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Tanz auf Glas

Tanz auf Glas

Titel: Tanz auf Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ka Hancock
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musste ich zu einer staatlichen Lehrerkonferenz in Hartford. Ich war den ganzen Tag lang fort, und als ich endlich nach Hause kam, saß Mickey, der eigentlich im Club sein sollte, auf den Stufen vor dem Haus. Seine Shorts und nackten Füße erweckten den Eindruck, dass er nicht vorhatte, irgendwohin zu gehen, und ich stieg glücklich aus dem Auto.
    »He, was machst du denn zu Hause?«, fragte ich und küsste ihn auf die Stirn.
    »Ich habe mir heute Abend freigenommen, um mich um ein kleines Projekt zu kümmern.«
    »Was für ein Projekt?«, fragte ich und bemühte mich, nicht allzu erschrocken zu klingen.
    Er lachte. »Werd nicht gleich nervös. Komm mit und mach die Augen zu.«
    Er führte mich ins Haus, und obwohl ich ihm versprach, nicht zu blinzeln, hielt er mir mit seinen großen Händen beide Augen zu. Ich rechnete halb damit, gleich frische Farbe zu riechen, aber anscheinend hatte sein Projekt nicht darin bestanden, das Kinderzimmer zu streichen.
    »Okay, Lu. Augen auf.«
    Ich quietschte vor Freude. Mitten im Wohnzimmer stand das Gitterbett, das ich hatte haben wollen, seit ich es im Katalog gesehen hatte. Es war sogar noch schöner als auf dem Bild – cremeweiß mit einem Gitter aus breiten Latten, und wir konnten es zu einem normalen Bett umwandeln, wenn sie größer wurde. Ich sah Mickey an und warf mich ihm um den Hals.
    »Es ist wunderschön! Ach, mein Schatz, ich danke dir! Danke. Danke!« Ich küsste sein Gesicht ab.
    Er hatte es fix und fertig aufgebaut, und es war genau das, was ich wollte. Ich strich mit den Fingerspitzen über das Gitter und stellte mir vor, wie die bauschige rosafarbene Bettwäsche, die ich mir ausgesucht hatte, darin aussehen würde – das dunkelhaarige Baby schlafend in rosa Wolken. Ich trat zurück, um das Bettchen im Ganzen zu bewundern. Dann musste ich lachen, weil es ziemlich viel Platz einnahm.
    »Ich weiß«, sagte Mickey, der mir ansah, was ich dachte. »Ich wollte es im Kinderzimmer zusammenbauen, und das hätte ich auch getan, wenn es zum vereinbarten Termin geliefert worden wäre – nächsten Donnerstag. Aber es kam heute, und ich konnte nicht widerstehen. Wir streichen dieses Wochenende – wenn wir sicher wissen, dass es ein Junge wird –, und dann schleppe ich es nach oben.«
    Ich küsste ihn, während ich aus meinen Schuhen schlüpfte. »Du bist ein fantastischer Ehemann, auch wenn du schrecklich falschliegst.« Ich setzte mich aufs Sofa, um Mickeys Werk weiterhin zu bewundern. Er weigerte sich immer noch, Farbe zu kaufen, ehe Charlotte bewies, dass ich recht hatte, also würde das Bettchen wohl vorerst mitten im Wohnzimmer stehen bleiben. Mich störte das eigentlich gar nicht.
    »Hast du schon gegessen?« Ich gähnte.
    »Nein, ich habe auf dich gewartet.«
    »Was sollen wir denn essen?«
    »Ich finde, wir sollten die Lasagne essen, die ich gemacht habe.«
    Ich sah ihn an und hätte weinen mögen. »Ach, du bist einfach mein Held!«
    Am nächsten Wochenende fand ich eine Möglichkeit, die tolle Überraschung zu erwidern, nämlich auf dem privaten Flohmarkt der Dunleavys – ich erstand einen Schaukelstuhl. Er war schwer, uralt und riesig, und ich hatte nicht einmal gewusst, dass ich nach einem Schaukelstuhl suchte, bis ich ihn sah. Ich musste ihn unbedingt haben, denn das war genau der Stuhl, in dem mein großer, schwerer Ehemann seine winzig kleine Tochter in den Schlaf wiegen konnte.
     
    Nachdem ich Charlotte ständig damit in den Ohren gelegen hatte, erklärte sie sich bereit, in der achtzehnten Woche das Geschlecht des Kindes für uns zu bestimmen. Der erste August war schon seit Wochen in Rosa und Blau auf unserem Kalender eingekringelt. Die Wette um hundertneunundzwanzig Dollar stand noch, aber ich war absolut sicher, dass es ein Mädchen war. Und obwohl ich wusste, dass sich Mickey insgeheim auch ein Mädchen wünschte, befühlte er hin und wieder prüfend meinen Babybauch und erklärte: »Es fühlt sich an wie ein Junge, Lu«, woraufhin ich stets erwiderte: »Nein, tut sie nicht.«
    Vor allem aber wollte ich, dass er spürte, was ich inzwischen spürte: kleine Schmetterlingsflügel, erst so zart, dass ich meinte, sie mir einzubilden – unser Baby erwachte zum Leben. Ich konnte es kaum erwarten, Mickeys Hand auf meinen Bauch zu legen, damit er ihre kleinen Tritte fühlte.
    Bev Lancaster führte uns ins Untersuchungszimmer und bat mich auf die Liege. Zehn Minuten später lag ich dort mit hochgezogenem T-Shirt, den Bauch in die Luft gereckt, und

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