Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tante Inge haut ab

Tante Inge haut ab

Titel: Tante Inge haut ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Heldt
Vom Netzwerk:
Christine stand auf. »Und nimm kein Bonbon von ihr an. Ich beeile mich.« Eine gute Stunde später fuhren sie auf der ehemaligen Inselbahntrasse in Richtung Kampen. Christine hatte beschlossen, das mütterliche Frühstück ausfallen zu lassen und stattdessen Johann in die »Kupferkanne« einzuladen. Das Wetter war schön, sie konnten im Garten sitzen und über das Wattenmeer bis Dänemark gucken. Wenn Johann da nicht wieder romantische Gefühle bekam, dann wusste Christine auch nicht weiter. Die weiche Mailuft, der Blick aufs Wasser, der Geruch des gelben Stechginsters und der rosa Sylt-Rosen und Johanns Rücken vor ihr, alles zusammen hob ihre Stimmung und machte sie zuversichtlich.
    Vor der »Kupferkanne« schlössen sie die Räder zusammen und gingen an dem Lokal vorbei in den zauberhaften Cafegarten. Christine ging etwas staksig, Radtouren war sie nicht gewohnt. Inmitten von Kieferhecken war ein Tisch frei, mit Blick aufs Watt.
    Johann lehnte sich entspannt zurück und hielt sein Gesicht in die Sonne. »Das war doch mal eine gute Idee«, sagte er. »Und es ist hier so friedlich.«
    Der Frieden währte allerdings nur so lange, bis das Frühstück kam. Dann wurde er von einem Paar gestört, das lautstark den Nachbartisch enterte, nachdem es die Bedienung beim Servieren fast umgerannt hatte. Charlotte würde jetzt sagen: »Als ob ihnen hier alles gehört.«
    »Schau mal, Günther, der Tisch ist gut. Mit Meerblick.«
    Die Stimme kam Christine bekannt vor, sie drehte sich unauffällig um, tatsächlich, das Ausparkwunder, die Cayenne-Frau. Na, super!
    Der Mann war um die siebzig. Er trug weiße Jeans und ein rosa Polohemd, dessen Kragen aufgestellt war. Bevor er sich hinsetzte, sah er sich selbstzufrieden um, vermutlich, um sicherzugehen, dass ihn auch wirklich jeder bemerkt hatte. Er deutete ungeduldig auf den Stuhl, der ihm gegenüber im Schatten stand. »Na los, Maus, setz dich hin, du stehst mir in der Sonne.«
    Die Auspark-Weltmeisterin stöckelte über den losen Kiesweg und nahm Platz. Ihr Gesichtsausdruck war unergründlich.
    Johanns Fuß strich über Christines. Sie sah in seine braunen Augen.
    »Ja?«
    »Maus! Du starrst schon wieder fremde Leute an.«
    »Ich starre doch gar nicht, ich habe nur kurz geguckt. Außerdem kenne ich die Frau, ich habe gestern versucht, ihr beim Ausparken zu helfen. Und ich hasse Kosenamen.«
    »Und?«
    »Hat nicht geklappt, (übst du mir mal das Rührei rüber?«
    Während sie das Ei auf eine Brötchenhälfte häufte, bekam das Paar nebenan seine Getränke, er ein großes Pils, sie ein stilles Wasser, ohne Eis, mit Zitrone. Kein Wunder, dass sie in Größe 36 passte. Von ihrem Gespräch waren nur Bruchstücke zu verstehen: »Ich denke, du wolltest was essen?... Danneben nicht. Hallo, Fräulein, ich nehme noch ein Schinkenbrot.«
    Er griff zu seiner Zeitung und begann zu lesen. Sie knibbelte an ihren Fingernägeln und sah aufs Watt.
    Johann schenkte Kaffee nach und streichelte Christine kurz über den Arm. »Du bist so still. Worüber denkst du nach?«
    »Dass es doch viele komische Paare gibt. Findest du nicht auch?«
    Er warf einen kurzen Blick zum Nebentisch. »Meinst du die beiden?«
    »Ja, zum Beispiel. Sie hockt da und macht ein beleidigtes Gesicht, er liest Zeitung, sie reden nicht miteinander, bestimmt haben sie auch keinen Sex mehr.«
    »Worüber du dir so Gedanken machst.« Johann rührte in seiner Tasse und sah wieder zu den beiden. »Er hat wahrscheinlich Sex mit seiner Sekretärin. Dafür hat sie ein großes Auto und teuren Schmuck und fährt zweimal im Jahr mit ihm nach Sylt. Das nennt sich Gegengeschäft.« Und dieser Mann hatte ihr vorgeworfen, sie hätte Vorurteile.
    »Woher willst du das mit dem Auto wissen?«
    »Sie ist so ein Tuareg-Typ«, antwortete er achselzuckend, »und er hat das Geld.«
    »Sie fährt einen Cayenne. Und du hast Vorurteile. Ich hätte keine Lust, so eine Ehe zu führen. Ich finde so was grauenhaft. «
    Wenn Johann lächelte, bekam er Grübchen. Und Christine einen warmen Bauch. Er beugte sich vor. »Was würdest du denn machen, wenn du mit so einem Typen verheiratet wärst?«
    »Ich hätte den nie geheiratet.«
    Johann winkte ab. »Die waren alle mal anders. Also, was würdest du machen, wenn dein Mann sich nach einer Weile so verhalten würde wie der da drüben?«
    »Ich würde ihn verlassen.«
    Jetzt grinste er. »Wie alt, glaubst du, sind die beiden?«
    »Mitte bis Ende sechzig?« Im selben Moment ärgerte sie sich über die schnelle

Weitere Kostenlose Bücher