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Tante Inge haut ab

Tante Inge haut ab

Titel: Tante Inge haut ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Heldt
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Bitte!«
    Ergeben nickte Christine - und dachte insgeheim darüber nach, wie sie es unauffällig hinkriegen könnte, wenigstens das ganz große Chaos zu verhindern. •
     Inge zog ihre Strümpfe aus und rollte sie zusammen. Dann drehte sie sich zu Till um, der hinter ihr im Sand saß und sich sorgfältig die Hosenbeine hochkrempelte.
    »Kannst du das allein, oder soll ich dir helfen?«
    »Natürlich kann ich das allein, ich bin ja wohl kein Baby mehr«, antwortete er empört und lief zu seiner Schaufel, die er ein paar Meter weiter in den Sand geworfen hatte. »Wollen wir erst einen Staudamm bauen oder eine Sandburg?«
    Inge band ihre Jackenärmel vor dem Bauch zusammen und verknotete die Schnürbänder ihrer Schuhe. »Was du willst, mir ist beides recht. Du musst mir sowieso zeigen, wie das geht, ich glaube, ich kann das gar nicht mehr.«
    »Das verlernt man nicht.« Zutraulich schob er seine Hand in ihre. »Und sonst zeige ich es dir. Wir bauen erst einen Staudamm. Am besten, du setzt dich hin und guckst mir zu, dann weißt du, wie das geht.«
    Das Aquarium hatte dummerweise geschlossen. Zum Glück hatte Till es gewusst, sonst wären sie umsonst hingefahren. Trotzdem hatte der kleine Junge sich gefreut, als Inge ihn abholte. »Dann fahren wir zum Strand«, hatte er eifrig gesagt, »an unsere Stelle, wo Mama und ich auch immer baden. Ich habe eine neue Schaufel bekommen, die kann ich da ausprobieren.«
    Jetzt saß Inge also mit nackten Füßen am Flutsaum und sah einem Achtjährigen zu, der mit konzentriertem Gesichtsausdruck den größten Staudamm seiner Karriere baute. Es überraschte sie, wie vertrauensvoll er war, obwohl er sie erst so kurz kannte. Vielleicht merkten Kinder aber auch, wessen Herzen sie zum Schmelzen brachten, und Inges Herz war bereits eine große Pfütze. Während er mit aller Kraft, die er hatte, den nassen Sand mit der neuen Schaufel auftürmte - »Die hat mir der Chef von Mama geschenkt, zum Geburtstag, so eine tolle hatte ich noch nie. Die schafft viel mehr als meine alte«, ließ Inge ihre Blicke über den Strand schweifen. Dieses Strandstück zwischen Wenningstedt und Kampen war wirklich schön und zudem kaum besucht. Nur weit hinten liefen ein paar Menschen, und in den Dünen tauchten ab und zu Spaziergänger auf, ansonsten war es sehr still und friedlich.
    »Sag mal, Till«, Inge betrachtete seinen gebeugten Rücken, »ist es dir eigentlich egal, wo die neue Wohnung ist?«
    »Nein!« Till stieß die Schaufel so energisch in den Sand, dass Inge zusammenzuckte. »Weil ... ich will nicht auf eine neue Schule. Und ich finde es auch doof, dass ich dann mit dem Zug zum Training fahren muss. Aber sag das bitte nicht Mama. Sie findet das ja auch blöd.«
    »Du möchtest also lieber auf Sylt bleiben? Auch in einer anderen Wohnung? Und mit anderen Nachbarn?«
    Till stützte sich auf den Stiel. »Das ist mir egal. Ich will nur nicht weg.« Er hatte Tränen in den Augen.
    Inges Magen krampfte sich zusammen. »Komm mal her.«
    Ohne zu zögern ging er auf sie zu, Inge streckte ihre Hand aus, zog ihn an sich und drückte ihn fest.
    »Pass mal auf«, flüsterte sie ihm ins Ohr, »ich glaube, ich habe eine Wohnung für euch. Ich bin mir sogar ziemlich sicher. Du brauchst dir also keine Sorgen zu machen. Aber das bleibt unser Geheimnis, versprochen?«
    »Echt?« Till hob drei Finger und strahlte sie an. »Ich sage nichts. Und jetzt baue ich weiter, ja?«
    Eine halbe Stunde später rappelte Inge sich mühsam auf. Ihre Beine kribbelten. Sie ging ein paar Schritte am Flutsaum  entlang, die nackten Füße im Wasser. Es war noch kalt, aber es war ja auch erst Anfang Mai. Sie sah hoch zur Dünenkante. Dort baute jemand eine Sandburg. Inge setzte ihre Sonnenbrille auf, konnte aber nur die Schaufel, einen Arm und eine grün-weiße Schirmmütze erkennen. Eine tiefe Stimme bellte knappe Anweisungen.
    »Inge, guck mal, ich bin fertig.«
    Sie drehte sich zu Till um, der stolz auf seinen Staudamm zeigte. »Super, das ist der größte Staudamm, den ich jemals gesehen habe.«
    Till nickte zufrieden. »Und jetzt bauen wir eine Sandburg da oben«, er deutete in die Richtung, in der bereits eine Burg entstand, »oh, da sind ja schon welche, egal, vielleicht sind da auch noch andere Kinder, darf ich trotzdem?«
    »Ja, na klar«, Inge fuhr ihm durch die Haare, »lauf.«
    Gerührt sah sie ihm nach, wie er zur Sandburg rannte und vorsichtig über den Wall lugte. Die Schaufel der grün-weißen Schirmmütze hielt daraufhin

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