Tanz auf dem Regenbogen
nächstgelegene psychiatrische Anstalt gebracht zu werden.
Wenn man es nur ein- oder zweimal hörte, war das Tape an sich nicht schlecht und zeigte sogar etwas von McGoverns großem Herzen sowie seinen vielen unterschiedlichen Seiten, obwohl es stark zu der Musik tendierte, die McGovern mit dem Geräusch von Abendroben, die über längst vergangene Tanzböden wischten, assoziierte. Die Aufnahme begann mit Nilsson, der den alten Fred-Neil-Song »Everybody’s Talkin’« sang, und ging dann in völlig willkürlicher, planloser Folge mit Bessie Smith, Frank Sinatra, Duke Ellington, »The Girl from Ipanema«, »Swing, Swing, Swing« von Benny Goodman, Van Morrison, Stephane Grappelli, »Back Door Man« von Willie Dixon und einer Reihe anderer Titel weiter, die ich verständlicherweise verdrängt habe, weil ich das verfluchte Tape ungefähr sieben Millionen Mal gehört habe. Die einzelnen Interpreten und die einzelnen Songs sind völlig in Ordnung, aber wenn das Material als Aggregat zusammengeschmolzen ist und einem unterschwellig, permanent und manipulativ aufgezwungen wird, hat es etwas an sich, das einen dazu bringt, wie McGovern zu denken und sich wie McGovern einzuschenken, und ich bin mir nicht sicher, was schlimmer ist.
Vor einigen Jahren war ich mit McCall in seinem Jet zu ein paar sonnigen Wochen in eine Villa oberhalb der Küste von Cabo San Lucas aufgebrochen. Die Entourage umfaßte McGovern, meine Schwester Marcie, Russell Walker (McCalls rechte und linke Hand), mehrere Lesben und mehrere Heterosexuelle, denen es vermutlich unangenehm wäre, ihren Namen hier gedruckt zu sehen. McGovern war es ganz bestimmt nicht unangenehm, sein Tape in der Anlage des riesigen Hauses zu sehen, sobald wir dort angekommen waren. Ein paar Tage später lagen einige Mitreisende, einschließlich McGovern, wegen einer Lebensmittelvergiftung flach. Nachdem ich ihn längere Zeit nicht aus seinem Zimmer kommen sehen hatte, machte ich mir ernsthaft Sorgen um seinen Gesundheitszustand.
»Glaubst du, McGovern ist von uns gegangen?« fragte ich Marcie nachmittags, als wir uns in den Liegestühlen am Pool flezten.
»Er ist am Leben«, sagte sie. »Sein Scheißtape läuft.«
In etwas jüngerer Vergangenheit anläßlich eines Trips zu McCalls Haus in LaJolla, hatte McCall sich über McGoverns Tape beschwert und ich mich uncharakteristisch kritisch McGoverns Tape im Besonderen und McGoverns Person im Allgemeinen gegenüber gezeigt. Ich hatte mehrfach den Klang der Stille im Haus beschworen und McGovern hatte sich schließlich dem Druck ergeben und das Tape ausgestellt. Ich war mir dunkel bewußt, daß die Songs sehr persönlicher Natur waren und für McGovern zweifellos einen meditativen Wert hatten, dennoch fuhr ich fort, an McGovern und seiner Musik herumzunörgeln. Zugegebenermaßen war er sich sicherlich bewußt, daß das unaufhörliche Abspielen seines selbst zusammengestellten Tapes jedes vernunftbegabte Wesen, einschließlich meiner selbst, irre machte. Trotzdem fing der große Mann nicht an, sich zu verteidigen. Er schien noch nicht mal sauer zu sein. Er hielt die kleine Kassette nur stoisch und liebevoll in seiner großen Hand.
»Ich möchte nur irgendwo hingehen«, sagte McGovern, »wo die Leute meine Musik zu schätzen wissen.«
So ermüdend ich McGovern auch manchmal finden mochte, ich hoffte sehr, daß auf irgendeiner sonnigen Insel gerade sein Tape gespielt wurde. Vielleicht wurde es an einem abseits gelegenen, wenig besuchten, wunderschönen Strand genau auf der Insel gespielt, auf der ich neben meinem Kumpel Hoover stand und auf dessen Freundin Carline wartete, während ich das zerrspiegelähnliche Auge eines traurigen ausgestopften Pottwales betrachtete, der mit der Stimme von Earl Buckelew sagte, daß mit der Flut schon alles proper rauskäme, nur daß sich der Pottwal zweifelsohne auf etwas anderes als den bekannten Haushaltsreiniger bezog.
»Carline ist an und für sich sehr pünktlich«, sagte Hoover. »Sie hat sich noch nie so sehr verspätet.«
»Vielleicht kann sie den Gedanken an diesen Pottwal nicht verkraften«, sagte ich.
26
»Das ist echt merkwürdig«, sagte Hoover ungefähr zwanzig Minuten später, als wir vor einem bodenlangen Umhang aus roten und gelben Federn standen.
»Hier steht«, sagte ich, »daß es auf der ganzen Welt weniger als hundert dieser Federgewänder gibt. Der scheue 0-0 Vogel steuerte die gelbe Feder auf der Unterseite seiner Schwingen bei. Leider ist der 0-0 Vogel
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