Tanz auf dem Regenbogen
recherchiere, dann gilt das auch für ihren Arsch, Kinkyhead.«
»Vielleicht würdest du deine Notizen mit dem Rest der Klasse teilen? In der Hektik unseres Abgangs aus dem Museum und ohne meine Lesebrille ist es mir leider nicht gelungen, das Kleingedruckte zu lesen.«
Während er gefährlich dicht an einem Steilhang entlang führ, unternahm Hoover die sportliche Anstrengung sein Notizbuch aus der Tasche zu ziehen und seine Notizen darin zu suchen. Diese Aktivitäten untermauerten nicht gerade Gefühle der Zuversichtlichkeit und des Wohlbefindens seitens seines Mitfahrers.
»Mal sehen«, sagte Hoover, »McGoverns Ururururururgroßvater lebte offensichtlich im 15. oder 16. Jahrhundert, plus minus ein paar hundert Jahre. Sein Schädel ist in einem der Ka ‘ai, von denen du ja liebend gern mehr erfahren möchtest, verborgen, und natürlich sind die Ka ‘ai zusammen mit dem Schädel vermißt.«
»Ich finde die Ka ‘ai immer interessanter. Was noch?«
»Der Typ, der aussah wie McGoverns Zwillingsbruder, war offensichtlich der Urenkel von King Liloa, wer zum Teufel auch immer das gewesen sein mag.«
In meinem Kopf fügten sich nun die Teile in schöner, wohlbekannter Weise zusammen. Ich war mir jedoch unsicher, ob Hoovers Freundin Carline Ravel wirklich vermißt war oder nur ein heißeres Date hatte, als zwei Opas im Museum zu treffen. Es war natürlich ihre Idee gewesen, sich dort zu verabreden, was vermutlich etwas zu bedeuten hatte. Was genau es zu bedeuten hatte, wußte ich allerdings auch nicht. Aber ich hatte das sichere Gefühl, daß das tiefere Gewässer waren als der unergründliche Pazifik. Mittlerweile glaubte ich, daß sie viel zu tief waren, als daß McGovern darin hätte untergehen können.
»Offensichtlich«, sagte ich, »muß dieser Liloa zu seiner Zeit eine große Nummer gewesen sein. Jetzt fahren zwei Männer in einem verbeulten Mazda auf ihrem Weg zum Hotel über die Insel und haben noch nie von ihm gehört. Soviel zu Ruhm und Unsterblichkeit.«
»Hör mir auf mit Ruhm und Unsterblichkeit«, sagte Hoover. »Vor Jahren, damals in Nashville, als John Hartford einen großen Hit mit ›Gentle on My Mind‹ hatte, hatte ich auch gerade ein Album draußen, auf dem auch ›Sometimes That’s All That Keeps You Goin‹ war.«
»Klasse Song, kann mich dran erinnern.«
»Du brauchst mich jetzt nicht aufs Podest stellen. Egal, Hartford und ich waren befreundet und wir wurden beide von den Glaser Brüdern produziert und verlegt, also gingen wir zusammen auf Tour, ich machte für ihn das Vorprogramm. Zu Beginn der Tour, hat John einen Riesen Aufriß gemacht, um mich den ganzen Reportern vorzustellen. Er sagte, ›Das ist mein Freund Will Hoover. Er ist ein brillanter Songwriter und hat gerade ein neues Album rausgebracht, das ihr euch unbedingt anhören müßt. Hoover ist bald ein großer Star‹, und so weiter, und so weiter. Es war natürlich sehr liebenswürdig von Hartford, das zu tun, aber dann entwickelte sich Gentle on My Mind zu einem Riesenhit. In jeder neuen Stadt, in der wir tourten, fiel Jacks Ankündigung meiner Person der Presse gegenüber immer magerer aus, bis er es eines Nachts – ich glaube, das war in Atlanta – komplett vergaß. Schließlich zeigte einer der Reporter in meine Richtung und fragte: ›Wer ist der Typ, der da hinten in der Garderobe steht?‹ Hartford sagte: ›Das ist der Typ, der mit mir reist.‹«
»Das ist echt ein starker Satz. Aber deine Rückentwicklung bei John Hartford fand in ein paar Wochen oder Monaten statt, wohingegen es ein paar Kulturidioten wie uns mehrere Jahrhunderte gekostet hat, Liloas Talente nicht zu erkennen. Aber du hast ja gesagt, er war auch nur der Urgroßvater des Mannes, dessen geschnitzter Kopf jetzt im Bishop Museum residiert und darauf wartet, die glücklosen Freunde von McGovern zu Tode zu erschrecken. Zum Teufel mit dem Urgroßvater! Wer war der McGovern-Imitator?«
»Mal sehen. Er war natürlich ein großer Stammeshäuptling. Deswegen hat man auch seinen Schädel und seine Knochen in einem der Ka ‘ai aufbewahrt…«
»Schon wieder die verfluchten Ka ‘ai…«
»Die Hawaiis heiligste Relikte sind…«
»Wie war sein Name?«
»Augenblick, ich hab’s hier aufgeschrieben. Ein scheißlanger Name.«
»Nicht so lang wie die John Hartford Geschichte.«
»Da steht’s«, sagte Hoover, »aber ich kann meine eigene Schrift nicht mehr ausmachen.«
»Versuch die Linie in der Straßenmitte auszumachen«, sagte ich verärgert.
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