Tante Inge haut ab
Na gut, vielleicht gibt es ja nur zwei oder drei Renates im Hotel, die gucken wir uns einfach alle an. Wiedererkennen wird Heinz sie ja hoffentlich.«
»Natürlich. Ich habe ein hervorragendes Gedächtnis. Gerade für Gesichter. Dann kommt.« Nebeneinander gingen sie auf den »Ulenhof« zu.
Heinz trat als Erster an die Rezeption. Bevor er etwas zu der Empfangsdame sagen konnte, hörte er hinter sich eine erstaunte Stimme.
»Wollen Sie zu mir?«
Er drehte sich schnell um und sah sich Renate gegenüber. Sie stand in einem feuerroten weiten Kleid vor ihm, in der einen Hand eine kleine Flasche Champagner, in der anderen ihren Zimmerschlüssel. Sie nickte der Empfangsdame zu und sagte: »Der Herr ... die Herren gehören zu mir«, wandte sich dann wieder zurück und fragte: »Ist etwas mit Inge?«
Charmant machte Heinz einen Diener und lächelte sie an. »Nein, nein«, säuselte er, »wir wollten Sie einfach mal besuchen. Also, mein Freund Kalli, mein Schwager Walter und ich.«
Renate kräuselte die Stirn und betrachtete Walter. »Sie sind Inges Mann?«
Walter neigte feierlich den Kopf. »Angenehm, gnädige Frau. Wir haben ja schon mal telefoniert. Wenn auch nur kurz. Stören wir Sie gerade bei einer kleinen Feier?« Neugierig starrte er auf die Champagnerflasche.
Renate warf ihre rote Haarpracht zurück. »Nein, nein. Ich finde nur, das Leben ist zu kurz, um was Schlechtes zu trinken. Ab und zu gönne ich mir einen kleinen Champagner, um mich selbst zu feiern. Man soll es sich ja nett machen, nicht wahr?«
Sie fixierte Kalli und lächelte ihm zu. Er wurde rot. »Sie haben ja schönes Haar«, stotterte er, woraufhin Heinz rügend und Walter verständnislos guckte. Kalli hob die Schultern. »Ich meine ja bloß. Also, das kann man wohl mal sagen.«
Renate, ganz Grande Dame, hatte die Situation im Griff. »Ich schlage vor, wir setzen uns in den Garten. Dort können wir uns besser unterhalten. Ich weiß nur nicht, was die Herren trinken wollen, mein kleines Fläschchen reicht leider nicht für alle. Also ... ?« »Natürlich Champagner!«, entschied Heinz sofort. Walter schluckte und stimmte dann mit gequältem Gesicht zu.
»Sehr gut gewählt«, beschied Renate, bevor sie mit Hüftschwung vorging und Kalli und Heinz ihr folgten. Nur Walter blieb kurz noch an der Rezeption und sagte leise: »Bringen Sie mal nur so eine kleine Flasche. Was kostet die eigentlich? Ach egal, und ich nehme ein Pils. Ein kleines.«
Renate nahm in einem Strandkorb Platz. Die drei Herren sahen sich unschlüssig an.
Schließlich holte Walter tief Luft, »Sie gestatten? «, wartete ihr huldvolles Lächeln gar nicht ab und setzte sich neben sie. Es war sehr eng, Walter atmete erst aus, als er einigermaßen bequem saß. »Passt«, sagte er und winkte Heinz und Kalli ungeduldig zu, »jetzt setzt euch endlich hin. Seid doch nicht so ungemütlich.«
Als die Bedienung mit den Getränken kam, starrte Heinz neidisch auf Walters Bier. »Du hast ja ...«, dann besann er sich und nickte Renate zu, »das ist wirklich eine gute Idee mit dem Champagner. Na dann prost.«
»Ich hätte aber auch lieber ...«, Kalli verstummte bei dem Blick, den Heinz ihm zuwarf.
»Wohlsein, die Herren!« Renate hob anmutig ihr Glas und blickte freudig in die Runde. »Ich bin gespannt, was Sie von mir wollen.« Sie trank mit geschlossenen Augen und stellte ihr Glas wieder hin. »Nun? Vermutlich geht es um Inge?«
Kalli musste aufstoßen und hielt sich verlegen die Hand vor den Mund, weshalb seine Antwort etwas undeutlich kam: »Ich weiß es nicht so genau, ich habe den Anfang gar nicht mitbekommen, weil ich so früh im Bett war.«
Walter versuchte, sich vorzubeugen, um sein Bier auf den Tisch zu stellen. Es gelang ihm nicht, er behielt das Glas in der Hand. »Sagen Sie mal, Renate, wenn Mädels eng befreundet sind, dann erzählen die sich doch so ziemlich alles, oder?« Sie verzog keine Miene. Heinz sprang seinem Schwager zur Seite. »Sie sind doch eine enge Freundin meiner Schwester. Und Sie waren mit ihr zur Kur und haben einige Wochen mit ihr verbracht. Da erzählt man sich doch sicherlich mal Geheimnisse, so im Dunkeln, kurz vorm Einschlafen.«
»Wir hatten zwei Einzelzimmer«, antwortete Renate. »Man hätte uns im ganzen Hotel gehört, wenn wir uns nachts Geschichten über den Flur zugebrüllt hätten.«
»Ach so.« Heinz nagte nachdenklich an seiner Unterlippe. »Hat Ihnen Inge wirklich nichts erzählt?«
»Natürlich haben wir uns viel unterhalten ...«,
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