Tanz der Aranaea (German Edition)
lehnte ihren Kopf an meine Schulter. Wir schwiegen danach für eine lange Zeit und jeder träumte vor sich hin.
»Marie-Claire, ich habe soeben mir ein Gedicht über Cheliff und Chelia ausgedacht, für dich.«
»Ein Gedicht? Du kannst das, Francesco?«
»Im Allgemeinen nicht, Marie-Claire. In diesem Fall muss aber deine schöne Geschichte mit einem Gedicht vollendet werden. Vielleicht gefällt es dir?«
»Sag es mir, mon Cher.«
»Also, jetzt passt du auf! Mein Gedicht:
Cheliff und Chelia, Im Schweigen der Nacht gedenke ich Deiner Anmut, in der Ruhe des Morgens schwebe ich in die Schönheit Deiner Seele. Ein Hauch Deiner erweckt das tote Gestirn zu Leben, durch Dich wird das unendliche Universum leuchten. In tiefer Andacht höre ich in Dir das Gesuchte und berühre ich Deine Seele, dann spüre ich mich. Deine leuchtende schwerelose Anwesenheit glänzt allmächtig, wie ein Lichtstrahl eines kristallenen Regenbogens. Dies wundertätig goldene Licht vermag kein Geschöpf Allahs schöner zu Gestalten und kann nur in meinem Herzen erhalten bleiben. Es wird Leben in mir - Und mit Dir ist es der Schlüssel zum Paradies .«
»Es ist wunderschön, Cheri! Ich habe vorher schon nicht gewusst welche Art Mensch du bist aber jetzt weiß ich es erst recht nicht. Ich werde dein Gedicht von einem Schreiber auf feinstem Papier schreiben lassen. Es soll eingerahmt in diesem Zimmer seinen Platz finden und mich immer an dich
erinnern. Du wirst mir ein ewiges Rätsel bleiben. Ein Dichter mit Drahtschlinge? Wer oder was bist du?«
»Ich bin Francesco Maria Vancelli, Marie-Claire. Nicht mehr und nicht weniger!«
***
Freitag, den 20. Dezember 1963. Constantine.
Seit Mittwoch war ich für Sabi Loulou und Zouzou, überfällig. Ich saß mit Zöpfchen im Fond des Citroens ID, den Hossni steuerte.
Sein Beifahrer, Salim hielt eine Maschinenpistole auf dem Schoß, bereit uns den Weg nach Constantine notfalls frei zu schießen. Marie-Claire bestand darauf. Obwohl es erst im Frühjahr eine mächtige Revolte der Kabylen, gegen die Regierung Ben Bellas, und den Soldaten des Houari Boumediennes, gab, und mit Straßensperren gerechnet werden mussten, scherten sich die Kabylen einen Kehricht um die Soldaten Boumediennes. Am hellen Tag und auch bei Nacht, bewegten sich die Kabylen, schwer bewaffnet, in ihrem Territorium, in der Großen und Kleinen Kabylei und in diese Gebiete, getrauten sich in den seltensten Fällen, eine Armee-Einheit. Um zehn Uhr haben wir uns von Marie-Claire verabschiedet.
Hamillah und Dhabou waren damit beschäftigt, die gefundenen Waffenlager der OAS auszuräumen, um die Waffen in unzähligen kleinen Depots in der Kabylei zu verstecken. Die Waffen würden ausreichen, um Ben Bella und Boumedienne, im neuen Jahr wieder kräftig einzuheizen. So jedenfalls nach Aussage von Hossni und Salim.
Marie-Claire, gab mir zum Abschied noch eine deutsche Pistole der Marke Walther P38, und einige Schachteln mit Munition. Ich solle dafür die Drahtschlinge für die Hasen aufbewahren, denn ein echter Herr kämpft mit der Pistole, wie sie meinte. Ich habe beides in meine Reisetasche verfrachtet. Marie-Claire begleitete uns noch bis zu dem Fahrzeug, umarmte Zöpfchen ganz lieb, und überreichte ihr einen Briefumschlag. Sie öffnete mir die Wagentür und gab mir einen zarten Kuss. Mit einem leichten Hauch sagte sie mir noch ein Lebewohl und das sie den Abend mit mir, und meinem Gedicht von Cheliff und Chelia, niemals vergessen würde. Sie drehte sich um, und wie ein kleines verlorenes Kind verschwand sie hinter der Tür ihres Restaurants. Als Hossni den Wagen in Bewegung setzte, suchte ich alle Fenster des Hauses ab, aber Marie-Claire war nirgends zu sehen. Mit dem Zuschnappen des Türschlosses, beendete sie ein kleines Stück ihres Lebens. Ich war mir sicher, sie würde
sich sofort an die Arbeit machen, um neue Kapitel für ihr Leben vorzubereiten. Ihre Zukunft würde ohne Vancelli sein,
und sollte ich in ein paar Jahren bei ihr vorbeischauen wollen, dann würde ich mit Sicherheit fehl am Platze sein. Ich würde nicht mehr in ihr neues Kapitel passen. Ich war nicht ihr Cheliff, denn wenn ich es gewesen wäre, und sie hat das auch schnell erkannt, dann wäre ich bei ihr geblieben. Ich hätte Sabi-Loulou und Zouzou sowie unseren Auftrag aufgegeben, und mein Leben an ihrer Seite verbracht.
Die Geschichte des Mannes, der von Europa über
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