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Tanz auf Glas

Tanz auf Glas

Titel: Tanz auf Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ka Hancock
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Entschuldigung dafür herauslesen, dass sie das mit niemandem abgesprochen hatte, und ich wusste sie sehr zu schätzen, denn Entschuldigungen waren nicht gerade Priscillas Stärke. Dann merkte sie noch an, dass die Milch alle sei. Unter dem Strich fand ich, dass Priss nicht so wütend klang, wie ich es erwartet hätte. Ich beschloss, sie am nächsten Tag anzurufen.
    Während Mickey die Post öffnete, zündete ich Kerzen an und ließ ein Bad einlaufen. Ich hatte mich gerade in den duftenden Schaum sinken lassen, als ich ein Kribbeln in der Kehle spürte und zu husten begann. Zu dumm, dass ich nicht daran gedacht hatte, etwas zu trinken mit ins Bad zu nehmen. Doch wie aufs Stichwort erschien Mickey mit zwei Gläsern mit Eiswürfeln und einer Flasche Wasser. Er sagte, er wisse zwar, dass mir Wein lieber gewesen wäre, aber natürlich würde es vorerst keinen Wein mehr geben. Dann stieg er zu mir in die Wanne, und mein geplantes Entspannungsbad wurde etwas weniger entspannend, aber ich beklage mich nicht.
    Wir lagen noch eine ganze Weile gemütlich im Wasser und setzten die Unterhaltung fort, die wir auf dem Boot begonnen hatten. Ich staunte darüber, wie blitzartig dieses Baby all unsere Gedanken beherrschte. Schon jetzt stellte unsere Tochter den neuen, absoluten Mittelpunkt unserer Ehe dar. Ich hatte das Gefühl, dass wir das Gespräch, das gestern begonnen hatte, unser ganzes Leben lang weiterführen würden. So war es wohl, wenn aus einem Paar eine Familie wurde.
     
    Als ich am nächsten Morgen aufwachte, fühlte ich mich nicht besonders gut. Mir war schlecht, und mir fiel einfach nichts ein, was ich hätte essen mögen. Ich wollte von Mickey bemitleidet werden, doch als ich die schlafende, friedvolle Gestalt neben mir betrachtete, brachte ich es nicht über mich, ihm etwas vorzujammern. So schläft er, wenn er stabil ist. Keine Unruhe, keine Alpträume. Die stärkere Dosis Zolpidem tat natürlich das ihre. Ich küsste ihn auf die Nasenspitze und krabbelte aus dem Bett.
    Während ich darauf wartete, dass das Teewasser kochte, sah ich mir die Veränderungen an, die Gleason an Mickeys Psychopharmaka-Cocktail vorgenommen hatte. Dann kramte ich in Mickeys Rucksack nach den Medikamenten. Gleason hatte ihn wieder auf Carbamazepin gesetzt, und Mickey hatte während unseres Ausflugs offenbar alles eingenommen, was er nehmen sollte. Der Teekessel pfiff, und ich kochte mir eine Tasse Pfefferminztee. Sobald ich mich besser fühlte, wollte ich die Wäsche machen und dann vielleicht ein üppiges Frühstück für Mickey, aber ich wurde abgelenkt. Ich fand mich in unserer sogenannten Abstellkammer auf der Fensterbank wieder.
    Priscillas ehemaliges Kinderzimmer war vom Sonnenlicht eines nagelneuen Tages durchflutet. Während ich an meinem Tee nippte, fragte ich mich, wie man in diesem Zimmer jemals mit schlechter Laune aufwachen konnte. Aber irgendwie hatte Priss das ziemlich häufig geschafft. Als ich noch recht klein gewesen war, hatte sie sogar ein Warnschild an ihre Zimmertür geklebt: EINDRINGLINGE WERDEN ANGESPUCKT , UND WER MIR NICHT GLAUBT , KANN ES JA MAL AUSPROBIEREN !
    Ich sah mich in dem Zimmer um und überlegte, wo ich das Kinderbett hinstellen würde und welche Farben für ein kleines Mädchen am schönsten wären. Vielleicht Rosa und Moosgrün, oder Blassgelb und Orange. Geblümter Baumwollstoff für das Nestchen. Wenn sie älter war, konnte ich ja mein altes Himmelbett wieder hervorholen. Bewusst versuchte ich mir diesen Raum als Babyzimmer vorzustellen, doch meine Gedanken schweiften immer wieder ab zu jener Zeit, als dies mein Zimmer gewesen war.
    Priss war längst ausgezogen und Lily an der Uni, so dass nur Mom und ich noch da waren. Mein Zimmer war immer der kleine Raum hinter der Küche gewesen. Doch während ich auf Klassenfahrt in Washington D.C. war, räumte Mom meine Sachen nach oben in Priss’ Zimmer. Als ich nach Hause kam, hatten Harry und Jan die Wände neu tapeziert und auf den Holzdielen Teppichboden verlegt. Jan und Mom hatten einen Quilt für mich genäht, und es gab neue Möbel – ein Himmelbett und eine große Kommode. Das war fast zu viel des Guten, denn ich war mir nicht sicher, ob wir uns das leisten konnten, aber alles war wunderschön.
    Als ich meine Mom an jenem Tag umarmte, fühlte sie sich zum allerersten Mal klein an. Ich wusste, dass sie schrumpfte, ausgezehrt wurde, doch wenn sie mich umarmte, hatte sie sich immer noch so angefühlt, wie ich es gewohnt war. Solide, standfest –

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