner Mandanten übergeschnappt ist, ist es kein Wunder, dass du ihn nicht mehr kennst. Er muss sich sehr verändert haben.«
»Wahrscheinlich hast du recht«, murmelte er bedrückt.
»Hat Abaddon neue E-Mails geschickt?«, fragte ich.
»Nicht eine Zeile. Yarborough ist sehr beunruhigt. Seiner Meinung nach bedeutet das, dass Abaddon von einer Phase zur nächsten übergegangen ist – vom Versenden von Drohungen zu ihrer Ausführung .«
Ich umklammerte das Handy mit aller Kraft.
»Ist daheim alles in Ordnung?«
»Ja«, versicherte mir Bill. »Ich habe mit Ivan Anton,
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