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Tanz auf Glas

Tanz auf Glas

Titel: Tanz auf Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ka Hancock
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unerwartet.« Als ich mich von ihr löste, sah ich etwas in ihren Augen, das sie zu verbergen versuchte, und dann kamen die Tränen. Ich wusste, was in ihr vorging, und auf einmal war ich furchtbar wütend. Es ging hier um mich, nicht um das Baby, das sie vor dreizehn Jahren verloren hatte! Ich schüttelte den Kopf und wandte mich ab. »Tut mir leid, Lil, ich muss los«, stieß ich hervor.
    »Lucy, geh nicht. Es tut
mir
leid. Ich bin nur …«
    Die Ladentür bimmelte, und Lily wischte sich hastig mit beiden Händen die Tränen fort, aber es war nur Ron. Er warf einen einzigen Blick auf uns und sagte: »Oh. Das kann nichts Gutes bedeuten. Was ist los?«
    Lily stand zu hastig auf und stieß ihre Tasse vom Tisch. Sie hatte wieder zu weinen begonnen und ignorierte das Zitronenwasser auf dem Boden, während sie sagte: »Schatz, Lucy hat Neuigkeiten. Ich sehe oben nur schnell nach Mrs Flowers.« Damit war sie verschwunden.
    Ich hatte das Gefühl, mich gleich übergeben zu müssen.
    »Habt ihr Streit, du und Lil?«, fragte Ron und hob die Teetasse auf.
    Ich betrachtete meinen Schwager in seiner frisch gebügelten Khakihose und dem Batisthemd. Er hatte noch nicht einmal die Sonnenbrille abgenommen.
    »Ich glaube schon.«
    »Ist es schlimm?«
    »Ich bin schwanger, Ron.«
    Er setzte langsam die dunkle Sonnenbrille ab und starrte mich ein paar Sekunden lang an. »Oh. Das ist ja mal eine Überraschung.«
    »Ja.«
    »Und das hat sie so aufgeregt?«
    »Offensichtlich.« Ich schüttelte den Kopf und wurde immer ärgerlicher auf meine Schwester.
    »Ach, Lucy«, sagte er und blickte den Flur entlang dorthin, wo seine Frau verschwunden war. »Das wird wieder«, sagte er und nahm mich in den Arm. »Sie kommt schon damit klar. Aber was ist mit dir? Ich dachte, keine der Houston-Töchter dürfe Kinder bekommen. Also, was hat es damit auf sich?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Eine offenbar nicht ganz geglückte Eileitersterilisation, ein entschlossener kleiner Schwimmer … den Rest kannst du dir denken.«
    Er lachte leise. »Ist das jetzt etwas Gutes oder etwas Schlechtes? Ich muss meine Reaktion zurechtschneidern.«
    Trotz meines Ärgers musste ich lachen. »Beides, denke ich.«
    »Wie geht es Mic damit?«
    »Im Moment gut. Er freut sich sehr darüber.«
    »Na, dann freue ich mich für euch. Für euch beide.« Er sah mir in die Augen und nickte. »Alles wird gut.«
    »Ich wollte nur, dass sie sich für mich freut. Aber …« Ich verstummte.
    Er nickte immer noch. »Ich sehe lieber mal nach ihr, okay?«
    Ich blieb noch ein paar Minuten, bis ich das Gefühl hatte, dass die weinroten Wände immer enger um mich zusammenrückten. Als klarwurde, dass Lily nicht zurückkam, ging ich. Was hatte ich auch erwartet? Dass sich Lily vor Glück überschlagen würde? Ich wusste ja, dass etwas in ihr zerbrochen war an jenem Tag, als sie diesen kleinen Jungen wieder hatte hergeben müssen. Sie hatte bisher noch jedes Mal darüber geweint, wenn die Rede darauf kam, also hätte ich wissen müssen, welch empfindliches Thema das für sie war. Aber durfte ich mir denn nicht einmal ihren Segen wünschen? Nein! Anscheinend nicht.
    Nachdem ich für eine Weile reglos im Auto gesessen hatte, beschloss ich, es gleich ganz hinter mich zu bringen und Priscilla anzurufen. Ihre Sekretärin stellte mich durch, und meine Schwester meldete sich mit geschäftsmäßiger Stimme: »Priscilla Houston.«
    »Hallo, Priss.«
    »Wer ist da?«
    »Ich bin’s, und das weißt du genau. Ich wollte dir nur sagen, dass mir das mit dem Boot leidtut.«
    »Tatsächlich?« Sarkastisch.
    »Ja. Und dass ich schwanger bin.«
    Schweigen.
    »Tja, das war’s eigentlich schon. Ist wohl nicht mein Tag heute, also will ich dich auch nicht aufhalten.«
    »Lucy, warte doch mal, ich mache nur schnell die Tür zu.« Ich hörte einen dumpfen Knall, dann war sie wieder am Telefon. »Und jetzt noch mal von vorn. Geht es dir gut?«
    »Mir geht’s gut. Aber Lily nicht.«
    »Sie hat es nicht gut aufgenommen, hm?«
    »Nein.«
    »Lucy, wie kannst du schwanger sein? Hast du dir nicht die Eileiter durchtrennen lassen?«
    »Anscheinend sind sie wieder zusammengewachsen oder haben sich entknotet, was weiß ich. Irgendetwas muss da passiert sein. Offensichtlich.«
    »Willst du es bekommen?«, fragte Priscilla unverblümt. »Ich dachte …«
    »Ja, Priss, ich will es.
Wir
wollen es. Das Baby war nicht geplant, aber wir werden es bekommen.«
    »Wirklich? Bist du sicher?«
    »Priss …«
    »Tut mir leid,

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