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Tanz auf Glas

Tanz auf Glas

Titel: Tanz auf Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ka Hancock
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denn ich heirate ja nicht dich. Ich würde mich freuen, wenn wir Freunde werden könnten, aber das liegt ganz allein bei dir. Ich liebe deine Schwester.«
    »Dann trenn dich von ihr«, fauchte sie. »Denn du wirst ihr Leben ruinieren.«
    Ich rutschte zum Ende der Sitzbank und stand auf. »Ich gehe jetzt, Priscilla. Du bedeutest Lucy sehr viel, deshalb werde ich ihr nicht sagen, was du gerade von mir verlangt hast. Wir wissen beide, dass das eurem Verhältnis sehr schaden würde.«
    »Trenn dich von ihr, Mickey.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Du entscheidest über dein Leben, Priscilla, aber nicht über Lucys. Ich würde mich nur in einem einzigen Fall von ihr trennen, nämlich dann, wenn sie mich darum bitten würde. Also wirst du wohl sie bearbeiten müssen. Du hast nur noch einen Versuch, Priscilla, also streng dich an, denn falls du es wagen solltest, dich je wieder einzumischen, wenn wir verheiratet sind …«
    »Willst du mir etwa drohen?«
    Ich lächelte. »Nein. Ich rate dir nur dringend davon ab, dich mit einem Geisteskranken anzulegen, der anscheinend die Macht besitzt, Leben zu ruinieren.«
    Lucys Schwester funkelte mich an, und ich gab mir Mühe, den Blick genauso böse zu erwidern. Ich konnte es nicht fassen, aber da lief ihr doch eine einzelne streitlustige Träne übers Gesicht und schmolz das Eis. Ich stieß den Atem aus und ließ mich neben ihr auf die Bank sinken. Einen Moment lang schwiegen wir. Dann wimmerte Priscilla: »Du machst mir Angst, Mickey. Richtige Angst.«
    »Das kann ich verstehen.« Ich legte einen Arm um sie. »Manchmal mache ich mir selbst Angst. Aber trotz all meiner Bemühungen schaffe ich es einfach nicht, deiner Schwester Angst zu machen.«
    Priscilla blickte zu mir auf, und die schiere Sorge in ihren Augen berührte mich tief. Ich zog sie an mich und murmelte mit einem dicken Kloß in der Kehle: »Ich werde gut auf sie aufpassen, Priss. Versprochen.«
     
    Nachdem ich Mickeys Brief gelesen hatte, wusste ich, dass es kein Zurück mehr gab. Ich liebte ihn, aber ich wusste nicht, wie meine Liebe während dieser grässlichen Zeit aussehen sollte. In der Klinik ließ man mich nicht zu ihm, was mich so nervös machte, dass ich beinahe zu nichts mehr fähig war. Doch Gleason versicherte mir, es sei besser so, weil Mickey immer noch völlig psychotisch sei. Also schaute ich trotzdem jeden Tag auf dem Heimweg von der Schule im Krankenhaus vorbei, um ihm eine Nachricht zu hinterlassen. Auf dem Zettel stand jeden Tag dasselbe:
Ich liebe Dich. Ruf mich an, wenn Du wieder da bist.
    Und eines Tages rief er tatsächlich an. Gewissermaßen. Mein Telefon klingelte, doch am anderen Ende der Leitung herrschte Stille, und dann legte er auf. Ich wusste, dass es Mickey war, und rief sofort im Krankenhaus an. Die diensthabende Schwester sagte mir, es gehe ihm schon besser, aber er sei noch sehr erschöpft. »Das ist normal, wenn man in einer Woche weniger als zwanzig Stunden geschlafen hat«, erklärte sie.
    Ich fuhr schnurstracks ins Krankenhaus. Zum Glück war Gleason dort. Er nahm mich väterlich in die Arme und sagte, Mickey habe einen guten Tag. Um mir die Sache möglichst einfach zu erklären, beschrieb er Mickeys Weg als
abstürzen
 – er war schon eine ganze Weile auf dem Weg nach unten gewesen, und vor sieben oder acht Tagen war es dann steil abwärtsgegangen –,
aufschlagen,
was ihn ins Krankenhaus gebracht hatte, und dann
wieder hochklettern,
was er anscheinend jetzt gerade langsam tat. Wie lange es dauerte, bis er aus dem Loch herausgeklettert war, sagte Gleason, hinge davon ab, wie die Medikamente anschlugen.
    »Darf ich ihn sehen?«
    »Natürlich.«
    Ich wollte eigentlich nur ein paar Minuten bleiben, aber als ich ihn sah, konnte ich einfach nicht wieder gehen. Mickey schlief fest in seinem Krankenhausbett, unter einer dünnen, abgenutzten Decke. Er hatte geduscht, und ich roch sein Shampoo, als ich mich über ihn beugte, um seine kühle Stirn zu küssen. Er rührte sich nicht, als ich mit den Fingerspitzen seinen Arm hinab und über seine Hand strich, mit der er meine Nachrichten fest an die Brust gedrückt hielt. Ich muss anderthalb Stunden oder länger bei ihm gesessen und ihn still beobachtet haben. Ich hatte ihn vermisst und wollte so gern da sein, wenn er die Augen öffnete. Was für eine schreckliche Woche er doch hinter sich hatte, und welch ein Kontrast, ihn an diesem Abend so still und friedlich zu sehen!
    Draußen auf dem Flur klingelte das Patiententelefon, und jemand

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