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Tante Inge haut ab

Tante Inge haut ab

Titel: Tante Inge haut ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Heldt
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Antwort. »Johann, das war unfair. Das kannst du doch gar nicht vergleichen. Onkel Walter ist ganz anders. Und Tante Inge sowieso.«
    »Wieso? Schlechte Ehe ist schlechte Ehe. Und wenn man konsequent ist, geht man. Egal in welchem Alter.«
    »Das ist doch Blödsinn.« Verärgert suchte Christine nach Argumenten. »Außerdem kennst du meine Tante und meinen Onkel gar nicht, das kannst du nicht beurteilen.«
    Das war unfreundlich gesagt und auch unfreundlich gemeint. Sofort tat es ihr leid.
    Johann war zum Glück wenig empfindlich. »Christine, das will ich auch nicht. Ich möchte nur so furchtbar gern, dass du dich nicht einmischt. Lass doch deine Tante machen, was sie will. Ich habe mich so auf den Urlaub gefreut. Sie ist doch erwachsen. Und wir auch.«
    Langsam stand Christine auf, ging um den Tisch herum und küsste Johann. Auf den Mund und vor allen Leuten. Es war sehr wirkungsvoll, die Cayenne-Frau stierte hin, zunächst irritiert, dann irgendwie neidisch und schließlich mit dem Hauch eines Erkennens. Das rosa Polohemd machte einen langen Hals und brummte irgendetwas scheinbar Abfälliges.
    Johann lächelte und küsste zurück. Kampen, im Mai
    Liebe Renate,
    ich bin ganz aufgeregt, es passieren hier Dinge, die ich noch gar nicht fassen kann. Du hattest mir doch neulich am Telefon mein Horoskop für dieses Jahr vorgelesen. Wie war das noch? Auf zu neuen Ufern? Neue Kontakte? Die Erfüllung meiner Träume? Es ist unglaublich, wie genau meine Sterne das wussten.
    Während ich Dir schreibe, sitze ich in einem sehr netten Lokal direkt an der Westerländer Promenade, trinke Tee und schaue aufs Meer. Traumhaft. Ich war gestern Abend schon mal hier, hatte ein sehr interessantes Treffen mit einem Herrn ... Aber das gehört zu den Dingen, die ich dir erzählen muss, wenn wir uns mal wiedersehen.
    Meine Nichte war gestern übrigens auch hier. Sie sah mich kommen und hat dann so getan, als hätte sie mich nicht erkannt. Wer weiß, was in ihrem Kopf vorgeht. Vielleicht ist der neue Freund ihr Problem, aber wer guckt schon da hinein? Ich werde mich bald mal mit ihr unterhalten. Kannst Du auch noch nach ihrem Horoskop suchen? Ich will nicht, dass das Kind in sein Unglück rennt.
    So, ich habe mir jetzt einen Cocktail bestellt. Ich finde, das kann man so kurz vor dem Mittagessen mal machen. Schließlich habe ich Urlaub. So ein grünes Zeug mit grünen Zitronenstückchen. Schmeckt nicht so gut, wie es aussieht, ist aber sehr süß. Es hat einen komischen Namen: Kai Pirinja. Klingt nach einem finnischen Barkeeper, vielleicht hat er dieses Getränk erfunden. Gebracht hat es mir eine ganz  
    entzückende junge Frau, die hier bedient. Ich werde Anika fragen - so heißt sie nämlich -, woher dieser Kai kommt.
    Liebe Renate, mir ist jetzt ganz warm geworden, je länger man dieses grüne Zeug trinkt, umso besser schmeckt es.
    Also dann, bis bald, Prösterchen, Deine Inge
    Inge hatte gerade den Brief beendet, als Anika an ihren Tisch trat.
    »Entschuldigung, darf ich bei Ihnen kassieren? Ich habe gleich Feierabend.« Sie lächelte dabei so hinreißend, dass Inge regelrecht dankbar war, bereits 64 zu sein und nicht in Konkurrenz zu diesem schönen Wesen treten zu müssen.
    »Oh, sicher«, antwortete sie. Hatte sich dieses grüne Zeug direkt um ihr Sprachzentrum gewickelt? Sie suchte nach ihrem Geld und begann zu kichern. Einfach so. Sie konnte gar nichts dafür.
    »Schieber ...« Der Lachkoller war nicht mehr zu stoppen, Inge gab sich ihm hin. Sie hatte als Kind schon zu hysterischen Lachkrämpfen geneigt, leider fehlte ihrer Umwelt dafür das Verständnis. Ihr fiel Walter ein, und wie er jetzt gucken würde, wenn er sie sehen könnte. Und ihr Bruder erst.
    » Schieb erlisch.« Ging auch nicht. Inge konnte nichts anderes tun, als Anika ihr Portemonnaie hinzuschieben und ihren Kopf auf den Tisch zu legen. Als sie wieder hochkam, immer noch kichernd, sah Anika sie besorgt an.
    »Alles in Ordnung?«
    »Sisch... o Gott, ja, Entschuldigung. Ich hätte gern noch einen Kaffee.« Sie hörte im Geiste Walters Stimme: Inge, jetzt reiß dich mal zusammen. Wie alt bist du eigentlich? Das Kichern hörte einfach nicht auf, jetzt bekam sie auch noch Schluckauf. Inge legte die Hände über den Mund, hielt die Luft an, zählte bis drei, versuchte, trocken zu schlucken und wieder ernst zu werden. »Mama? Was hat die Dame?«
    Der kleine Junge stand plötzlich neben Anika und schaute Inge mit großen Augen an. Das brachte sie wieder zur Besinnung. Sie

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